epilog 2/

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"Fuck!", fluchte Cousin 2, der sich so eben als niemand anderen als Wesley Scott entpuppt hatte.
Einige Leute drehten sich zu unserem Tisch herum und starrten komisch.
"Was ist denn los?", wollte Wesleys Cousin wissen und blickte verwirrt umher, um nach dem Grund zu suchen, weshalb hier plötzlich so eine Stimmung eingekehrt war.
Das bedeutete also, dass Wesley und seinem Cousin die Firma gehörte, bei der ich mich mit meiner Arbeit zum Verlauf von Demenz beworben hatte.
"Was tust du hier?", fragte mich Wes überheblich und klang dabei total arrogant.
"Ihr kennt euch?", kam es wieder von der anderen Tischseite.
Ich ignorierte die zweite Frage.
"Das gleiche könnte ich dich auch fragen.", zischte ich zurück und versuchte mich dabei professionell zu verhalten.
Wieso er? Wieso?
"Mir gehört das Restaurant und obendrein noch das Unternehmen, bei dem du dich anscheinend beworben hast.", erinnerte er mich.
Das Restaurant also auch? Wieso hatte er direkt nicht ganz New York gekauft?
Natürlich war mir bewusst, dass mein nun Ex-Freund ein sehr, sehr reicher Mann war und sich alles mögliche leisten konnte.
Übrigens sah er in seinem schwarz, weißen Anzug wirklich sehr charmant und gut aus, auch wenn er keineswegs freundlich war.
"Hätte ja nicht wissen können, dass du dich wie ein Parasit immer dort ansiedelst, wo ich auch bin. Nur wenn man dich dann mal braucht, bist du einfach weg.", schimpfte ich mit ihm, obwohl es wenig Zweck hatte, denn es machte nichts ungeschehen.
Seine Augen verfinsterten sich, auch wenn sie sowieso schon so dunkel waren.
Vom Gesicht her hatte Wes sich weniger verändert, abgesehen davon dass er mittlerweile dunkle Ränder unter den Augen hatte, weil er wahrscheinlich zu wenig schlief.
"Du hast mich nicht gebraucht, Annabelle!"
Es war das erste Mal, dass er mich wieder nach meinem Namen nannte. Nach fünf verdammten Jahren, in denen ich fast dachte, er wäre einfach gestorben! Es fühlte sich so fremd und anders an.
Ich hasste es.
Dabei hatte das heute doch alles so gut angefangen und jetzt sowas!
"Ich musste als einzige Zeugin im Prozess gegen Zane aussagen, habe meinem Dad dabei zu geschaut wie er langsam an Krebs stirbt, musste mit meinem Bruder seine ständigen Anfälle durchmachen und habe währenddessen noch ein kleines Kind erzogen, weil Nessa nämlich plötzlich schwanger war und ihr Kind einfach bei uns abgeladen hat. Aber nein ich habe dich nicht gebraucht!", zählte ich ihm die ganzen Dinge auf, die ich mit seiner Unterstützung tausendmal schneller und besser hinbekommen hätte.
"Hast du es hinbekommen?", wollte Wesley wissen und ich wusste, dass ich jetzt ja sagen würde und er nur antworten würde mit tja, ging wohl doch.
"Zane und Kai kommen nächstes Jahr raus und rate mal, bei wem sie zuerst vorbeischauen werden!", erinnerte ich ihn und beantwortete seine überflüssige und dumme Frage einfach nicht.
"Das ist mir egal!"
Wie kann man nur so emotionslos sein? Er sagte es nicht nur so, als würde es ihn nicht interessiere, er sah auch ernsthaft so aus.
"Ich denke ich lasse euch beide mal alleine und gehe hinter zur Bar.", schlug Wes Cousin vor und erhob sich.
Wahrscheinlich war es keine gute Idee, dass er uns beide hier alleine ließ.
"Bist du denn glücklich?", fragte ich ihn, ob sein Leben jetzt besser war als es vorher gewesen war.
Er schüttelte den Kopf und wich meinem Blick aus.
"Du hast doch alles, was du brauchst. Geld, ein Kind und wahrscheinlich auch noch eine Freundin oder Frau.", machte ich ihm klar, sodass Wesley mich jetzt tatsächlich ansieht.
"Ich habe keine Frau und auch keine Kinder, Annabelle."
Seine Stimme klang dabei sehr schroff.
Und er war dann der Junge, von dem er geredet hatte?
"Shawn?"
"Cassys Sohn.", erklärte er mir.
Ich hatte mich tatsächlich auch gefragt, wo sie hin verschwunden war.a
Höchstwahrscheinlich war er mit ihr zusammen.
Ihr Sohn müsste jetzt doch auch schon fünf Jahre alt sein.
"Nein, sie ist nicht meine Freundin. Cassy ist bei der Geburt gestorben.", fügte er hinzu, als könnte er meine Gedanken lesen.
"Oh, das tut mir leid!"
"Sie wusste, dass sie es musste, aber...Shawn ist toll.", berichtete er und ein kleines Lächeln bildete sich sogar bei dem Gedanken an ihn auf seinen Lippen.
Er musste ihn wirklich lieben, so wie er mich...
Wesley hatte mich nicht geliebt, sonst wäre er nicht abgehauen.
"Wie läuft es mit Levi?", informierte er sich, um ein anderes Thema anzuschneiden.
Woher wusste er das denn?
Hatte Levi etwa mit ihm geredet?
"Woher...?"
"Levi hat mich angerufen und mir davon erzählt und mich gefragt, ob es okay ist, wenn er meine Exfreundin vögelt."
"Hattest du kein Problem damit?", wollte ich verwundert wissen.
"Nicht wirklich! Du hast dein eigenes Leben."
Wow, was war denn jetzt los?!
"Ich finde es sehr komisch, wenn du dich so erwachsen verhältst. Deinem Alter gemäß!", behauptete ich.
"Das ist wohl ein Kompliment an mein neues Ich und eine Beleidigung an mein Altes."
Ich seufzte laut.
"Da läuft schon ewig nichts mehr. Es war nur zur...Ablenkung. Ich werde schon zu dir, siehst du? Deine Persönlichkeit hat richtig auf mich abgefärbt.", bemerkte ich, während ich redete, dass es klang wie Wesleys Worte.
"Deswegen bin ich nicht zurückgekommen. Ich tue dir nicht gut.", rechtfertigte er sich und ich sah auf die Tischdecke, weil ich es so hasste, wenn er das behauptete.
"Du trinkst nicht mehr. Das ist doch gut. ", ertappte ich mich selbst dabei, dass ich so klang, als wollte ich, dass er zurückkam.
"Seit vier Jahren nichtmehr, aber wenn ich dich so ansehe, könnte ich direkt wieder anfangen.", murmelte Wes und entfernte dabei seine im Gesicht hängenden Haare.
"Ich wusste nicht, dass das alles hier dir gehört.", gab ich zu , sodass es nicht so herüberkam, als würde ich ihn verfolgen wollen.
"Ich weiß. Du willst mich nämlich eigentlich nie wieder sehen.", schlussfolgerte Wesley und hatte dabei nichtmal total unrecht.
"Ich dachte ich kann mich nie verlieben. In meinem Uni ist ein netter Typ, wir gehen ab und zu aus, aber..."
Ich stoppte mitten im Satz, weil ich jetzt erst realisierte, was ich im Begriff war zu sagen?
"Aber...?"
Er wollte, dass ich weiterredete, dabei war ich mir bis  gerade eben nicht sicher gewesen, ob ich überhaupt seine volle Aufmerksamkeit hatte.
"Er ist nicht wie du.", sagte ich dann doch und traute mich sogar ihm dabei in die Augen zu sehen.
"Niemand ist wie du und das ist das Problem."
"Es geht nicht, Annabelle! Bitte lass es!", bat er mich und klang sogar flehend dabei.
"Es tut mir leid, dass du das mit Levi mitbekommen hast.", entschuldigte ich mich dafür, obwohl ich es auch erahnen hätte können.
"Es ist okay!"
"Ich weiß, dass ich dir wehgetan habe. Es tut mir wirklich leid.", führte ich fort.
"Es ist okay!", wiederholte er sich.
"Nein, ist es nicht!"
"Ich habe mit insgesamt 87 Frauen nach dir geschlafen, also sollte es dir nicht leidtun, dass du offensichtlich einen Trostfick hattest.", versuchte Wesley die Situation zu retten.
Keine Ahnung, ob ich mich jetzt deswegen schlecht fühlen sollte!
"Aber er war dein Freund!"
"Es tat weh, aber es ist okay!", beruhigte er mich und rutschte dabei noch etwas näher zu mir.
"Ich brauche kurz einen Drink, willst auch? Nein, entschuldige! Willst du nicht.", beantwortete ich mir die selbst gestellte Frage und schleuderte direkt eine Entschuldigung hinterher.
Er trank nichtmehr, Annabelle!
"Nicht schlimm!"

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