Kapitel 89 - Von Mann zu Mann

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Es ist der nächste Morgen. Ich habe in dieser Nacht kaum ein Auge zugetan. Ginny hat man gestern Nacht in den zweiten Stock ins Bett gebracht. Ich liege gleich daneben in einem anderen Gästebett und Hermine ebenso. Jeder konnte in irgendeinem Zimmer unterkommen, auch wenn es eng geworden ist.

Ginny und Hermine schlafen noch und ich will sie nicht aufwecken, durch mein unruhiges hin- und her wälzen. Ich verlasse leise das Zimmer und steige die Treppe hinunter, um in die Küche zu gelangen. Ich brauche einen Tee, um das flaue Gefühl in meinem Magen mit Wärme zu mildern.

Dumpf höre ich Stimmen aus dem Wohnzimmer kommen. Wer ist denn da schon so früh morgens wach? Ich trage nur flauschige Socken und keine Hausschuhe. Leise setze ich einen Fuss vor den anderen, um keine Geräusche auf dem Parkettfussboden zu verursachen.

„Dann gehe ich richtig in der Annahme, dass ein Teil von Salazar Slytherin in dir fortbesteht?" Vernehme ich jetzt die Stimme meines Vaters aus dem Nebenzimmer. Mit einem Auge vermag ich zwischen den Scharnieren des Türrahmens und der Tür selbst durchzugucken. Draco nickt ihm bestätigend zu. „Und Mina?" Fragt er in seinem ernst-väterlichen Ton nach.

„Sie trägt einen Anteil von Rowena Ravenclaw in sich. Als die Bedrohung durch Voldemort immer grösser wurde, aktivierte sich dieser uralte Zauber der Gründer, als eine Art Verteidigungsmechanismus. Ihre Tochter, Harry, Hannah und ich wurden ausgewählt." Höre ich Draco meinem Vater sachlich erklären. Ich lehne mich näher gegen die Tür und lausche wie gebannt dem Gespräch der beiden. Hoffentlich ist mein Vater nicht zu hart zu ihm. Ich weiss, wie streng und kritisch er manchmal sein kann.

Doch ehe mir dieser Gedanke durch den Kopf wandert, erkenne ich die analysierenden Blicke, die mein Vater Draco zuwirft. „Die dunkle Magie hat dich gezeichnet. Sie ist überall." Seine Aussage klingt wie ein Urteil. Draco's Kopf senkt sich etwas nach vorne, während er seiner Meinung zustimmt.

„Zeige es mir. Ich muss sichergehen, dass es für uns hier keine Gefahr darstellt." Fordert mein Vater ihn direkt auf. Draco versteht, was er meint. Er knöpft seinen linken Ärmel auf und schiebt den Stoff nach oben. Mein Vater greift nach Draco's Arm und mustert das Dunkle Mal. Er zieht seinen Zauberstab und spricht eine Formel, die ich nicht kenne. Sein Blick besänftigt sich nach einem Moment. Er lässt seinen Arm los und nimmt erneut gegenüber von ihm Platz.

„Die Magie des Dunklen Mals ist vorerst verschleiert. Mina hat einen Schutz darüber gelegt..." Bemerkt er in kühlem, wenig erfreutem Ton.

Draco zieht beschämt den Stoff zurück über seinen Arm. Er spielt nervös mit seinen Ringen. Ihm scheint ernsthaft etwas an der Meinung meines Vaters zu liegen. „Wenn ich mich von ihrer Tochter fernhalten soll, dann brauchen Sie es nur zu sagen, Sir. Ich würde es verstehen..." Er versucht möglichst neutral und gefasst zu wirken, während er ihm den Vorschlag unterbreitet.

Ich schlage mir die Hände über den Mund und kneife die Augen zusammen, um keinen Laut von mir zu geben. Es tut richtig weh, solche Worte von ihm zu hören. Würde er mich einfach verlassen, wenn mein Vater es von ihm verlangen würde? Nach allem was wir gemeinsam erlebt und durchgestanden haben? Das könnte ich nicht verkraften...

Mein Vater räuspert sich und sein offizieller Auroren-Blick verschwindet. Stattdessen macht sich eine seiner wärmeren Seiten bemerkbar. „Du bist vielleicht nicht gerade das Musterbeispiel eines Mannes, den ich mir für meine Tochter gewünscht habe... aber ich sehe, wie unermüdlich du für sie da bist. Sie liebt dich aus ganzem Herzen." Redet er ihm bekräftigend zu. Seine Stimme strahlt mehr wohlwollen aus. Meine verkrampfte Anspannung löst sich zunehmend. Ich lehne an die Wand neben der Tür und lasse mich auf den Boden niedersinken. Auch wenn ich die beiden jetzt nicht mehr sehen kann, lauschen meine Ohren noch immer hochkonzentriert mit.

𝔻𝕒𝕣𝕜 𝕄𝕒𝕘𝕚𝕔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt