maybe it's time to tell her

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Es war das zweite Mal. Ich wachte schon wieder auf und es war schon wieder wegen Wes. Es war wieder nur eine Stunde vergangen. Was war nur los mit ihm? Diesmal war es aber um ein Vielfaches schlimmer. Er war komplett außer dich. Was auch immer er träumte, es nahm ihn echt mit. Ich wusste nicht, ob er in Therapie war, aber er hatte es echt nötig. Wes strampelte mit den Füßen. Er erinnerte mich, wenn er schlief, an ein kleines Kind.
"Wesley!"
Ich rüttelte ihn so wie vorhin.
Er wachte nicht auf.
Wow!
"Hey!"
Ich schlug ihm leicht gegen die Wangen, bis seine Lider zuckten und er langsam aus seinem Traum erwachte.
"Scheiße! Entschuldigung!", murmelte er und vergrub sein Gesicht im Kissen.
"Hör auf dich andauernd zu entschuldigen!", meinte ich und nahm sein Gesicht in meine Hände.
Er hielt still und sah mich an.
"Verlass mich nicht!", bat er mich.
In seinen Augen glitzerten Tränen.
Wesley weinte nicht. Das war Regel 876.
"Tu ich nicht!", schwor ich ihm, wobei ich echt aufpassen musste, was ich ihm da versprach.
"Baby, ich hab Angst.", seufzte er und wischte sich die Tränen weg.
"Vor was?", fragte ich.
"Vor mir selbst. Dass ich Mist baue. Du weißt, dass ich dir vieles nicht erzähle.", antwortete er.
Ich nickte, als er den Kopf auf meine Schulter legte.
"Mein Dad ist abgehauen, als ich fünf war.", meinte er, während seine Lippen meinen Hals streiften.
Eher ausversehen, beim Sprechen eben. Ich sagte nichts, weil ich ihn weiterreden lassen wollte.
"Ich hasse ihn dafür so sehr.", murmelte er eher vor sich hin als zu mir.
"Was hat er gemacht?", wollte ich wissen, weil er schwieg und ich nur noch seinen warmen Atem spürte.
"Mich ganz alleine gelassen mit meiner drogensüchtigen Mutter...", meinte er und stoppte, als Wesley bemerkte, dass er gerade dabei war mir seine ganze Vergangenheit zu offenbaren.
Mehr würde ich jetzt also nichtmehr aus ihm herausbekommen.
"Ich weiß nicht, ob ich dir vertrauen kann, Annabelle!"
"Ich dachte, dass du bereits weißt, dass ich dich...", stotterte ich gebrochen vor mich hin, weil ich mich auf einmal nichtmehr so sehr traute so offen zu sprechen.
Gefühle und ich waren vor ein paar Monaten noch nicht so auf einer Wellenlänge gewesen.
"Sag es mir!"
"Bitte!", fügte er hinzu.
Ich sah zu ihm.
Wieso denn auch nicht? Mittlerweile hatte ich erstens nichts mehr zu verlieren und es war nicht das erste Mal, dass ich das sagen würde.
"Ich liebe dich."
Ich kam mir wie in so einem lahmen Liebesfilm vor. Okay! Vielleicht sollte ich jetzt echt nicht an so etwas denken. Er brauchte mich und ich brauchte ihn.
"Ich liebe dich auch!", behauptete er und ich spürte, wie auch seine Mundwinkel zuckten.
"Hör auf zu lachen!", befahl ich von ihm und konnte aber selbst nicht aufhören zu grinsen.
"Du machst es doch auch!", protestierte er.
"Wir sollten uns nicht wie zwei Kindergartenkinder verhalten.", erinnerte ich ihn und bekam mich dabei wieder einigermaßen in den Griff.
Wie gesagt unsere Gefühle in Worte auszudrücken, mussten wir wohl beide noch lernen.
"Stimmt! Lass uns lieber etwas Erwachsenes tun! Zum Beispiel könnten wir ganz viel Liebe machen.", schlug er spaßeshalber vor.
Ich war mir sicher, dass er das ernst meinte.
"Wir können nicht jedes Gespräch beenden, indem wir Sex haben, Wesley!", beklagte ich mich und seufzte laut.
"Aber das können wir beide doch so gut.", lieferte Wes mir ein Argument.
Wow!
Mit ihm darüber zu diskutieren war jetzt wahrscheinlich keine gute Idee.
"Erzähl mir von deiner Mum!", verlangte ich von ihm und fragte mich selbst, wieso ich mich so etwas traute zu sagen.
Natürlich würde er dem Gespräch jetzt wieder ausweichen.
"Sie war hübsch, aber naiv sich auf meinen Dad einzulassen.", sagte er, obwohl das eigentlich nicht die Antwort war, die ich hören wollte.
Er sollte mir erzählen, wie sie so als Person war.
"Und vom Charakter her?"
"Ich hab sie über alles geliebt und sie hat mich trotzdem alleine gelassen. Ich denke das sagt genug über ihre Persönlichkeit aus.", seufzte er und klang dabei echt enttäuscht.
"Vielleicht wollte sie, dass es dir besser geht ohne sie?", stellte ich eine Theorie auf, obwohl ich gerade überhaupt nicht verstand, was sich damals ausgespielt hatte.
"Du hast keine Ahnung, Annabelle!", flüsterte er und rieb sich dabei die Augen.
Zumindest glaubte ich das in der Dunkelheit erkennen zu können.
"Wie denn auch?"
"Warst du schonmal in einem Kinderheim?", fragte er mich auf einmal.
Wieso sollte ich denn?
Ich verneinte also.
"Die Mexikanischen sind die schlimmsten.", meinte er und redete dabei in einem so leisen Tonfall, dass ich ihn Fastnacht verstehen konnte.
"Woher...?"
...weil er in einem war!
Ja, ergab schon Sinn.
Wir schwiegen beide eine Weile.
"Hat deine Mum dich dahin geschickt?", fragte ich nach einer Weile, obwohl ich nicht wusste, ob es gerade angebracht war, nachzufragen.
Er schüttelte leicht den Kopf.
"Wer denn dann?"
"Meine Grandma. Es ist schwer mit einer drogensüchtigen Tochter zu leben und währenddessen noch ein kleines Kind zu erziehen.", behauptete er und schien die Schuld nicht unbedingt bei seiner Oma zu sehen.
"Wie war es da? In diesem Heim mein ich.", fragte ich ihn aus und merkte erste jetzt, dass er gerade dabei war sich mir irgendwie zu öffnen.
Es war für ihn nicht leicht. Das wusste ich und deshalb schätzte ich es umso mehr wert.
"In dem Ersten war es schwer mich zurecht zu finden. Die Kinder mochten mich nicht und in den ersten zwei Wochen wurde ich dreimal verprügelt. Dort war ich circa ein halbes Jahr, bis es aufgelöst wurde, weil der Staat es nicht mehr finanzieren konnte.", erzählte er mir.
Ich wollte ihn nicht bemitleiden, weil ich wusste, dass er das nicht mochte, aber ich konnte nicht anders.
Was Wesley schon passiert war, konnte ich nicht einmal ansatzweise nachempfinden und es war ein Furz gegen die Probleme mit meinem Dad.
"Wie alt warst du da?"
"Sechs. Ich war ein ziemlicher Draufgänger in dem Alter.", meinte er.
"Hat sich das jemals geändert?"
Ich schmunzelte, weil ich wusste, dass es das sicher nicht hatte.
Er sagte nichts.
Wahrscheinlich hätte ich ihn nicht unterbrechen hätte sollen!
"Erzähl mir den Rest!", verlangte ich und versuchte dabei nicht so bestimmerisch zu klingen. "Na, gut"

One day you'll understand whyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt