Kapitel 98 - Das letzte Mahl

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„Was?!" Rufen Harry, Hannah und ich beinahe synchron und voller Entsetzen aus. Draco hingegen bleibt wie versteinert auf seinem Platz sitzen. Mit seiner blassen Hand fährt er über den Anhänger auf seiner Brust und hält eisern daran fest. Schwaches, grünliches Licht geht vom Medaillon aus und hält seine Emotionen unter Kontrolle. Eine kaum aushaltbare Totenstille breitet sich zwischen uns aus. Dumbledore räumt ihm Zeit ein, um den Inhalt seiner Worte zu verarbeiten.

Draco schliesst kurz seine Augen und atmet einmal tief durch, bevor er den Mund aufmacht. „Einen Moment... Dann stammt Voldemort nicht direkt von Salazar ab, wie er immer behauptet?" Zieht er seine erste Schlussfolgerung aufgrund dieser wirren, neuartigen Ausgangslage. Er spricht mit zerrütteter Stimme, welche die Abgründe erahnen lässt, die sich gerade in ihm auftun. Dennoch wirkt er für seine Verhältnisse unheimlich gefasst. Es graut mir davor, mir auszumalen, wie er ohne den Einfluss des Medaillons reagiert hätte...

„Dein Vater und du... Ihr beide seid dem Dunklen Lord ein Dorn im Auge. Genau aus diesem Grund. Die meisten seiner treuen Anhänger folgen ihm nur, aufgrund der Annahme, er sei der direkte Nachfahre Slytherin's." Erklärt Dumbledore ihm in geduldigem und verständnisvollem Ton.

Ich sehe den Kummer und die Enttäuschung, wie sie an die Oberfläche seines Wesens dringen und ihn komplett einnehmen. Seine hellen, glasigen Augen verweilen in der Leere. „Auch das hat er nie für notwendig empfunden, mir zu erzählen..." Verlassen die Worte bebend seinen Mund.

„Er konnte es dir nicht sagen. Lucius musste es geheim halten, um dich und deine Mutter zu schützen. Voldemort hätte euch alle, ohne zu zögern getötet, wenn dein Vater die Wahrheit hätte publik machen wollen." Versucht er ihm möglichst schonend zu vermitteln. Es ist grausam und dennoch nachvollziehbar. Mein Blick fällt auf Harry, der gerade in seine eigenen Abgründe der Vergangenheit hinabgezogen wird.

Hätte Lucius damals nicht so entschieden, hätten die Drei keine Überlebenschancen gehabt. Und wenn sie Draco weggegeben hätten, um ihn zu schützen, dann wäre er möglicherweise genau wie Harry als Vollweise aufgewachsen... Ein verstörender Gedanke, dem ich auf keinen Fall mehr Aufmerksamkeit entgegenbringen will.

„Mein ganzes Leben ist... eine elende Lüge." Drückt er zitternd aus, was ihm durch den Kopf geht. Dabei sieht er niemanden von uns an und starrt stattdessen weiter ins Leere. Noch immer halte ich seine kühle Hand mit meinen beiden fest und lasse ihn diese nicht wegziehen.

„Sicherlich werdet ihr einiges miteinander zu besprechen haben. Doch damit dies geschehen kann, bitte ich dich darum, deinen Eltern zu helfen, Draco. Sie werden dich morgen brauchen." Fährt Dumbledore mit den längst überfälligen Erklärungen fort.

„Was? Sie brauchen meine Hilfe?!" Wiederholt er aufschäumend und beschiesst Dumbledore direkt mit seinem verständnislosen, wutentfachten Blick. Der Anhänger auf seiner Brust macht sich selbstständig und fängt unheimlich zu zucken und zu klicken an. Die Kerzenflammen auf den Wachs-Wirbelsäulen flackern in dreifacher Stärke auf. Eine unbekannte Macht belegt das Schulleiterbüro. Es fällt mir schwer zu Atmen. Als würde ein schwerer Stein auf meiner Brust lasten.

Ich hätte sie gebraucht..." Höre ich seine weinerliche Stimme in meinen Gedanken. Aussprechen tut er es aber nicht.
„Deine Eltern haben getan, was sie konnten, um dich zu beschützen. Auch sie haben Fehler begangen, wie wir alle." Versucht Dumbledore ihn ein weiteres Mal mit Empathie zu erreichen.

Es nützt nichts. In seinem jetzigen Zustand prallt einfach alles von ihm ab. In diesem Wissen gebe ich seine Hand nun frei. Draco steht vom Stuhl auf, dreht sich wortlos um und verlässt den Raum. Mit einem lauten Knall schliesst er die Eingangstür und lässt uns in unerträglicher Stille zurück.

Die finstere Energie verlässt den Raum mit ihm. Sogleich nehmen Hannah, Harry und ich einen befreienden Atemzug und beginnen damit zu verarbeiten, was gerade eben vorgefallen ist.

„Er braucht jetzt Zeit für sich alleine. Auch euch drei empfehle ich bis zum Abendessen auszuruhen." Redet Dumbledore uns wohlwollend zu und gibt uns damit das Zeichen, dass auch wir das Büro verlassen dürfen.

𝔻𝕒𝕣𝕜 𝕄𝕒𝕘𝕚𝕔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt