it feels like flying...

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Sie hatte einen russischen Akzent.
Wir drehten uns beide in die Richtung, aus der die Stimme kam.
Da stand Caroline.
"Du hast noch mein Handy.", erinnerte sie ihn und kam gleich zur Sache.
Ich musterte sie mit einem abwertenden Blick, den sie sofort erwiderte. Offensichtlich konnte sie mich genauso wenig leiden.
"Natürlich!", fiel Wesley ein und er kramte in seiner Hosentasche danach.
"Bist du nicht die Freundin von Joshua?", informierte sie sich bei mir.
Dass sie sich überhaupt traut mit mir zu reden, zeigte wieviel Selbstvertrauen sie hatte. Ihr Kinn war gehoben und sie wollte mir offensichtlich signalisieren, dass das hier nicht meine Liga war und ich besser einen Abgang machen sollte.
Auf sowas ließ ich mich immer gerne ein.
"Nein, das ist mein Freund.", meinte ich und nickte zu Wesley.
"Nett!", antwortete sie knapp mit einer Leere im Blick, der fast gruslig war.
Wesley reichte ihr ihr Handy. Es war das allerneuste iPhone. Okay! Falsche Liga!
"Wie geht es deinem Auge?", wandte sie sich an Wesley und tat jetzt wieder so, als wäre ich gar nicht da.
"Besser, danke!", meinte er und legte mir vorsichtig eine Hand auf die Schulter, sodass ich spüren konnte, dass alles gut war.
Eventuell war ich wirklich zu sehr angespannt.
"Geh bitte schonmal zum Auto!", bat er mich und steckte mir den Schlüssel zu.
Wieso sollte ich? Ich warf Caroline einen bösen Blick zu
."Annabelle, bitte!", sagte er mit etwas Nachdruck.
Ich ließ den Schlüssel in meiner Hand laut klimpern.
"Tschüss!", verabschiedete ich mich dann doch und bekam von niemandem eine Antwort.
"Nutte!", zischte ich, als ich an Caroline vorbeilief.
Der Weg zum Auto war matschig.
Es hatte vorhin ein wenig geregnet. Ich schloss auf und setzte mich auf den Beifahrersitz. Dann ließ ich den Motor anlaufen und schaltete den Radio ein. Die Verbindung war grotten schlecht, weil das Haus so außerhalb lag.
Ich stöhnte, schaltete ihn wieder aus und lehnte mich am Sitz zurück.
Wenige Minuten später war Wesley schon da und öffnete die Fahrertür.
"Alles okay?", informierte er sich bei mir.
Ich nickte stumm.
"Über was hast du noch mit ihr geredet?", wollte ich wissen und richtete mich dabei etwas auf.
Er ließ den Motor wieder anspringen. Es regnete in Strömen.
"Lass uns erstmal nach Hause fahren! Wir reden dann dort darüber.", wich er aus.
"Achso, stimmt! Du musst dir ja erst noch eine Ausrede überlegen.", sagte ich zickig und legte meine nackten Füße auf das Armaturenbrett.
"Du solltest die Pille absetzen. Ich ertrage deine schlechte Laune nicht.", meinte er und fuhr sich angestrengt durchs Gesicht.
"Ich ertrage dich auch nicht.", behauptete ich schroff und funkelte ihn von der Seite böse an.
"Dann geh doch und verschwende nicht unnötig meine Zeit!", erwiderte er genauso giftig wie ich.
"Halt an!", befahl ich und versuchte die Tür zu öffnen.
Er hatte abgeschlossen.
Fuck!
"Wieso?", fragte er und hielt seinen Blick weiter auf die Straße.
"Weil ich rauswill.", erhob ich meine Stimme und zerrte weiter an der Tür.
Wes fuhr rechts ran.
"Du kannst da jetzt nicht raus, Annabelle! Es regnet.", machte er mir klar und sah mich jetzt richtig an.
"Mach auf! Das ist mir egal! Mach die verdammte Tür auf!", schrie ich und zog fester daran.
"Wir fahren nachhause und da kannst du weiter sauer sein.", schlug er vor, ohne dass zu tun was ich wollte.
"Lass mich raus!", schrie ich und blieb erst still, als ich das Geräusch hörte, das es machte, als er die Türen entriegelte.
Ich öffnete sie.
"Das kannst du nicht machen. Du verirrst dich nur. Es ist schon dunkel.", versuchte Wes mich davon abzuhalten.
Ich stieg aus ohne ein Wort zu sagen.
"Annabelle, bitte!", bat er mich und seine Augen waren voller Angst um mich.
Das kannte ich nicht. Er machte sich meistens keine Sorgen um mich.
"Fahr zur Hölle!", meinte ich und schnappte nach meiner Tasche.
Der Regen hatte mich schon komplett durchnässt. Es war ekelhaft kalt, aber ich wollte nicht bei ihm sein. Sowas zu sagen tat weh und zwar schon wieder. Zum hundertsten Mal heute! Ich konnte nicht mehr.
Irgendwann war Schluss genug und ich wollte mir sowas nichtmehr gefallen lassen.
Schließlich war ich auch nur ein Mensch mit Gefühlen.
Er stieg ebenfalls aus.
"Steig wieder ein verdammt!", versuchte er mich zu zwingen, aber ich wich direkt zurück. Sein Hemd war durchnässt, sodass ich seine Muskeln darunter erkannte.
"Nein, fick dich, Wesley!", schrie ich, sodass er mich auch sicher verstand.
"Annabelle Garcia, Du steigst jetzt in mein verficktes Auto und ich bringe dich nachhause. Ist das klar?", fuhr er mich dermaßen an, dass ich es sogar mit der Angst zutun hatte.
Trotzdem schüttelte ich den Kopf.
"Lass mich in Ruhe! Du tust mir nicht gut und ich will dich nichtmehr sehen.", entgegnete ich dann im gleichen angemessenen Ton.
"Ich tue dir nicht gut? Wer macht denn aus allem immer ein Drama?"
"Du nennst es also Dramamachen, wenn ich ein Problem damit habe, dass du mit anderen Leuten fickst? Wie krank bist du eigentlich?", warf ich ihm fassungslos gegen den Kopf.
"Ich ficke gerade gar nichts. Ist es etwa so schwer vorstellbar, dass die einzige Person, mit der ich jemals noch ins Bett gehen will, du bist? Und zwar nicht auf die sexuelle Art und Weise.", behauptete er, wobei ich ihm dabei absolut gar kein Wort abkaufte.
Wir schauen uns nur an. Das war keine gute Idee. Wir waren keine gute Idee gewesen.
"Du lügst."
Es war viel zu emotionslos, wie ich diese Worte aussprach.
"Ich liebe dich, so sehr, aber du...du glaubst mir nicht? Was soll ich denn machen, Annabelle? Was soll ich noch machen, wenn ich doch immer alles falsch mache?"
"Dann mach doch einmal etwas richtig und verpiss dich! Ist es denn so schwer zu begreifen, dass ich nicht will, dass du mir jemals wieder unter die Augen trittst?", erhob ich nun wieder etwas mehr meine Stimme und sah ihm tief in die Augen.
"Nagut! Du wirst schon sehen. Gleich ist dir sowieso zu kalt, aber okay! Ich lasse dich hier erfrieren, wenn du meine Hilfe nicht annehmen willst. Mir ist das nämlich egal. Fick dich, fick alle! Verdammt! Wieso tue ich mir das eigentlich selbst mit dir an? Das ist doch ein Witz. Mach doch, was du willst! Nicht mein Problem. Du, Schlampe!", entgegnete er und machte sich dann wieder in schnelle Schritten auf den Weg zur Fahrerseite.
Er stieg kopfschüttelnd ein und fuhr weg ohne noch ein Wort zu sagen.
Ich sah zu wie die Lichter des Autos langsam im Dunklen verschwanden.
Fuck!
Ich fuhr mir durch das Gesicht.
Es regnete noch stärker. Ein Schirm wäre jetzt echt schön. In meinem Kleid machte ich mich auf den Weg. Am Anfang war es noch ziemlich klitschig wegen des Teers der Straße, aber ich gewöhnte mich schnell daran.
Keine Ahnung, wo ich überhaupt langging, aber irgendwann musste doch die Stadt kommen, egal wo ich hinlief.

One day you'll understand whyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt