backstabber

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P.O.V. Wesley
Drei Wochen, nachdem Wesley Belle zuletzt gesehen hatte:

Vielleicht hatte ich das mit dem von Annabelle fernhalten etwas zu ernst genommen. Ich drehte den Schlüssel im Schloss um. Sie war hier in meiner Wohnung, in die ich mehr oder weniger eingezogen war, nachdem mich mein Dad rausgeworfen hatte. Wirklich viel Zeit hatte ich hier noch nicht verbracht. Wahrscheinlich weil mein Dad sie mir gekauft hatte! Für mich war sie viel zu groß. Ich hatte Belle einen Schlüssel in den Briefkasten gelegt, kurz bevor ich weg gegangen war, damit sie hierher konnte, wenn sie es mal nicht zuhause aushielt. Offensichtlich war dieser Fall nun eingetreten. Annabelle war vermutlich nicht begeistert, dass ich mich drei Wochen nichtmal blicken lassen hatte. Allerdings hatte es seine Gründe und ich durfte mir kein schlechtes Gewissen deswegen machen. Ich hatte sie mehr vermisst, als ich es je zugeben würde. Es war nicht aufgeräumt. Sachen lagen überall herum, was mich wunderte, weil Belle immer ordentlich war.
"Jakob? Bist du's?", hörte ich ihre zarte Stimme aus der Küche rufen.
Ich antwortete nicht, weshalb sie wenige Minuten später im Flur erschien.
Mit einem Messer in der Hand, mit dem sie gerade Zwiebeln geschnitten hatte. Ihre Augen waren geschwollen. Sie sah blass, erschöpft und müde aus. Allerdings starrte sie mich erstaunt an, als ich da so im Gang stand mit meiner Umhängetasche. Wirklich vorbereitet hatte ich mich nicht, weshalb ich nicht wusste, was ich denn jetzt machen sollte. Zu ihr gehen oder sie einfach ignorieren?
"Wo warst du, Wesley?"
Alleine wie sie meinen Namen sagte, ließ mich fast erzittern, aber ich versuchte es mir nicht anmerken zu lassen.
"Ich musste was erledigen.", wies ich sie kalt zurück und erwachte aus meiner kurzen Starre. Ihr Blick suchte meinen, aber ich tat so, als würde ich es nicht merken.
"Du bist mir wenigstens eine Erklärung schuldig. Danach lass ich dich in Ruhe und du kannst deine Neue hier herbringen!", meinte sie schulterzuckend und ging dabei wieder in die Küche. Wahrscheinlich meinte sie Cassy.
Ihre Emotionen waren wie ausgeschalten.
"Was? Nein! Ich bin dir nicht fremdgegangen. Was denkst du nur von mir?", fuhr ich sie an, ließ meine Tasche fallen und folgte ihr.
Mir fiel ein, dass wir ja nicht einmal mehr zusammen waren, also konnte ich ihr gar nicht fremd gehen. Sie hatte heißes Wasser aufgesetzt. Ich wusste nichtmal, dass sie kochen konnte.
"Eigentlich, sie drehte sich wieder in meine Richtung, nachdem sie den Herd ausgeschalten hatte, weiß ich nicht, was ich überhaupt noch von dir denken soll. Die Signale, die du sendest, deuten darauf hin.", sagte sie und fuhr sich angestrengt durch die Haare.
"Hör auf sowas zu sagen! Ich würde dich nie für irgendwen...", stotterte ich vor mich hin und machte einen Schritt auf sie zu und wollte ihr über die Wange streichen, aber sie baute mehr Abstand zwischen uns.
"Du würdest nie was?", fragte sie schnippisch und verschränkte die Arme vor der Brust.
"Dich verlassen, anlügen oder dir fremdgehen.", sagte ich und meinte es tot ernst.
Meine Stimme war zittrig. Ich hatte mich nicht mehr unter Kontrolle. Natürlich hätte ich mich melden können. Hatte ich aber nicht!
"Achja? Dann erzähl mir doch, wo du warst!", verlangte sie mittlerweile unter Tränen.
Es war schrecklich mit anzusehen, dass ich der Grund war, wieso sie weinte. Am liebsten würde ich Belle einfach in den Arm nehmen und ihr schwören, dass ich das nie wieder tun würde. Es ging nicht! Ich hatte es Cassy versprochen und ich hielt meine Versprechen immer, selbst wenn es sich hier um Annabelle handelte, der ich davon nicht erzählen durfte. Meiner Meinung nach setzte ich meine Beziehung für eine alte Freundin aufs Spiel. Ob es das Wert war, würde ich im Nachhinein schon sehen. Es war ein großer Fehler.
"Du sagst es mir nicht, stimmt's? Und du wirst es mir auch nie sagen, weil du mir nicht vertraust. Ich gebe so viel für dich auf, damit ich nichts zurück bekomme und am Ende alleine da stehen? Das ist doch ein Witz.", regte sie sich auf, als sie merkte, dass sie keine Antwort von mir bekommen würde.
Zumindest keine Vernünftige. Nicht heute, nicht morgen und auch nicht übermorgen!
"Es ist nicht so, wie es aussieht, Annabelle!", versuchte ich ihr zu erklären, dass ich sie nicht hintergangen hatte, was schon nahe lag, wenn ich mich drei Wochen lang nicht gemeldet hatte.
"Wieso nicht? Sag mir doch mit wem du was hattest! Ich werd's verkraften. War es Tylers Schwester, Cassy oder Sophie? Oder Tessa?", überlegte sie laut.
Ihre Wimperntusche war verschmiert und hing unter ihren blauen wunderschönen Augen.
"Babe, ich hatte mit gar niemandem Sex. Bitte, ich schwöre es dir! Lass mich nicht alleine!", flehte ich sie an und würde mich wahrscheinlich selbst auslachen, wenn ich mich jämmerlichen Lappen ansah.
"Ist okay! Ich gehe jetzt. Muss nur noch schnell meine Sachen packen.", beschloss sie ruckartig.
Ich hielt sie am Handgelenk fest, auch wenn das der unpassendste Moment war sie irgendwie anzufassen, weshalb ich sie auch sofort wieder losließ, als ich ihre Aufmerksamkeit hatte.
"Bleib hier! Ich meine ich gehe und schlaf woanders!", machte ich ihr ein Angebot.
Ich wollte sie nicht wegschicken. So konnte ich wenigstens wissen, wo sie war und ich konnte mir sicher sein, dass es ihr zumindest halbwegs gut geht und sie sich nicht mit ihrem Dad oder Bruder anlegen musste.
Von ihr kam nur ein leises „Okay".
Verdammt! Ich hatte es schon verkackt.
Schnell schlenderte ich ins Schlafzimmer und kramte ein paar Kleidungsstücke von mir zusammen, die ich in meinen Rucksack packte. Dann schaute ich noch zum Schluss einmal kurz in die Küche. Annabelle stand mit dem Rücken zu mir. Mir war nicht entgangen, dass sie eines meiner Tshirts trug. Schon die ganze Zeit!
"Tschüss!", verabschiedete ich mich leise, weil ich nicht wusste, was ich noch sagen sollte um die Situation zu verbessern.
Sie drehte sich nicht um, sondern zuckte nur leicht.
Leise marschierte ich zur Tür und kramte nach meinem Schlüssel. Den würde ich einfach mitnehmen, falls ich noch etwas vergessen hatte. Dann wurde mir erst bewusst, dass wenn ich ihr jetzt nicht alles erklären würde, ich sie wahrscheinlich verloren hatte. Für immer! Es machte mir furchtbare Angst und ich war mir so unsicher, was ich jetzt tun sollte. Normalerweise war das für mich immer total klar. Wir hatten schon so viel durchgestanden und jetzt scheiterte es daran, dass ich ihr nicht erzählen konnte, dass ich Cassy nach New York gebracht hatte, damit sie ihr Baby abtreiben konnte und meine Schwester besucht hatte. Es kam mir alles fast lächerlich vor. Ich hatte ein Versprechen gegeben, womit ich viel zu viel opfern musste. Cas würde sauer sein. Trotzdem schloss ich die Tür wieder, sodass ich immer noch in der Wohnung war.

One day you'll understand whyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt