Ich gehe auf ihn zu, mit dem starken Bedürfnis ihn einfach nur zu umarmen. Flink greift er in der Luft nach meinen Handgelenken und hindert mich daran, ihm näherzukommen. Es versetzt meinem Herzen einen brennenden Stich, so abgewiesen zu werden. „Bitte Draco, ich... ich will keine Last für dich sein." Entweichen mir die Worte in einer gelähmten Traurigkeit.
„Du bist keine Last. Niemals. ...Aber ich will dir nicht wehtun." Erklärt er mir mit beherrschter Fassade, lässt mich los und tritt einen Schritt zurück.
Hinter dieser magisch errichteten Barriere staut sich jedoch mehr und mehr Unverarbeitetes, indem er bald ertrinken wird, wenn er nichts unternimmt. „Leg das Medaillon ab, ich bitte dich..." Spreche ich leise zu ihm und appelliere an seine Vernunft.
„Nein. Das behalte ich an, um dich vor mir zu schützen." Fällt seine überraschend direkte Antwort aus. Was soll das? Ich verstehe es nicht und seine Reaktion überfordert mich gänzlich.
„Wenn das bedeutet, dass du dich komplett vor mir verschliesst, dann will ich deine Gesellschaft nicht!" Schreie ich ihn den Tränen nahe an. Ich wende mich von ihm ab und stapfe in Richtung Ausgang. „Verdammt, sei doch nicht so störrisch." Höre ich seine verärgerte, raue Stimme hinter mir, bevor er mich geschwind einholt, grob hochhebt und über seine Schulter nimmt. Ich versuche mich zu wehren und kicke um mich. „Hör auf, Draco! Lass mich sofort los!" Fauche ich ihn an.
Diesen gemeinen Trick hat er schon ein paarmal bei mir angewendet. Früher löste es Kribbeln und einen Rausch in mir aus aber jetzt macht es mich nur noch wütend. Es ist, als wäre sein egoistisches, abweisendes Ich wiederauferstanden, um mich mit voller Absicht zu quälen.
Er hält meine Beine fest zusammen und marschiert auf sein Zimmer zu. Nur noch meine Arme sind frei. Meine Faustschläge und mein Schreien scheinen ihn aber genauso wenig zu beeindrucken. Er reisst die Tür auf und setzt mich etwas unsanft auf seinem Bett ab. Danach verschliesst er den einzigen Ausgang mit einem magischen Passwort. Na toll, jetzt sitze ich hier fest. Ich kann ihm doch nicht einfach weiter dabei zusehen, wie er leidet und versucht ‚seine Pflicht' zu erfüllen!
Er durchforstet seinen Schrank, nimmt ein paar Klamotten heraus und marschiert ins Bad. Er lässt mich in meinem aufgewühlten Zustand in seinem Schlafzimmer zurück.
Ich weiss noch nicht genau wie, aber ich muss ihn dazu bringen, sich seinen unterdrückten Gefühlen entgegenzustellen. Aus Erfahrung weiss ich genau, wie schwer das ist. Auch ich habe jeden einzelnen Tag damit zu kämpfen. Mit Hilfe habe ich es geschafft dem tiefen Schmerz in mir zu begegnen und darüber zu reden. Das habe ich hauptsächlich Draco zu verdanken. Egal wie schwer es wird, ich darf ihn jetzt nicht im Stich lassen. Ich will für ihn da sein, so wie er für mich da war, als ich ihn am meisten gebraucht habe.
Mein Blick wandert durch das vornehme Vertrauensschülerzimmer. Beim Schreibtisch lege ich einen überraschten Halt ein. Dort steht nämlich mein gepackter, kleiner Rucksack. Darin sind alle meine verbleibenden Sachen, damit ich bereit bin, wenn es losgeht.
Er kommt etwas gefasster aus dem Bad zurück. Er trägt ein weisses Unterhemd, den Anhänger um den Hals und eine schwarze Trainerhose. „Was macht denn der hier?" Spreche ich ihn missgelaunt auf den Rucksack an. „Ich habe ihn geholt." Gibt er kühl zurück. Er hat, ohne zu fragen, meine Sachen mitgenommen. „Warte, hat dir Luna den etwa einfach so gegeben?" Frage ich ernst nach. „Hat sie." Gibt er knapp zurück. Er steht am Fenster und scannt mit seinem Infrarotblick, über den See hinweg, die stockfinstere Umgebung ab. Er scheint nichts Auffälliges entdeckt zu haben und so reisst er die dicken, grünen Samtvorhänge wieder zu.
Er nimmt sich eines der Bücher vom Schreibtisch, welche wir aus dem Tresorraum seines Vaters beschaffen konnten und blättert darin. „Zieh dir was Bequemes an." Gibt er mir die Anweisung und würdigt mich dabei keines Blickes. Er hält eine erzwungene Distanz zu mir und das fängt langsam aber sicher an, mich verrückt zu machen!
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𝔻𝕒𝕣𝕜 𝕄𝕒𝕘𝕚𝕔
Hayran Kurgu♡ Wie in einer Art Parallel-Universum lernt der Junge mit den weiss-blonden Haaren seine eigenen Entscheidungen zu treffen. Er erkennt, dass er eine Wahl hat und verändert so den Verlauf der Geschichte. Dabei deckt er die verborgenen Geheimnisse sei...