gespräche unter freunden

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"Dein Bruder ist einfach ein Wichser.", sagte ich ihr so direkt ins Gesicht.
Gute Idee? Keine Ahnung.
"Ich verstehe trotzdem nicht, was alle immer von dir wollen. Wesley hier, Wesley da. Ich meine abgesehen von den geilen Sexpraktiken, die du da draufhast, bist du nur ein kaputtes Wrack."
"Wird das jetzt wieder so ein Lass-uns-gegenseitig-fertigmachen-Duell?", fragte ich, da sie so schlagartig das Thema gewechselt hatte, als hätte ich sie angegriffen.
"Nein, nein! Ich habe Mitleid mit dir, Scott. Das ist alles.", klärte Sally mich auf.
"Ich verzichte.", zischte ich boshafter als gewollt.
"Folgendes, Wesley, ich weiß, dass du mich nicht leiden kannst. Darüber will ich deine Meinung auch nicht ändern, aber pass auf Annabelle auf!", riet sie mir und klang dabei ziemlich ernst.
Wollte sie mich etwa vor etwas warnen?
"Das tue ich, zumindest gebe ich mein bestes.", schwor ich ihr mein Wort, dass ich wirklich alles in der Welt mögliche tun würde, um Belle zu schützen.
"Zane will dich zurückhaben."
Was sonst? Er hatte in letzter Zeit schon zu oft meine Anwesenheit genossen.
"Ich spiele nicht einen von seinen Lakaien.", machte ich ihr klar, dass sie sich darum keine Sorgen machen musste.
"So meine ich das nicht. Ihr seid mal Freunde gewesen.", erinnerte Sally mich, obwohl ich mir dessen komplett bewusst war.
Einmal und nie wieder mehr!
"Unsere Freundschaft bestand alleine daraus uns gegenseitig Heroin zu spritzen.", erklärte ich sie, dass man das nicht wirklich unter „Freunde" verstand.
"Ich glaub du hast Zane auf eine komische Art echt was bedeutet."
"Und?"
"Dann hat sich Ronnie zwischen euch gedrängt. Überleg doch mal, was er mit deiner Neuen machen könnte!", versuchte sie mir wahrscheinlich beizubringen, dass Zane ihr auch etwas antun könnte.
"Willst du mir gerade weiß machen, dass ich Schuld daran habe, dass meine Ex vergewaltigt wurde, weil ein Freund von mir sich von mir vernachlässigt gefühlt hat?", fragte ich fassungslos.
"Indirekt, ja!", antwortete Sally und suchte meinen Blick, aber ich wich diesem aus.
"Ich hab alles getan um damit abzuschließen zu können, also roll das Thema jetzt nicht nochmal aus!", verlangte ich mit drohender Stimme.
Sie seufzte.
"Ich meine nicht, dass es deine Schuld ist. Zane ist ein Psycho."
Ich schüttelte den Kopf.
"Ich will damit nichts mehr zu tun haben.", behauptete ich und atmete dabei laut aus.
"Du kannst dich nicht einfach davor dein Leben lang drücken."
Was wollte sie denn jetzt von mir hören? Was sollte ich denn bitte tun?
"Das habe ich nicht. Du verstehst die Situation doch gar nicht, Sally. Hast du gesehen, was sie ihr angetan haben? Willst du es dir ansehen?", schrie ich sie so laut an, dass ich wahrscheinlich selbst vor mir erschrecken würde, wenn ich mich im Spiegel betrachten würde.
Sally schwieg.
Ich zog mein Handy aus meiner hinteren Hosentasche und öffnete meine Galerie.
"Na, gut!"
Gelangweilt suchte ich dort nach dem Video. Es dauerte nichtmal lang und ich hatte es gefunden.
Eine anonyme Adresse hatte mir das damals zugestellt. Wahrscheinlich war es Kai oder Tyler gewesen. Per Post auf einer CD hatte ich es dann auch nochmal bekommen.
Da wollte wohl jemand sichergehen, dass ich das ganze auch mitbekommen hatte.
Leider sah man keines der Gesichter wirklich. Nur Ronnies konnte man leicht erkennen.
Die Qualität war echt zum Kotzen.
Ich tippte also auf "Play" und hielt ihr mein Smartphone im Querformat vor die Nase.
Das Geschrei, das darauf ertönte, ließ Sally zusammenzucken.
Ihre Mundwinkel zuckten.
Mich ließ es völlig kalt.
Die Zeit, in der mich sowas hochschrecken ließ, waren schon längst vorbei. Außerdem hatte ich das Video schon oft gesehen. Es war nicht die beste Idee mir das immer anzusehen, wenn es mir schlecht ging, aber dann erinnerte ich mich noch mehr, was für ein verdammter Idiot ich eigentlich war.
Nicht nur zu Annabelle, sondern zu allen Menschen!
Keiner hatte es verdient.
Okay, Ausnahme! Mein Dad.
"Mach das weg!", riss Sal mich aus meinen Gedanken.
Achja, verdammt! Die war ja auch noch da.
Ich schaltete mein Handy aus.
Ihr Gesicht war echt rot und sie sah echt verstört aus. So war das bei mir auch gewesen!
"Der...der mit dem blauen Pulli....das ist wirklich, wirklich...mein, mein...Bruder."
Sie stotterte.
Ich nickte, wobei ich dachte sie hatte das doch schon gewusst. Zumindest wenn man dem traute, was sie vorhin gesagt hatte, was ich nicht tat.
"Wie kann er nur?", fragte sie voll außer sich und riss den Kopf zu mir.
"Das musst du ihn selbst fragen.", sagte ich emotionslos und zuckte dabei mit den Schultern.
"Dich, dic—Es ist dir egal, oder? Es ist dir egal, was sie ihr angetan haben.", fragte sie mich und war wahrscheinlich kurz vorm Heulen.

One day you'll understand whyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt