(57) Blick nach vorn', Stück Linderung

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Montag, 10.06
Pov Lena
Am nächsten Morgen waren wir recht früh, nachdem wir uns von den anderen verabschiedet hatten, auf dem Weg nach Danzig. Zufrieden schloss ich meine Augen, saß auf dem Beifahrersitz, voller Vorfreude auf die kommenden Tage und beobachtete die an uns vorbeifliegende Landschaft.
„Ich freue mich richtig auf die nächsten Tage mit dir", lächelte ich und öffnete die Augen. Mark, der konzentriert fuhr, warf mir einen kurzen Blick zu und erwiderte mein Lächeln.
„Ich mich auch."
„Heute machen wir wahrscheinlich nicht mehr so viel, oder?", fragte ich Mark. Dieser zuckte jedoch nur mit den Schultern.
„Mal sehen, wie es dir geht, aber wir können ja, wenn du willst, noch ein wenig die Stadt an sich erkundigen oder an den Strand gehen", schlug er vor. Ich seufzte und hoffte inständig, dass mein Magen die nächsten Tage ruhig blieb. Auch, wenn ich mich nicht übergeben hatte, war mir in den letzten Tagen vermehrt schlecht und langsam war ich wirklich genervt davon.
„Strand klingt gut", erwiderte ich trotzdem, war schon wieder viel zu lange nicht mehr am Meer.
„Zumindest gerade", ergänzte ich noch lachend. Mark stieg in mein Lachen mit ein, bevor er wieder konzentriert auf die Straße sah.
„Wenn das kleine Wesen mir jetzt schon solche Probleme bereitet, will ich gar nicht wissen, wie überfordert ich bin, wenn es dann auf der Welt ist", murmelte ich, ließ meinen Kopf gegen die Lehne sacken und schloss seufzend die Augen. Dieses Mal war es kein zufriedenes im Sitz zurücklehnen, es war mehr aufkommende Verzweiflung. Plötzlich spürte ich Marks Hand, welche sich kurz auf meinen Oberschenkel, über meine eigene Hand legte. Er schien zu überlegen, was er jetzt am besten sagen konnte.
„Das hat doch damit nichts zu tun, Leni. Meine Cousine hatte auch mit einigen Schwangerschaftsbeschwerden zu kämpfen und hat jetzt ein seelenruhiges Baby. Und selbst wenn das Kleine unruhig ist und sehr viel mehr Aufmerksamkeit fordert als andere Babys, wir kriegen das hin und ich kann mir niemanden vorstellen, der eine bessere Mutter wäre, als du", sagte Mark eindringlich und warf mir erneut einen Blick zu. Dieser war nun deutlich eindringlicher als zuvor, aufmunternd. Ein leises Lächeln schlich sich auf seine Lippen und er steckte mich schließlich damit an.

Irgendwann machten wir eine Pause und stiegen aus, um uns ein wenig die Beine zu vertreten.
„Es tut mir leid", sagte ich. Mark, welcher vor mir gegangen war, stoppte abrupt, drehte sich um und sah mich fragend an.
„Was?", fragte er, war sichtlich verwirrt. Ich seufzte und ging die letzten Schritte, um ihn einzuholen. Ich war mir nicht sicher, ob ich ihn jetzt schon wieder damit nerven wollte.
„Ich bin die ganze Zeit am Zweifeln und nerve dich damit. Das nervt mich ja selbst auch total", sagte ich, konnte ihm nicht in die Augen sehen. Mark seufzte jedoch. Er griff meine Hand, woraufhin ich ihn wieder ansah. Er fuhr mit seinem Daumen sanfte Kreise über meinen Handrücken und schwieg einen Moment. Neben uns parkte ein weiteres Auto auf dem Rastplatz, aber selbst das konnte uns nicht voneinander abbringen. Viel zu sehr waren wir gerade auf den jeweils anderen fokussiert. Sein Daumen, der immer weiter Kreise über meinen Handrücken fuhr und mir damit eine leichte Gänsehaut verschaffte.
„Du gehst mir nicht auf die Nerven, Leni. Das könntest du gar nicht", redete er dann sanft auf mich ein. Ich schüttelte den Kopf, wollte etwas sagen, aber Mark legte mir mit seiner freien Hand den Finger auf meine Lippen, symbolisierte mir, dass er noch nicht fertig war.
„Das sind große Veränderungen, die da auf dich, auf uns, zu kommen. Es ist normal, ab und zu zu zweifeln in dieser Situation. Ich bin auf ab und zu am zweifeln, weißt du. Nur weil ich das nicht immer so offen kommuniziere, heißt das nicht, dass ich dich in vielen Punkten nicht verstehen kann. Aber das ist ok, mehr als das." Er blickte mir eindringlich und intensiv in die Augen und verschlug mir die Sprache.
„Ich kann nichts Weiteres tun in der Schwangerschaft, als für dich da zu sein. Ich will für dich da sein. Und wenn das eben heißt, dir und mir diese Zweifel auszureden und dich davon zu überzeugen, dass wir das schon schaffen, dann mache ich das", stellte er so deutlich klar, dass mir Tränen in die Augen stiegen.
„Es tut gut zu hören, dass du auch Zweifel hast, auch wenn es das nicht unbedingt besser macht. Ich will aber trotzdem nicht immer an allem zweifeln", sagte ich leise. Mark lächelte mich aufmunternd an.
„Das geht vorbei, mh", erwiderte er und hob seinen Arm an, um mir mit seinem Daumen sanft die Träne, die sich gelöst hatte, wegzustreichen. Ich konnte mich zu einem Lächeln durchringen und war froh, dass wir doch darüber geredet hatten.
„Na komm", sagte Mark. „Positiv gestimmt gefällst du mir besser." Ich lachte leise.
„Ich gebe mein Bestes."
Als ich meinen Blick erneut hob, sah ich Mark direkt in die Augen. Überfordert von der Intensität, musste ich schlucken. In seinem Blick lag Zuversicht, Vertrautheit und vor allem eines: Zuneigung.
Gefühlte Minuten standen wir einfach so da, obwohl es wahrscheinlich nur ein paar Sekunden waren, bis Mark seine Hand hob und sie an meine Wange legte. Mit verzögerter Reaktion wanderte meine Hand in seinen Nacken, während meine andere noch immer in seiner lag. Hitze stieg in meine Wangen und ich fühlte mich wie betrunken. Mark warf mir noch ein kleines Lächeln zu, bevor er mir langsam endlich näherkam und ich nur Sekunden später dann seine weichen Lippen auf meinen spürte. Einige Sekunden lagen unsere Lippen einfach nur aufeinander, bis wir begannen, sie langsam gegeneinander zu bewegen. Meine andere Hand wanderte ebenfalls in seinen Nacken, sodass ich meine Hände in seinem Nacken miteinander verbinden konnte und den Kuss intensivierte. Ein Glücksgefühl durchströmte meinen gesamten Körper und ich fühlte diese Vertrautheit, die nur Mark mir entgegenbringen konnte, als er seine Hände still an meine Taille legte und mich näher zog. Ich lächelte bei dieser Erkenntnis in den Kuss und genoss das warme Gefühl, welches dieser auslöste.
Viel zu schnell lösten wir uns wieder. Ich ließ meine Stirn zufrieden gegen seine fallen und er zog mich noch ein Stück näher an sich und in seine Arme. Ich würde wahrscheinlich niemals über das Gefühl hinwegkommen, welches er und seine Taten in mir auslösten.
„Wollen wir langsam weiter?", fragte Mark leise, musste kaum lauter reden, war mir immer noch nah genug.
Ich löste mich von ihm, sah ihn erneut kurz an, ehe ich ihn noch einmal für einen kurzen Kuss zu mir herunterziehen musste.
„Klar", lächelte ich und griff nach seiner Hand. Mark lachte auf, aber erwiderte mein Lächeln und drückte meine Hand kurz, ehe wir zurück in Richtung Auto gingen. Unsere Hände lagen ineinander, bis wir einstiegen und Mark kurz darauf den Wagen vom Rastplatz lenkte.
Absolut zufrieden drehte ich das Radio etwas lauter und lehnte mich lächelnd im Sitz zurück. Innerlich musste ich den Kopf schütteln. Niemals hätte ich gedacht, dass Mark, mein bester Freund, zu dem werden würde, was er jetzt für mich war. Wir haben zweimal miteinander geschlafen, erwarteten ein Kind zusammen, teilten wunderschöne Momente in Form von Küssen, die meine Knie weich werden ließen und waren gerade gemeinsam in Polen, auf dem Weg nach Danzig, um ein paar Tage in Zweisamkeit zu verbringen. All das wäre vor ein paar Wochen noch unvorstellbar und undenkbar gewesen...

Dieses Licht, Wie Du AussiehstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt