(78) Love, oh love

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Samstag, 24.08
Pov Lena
Nach der Trauung machte sich die gesamte Hochzeitsgesellschaft auf den Weg zu einer nahegelegenen Partylocation mit Blick auf den Strand. Dort fand zuerst einmal ein Sektempfang statt. Wie selbstverständlich nahm ich ein Glas Orangensaft und merkte, dass ich mich schon ziemlich daran gewöhnt hatte, keinen Alkohol zu trinken.
„Herzlichen Glückwunsch", kam ich nun auch endlich mal dazu Natalie und Ben gleichzeitig zu gratulieren und sie zu umarmen.
Hütte schoss unterdessen tausende von Fotos. Er lichtete alles Erdenkliche ab, um den beiden später eine gute Auswahl zu ermöglichen. Die Gäste, die Location und Deko, das Ambiente und natürlich das Brautpaar wurden dabei nicht verschont. Auch mich fotografierte er ein paar mal grinsend, während ich Natalie gratulierte, ehe er wieder verschwand, um seiner Arbeit nachzugehen.
Die Zeit bis zum Essen zog sich ein bisschen, aber mit so vielen Leuten gab es immer jemanden, mit dem man ins Gespräch kam und so dauerte es schließlich auch nicht mehr allzu lange, bis alle Gäste gebeten wurden, ihre Plätze einzunehmen.
Es gab einige gleich große runde Tische, um alles etwas zu entzerren, aber trotzdem niemandem das Gefühl zu geben vom Gespräch ausgeschlossen zu sein. Die Platzierung der Gäste war mindestens so durchdacht, wie die Tischdeko, welche aus rosafarbenen Blümchen und Pampasgras bestand und einfach wunderschön war. So fühlte sich auch jeder gleich wohl und im Kreise seiner Sitznachbarn gut aufgenommen. Mir war es ein Rätsel, wie Natalie das alles organisiert bekommen hatte, wollte sie doch keine professionelle Hochzeitsplanerin engagieren.
An unserem Tisch saßen außer mir, Mark, Natalie und Ben noch die Eltern der beiden, sowie Bens kleine Schwester und sein großer Bruder mit Partner. Der Rest der Familien war an den benachbarten Tischen platziert worden.
Pünktlich und wie geplant um 17 Uhr wurde das Essen serviert. Jeder Tisch bekam eine Auswahl an Speisen, an welchen sich die Leute, die an diesem saßen, bedienen konnten und so waren alle erst einmal mit dem Essen beschäftigt und führte dabei leichte Unterhaltungen.
Etwas müde und mehr als satt lehnte ich mich schließlich in meinem Stuhl zurück und konnte lächelnd beobachten, wie Natalie und Ben sich immer wieder verliebte Blicke zu warfen und es gar nicht so wirklich schafften, sich auf etwas anderes, als sich gegenseitig zu konzentrieren.
„So, wir haben natürlich auch noch was vorbereitet für euch, Herr und Frau Meinershagen", begann schließlich Natalies Freundin und Trauzeugin. Ungläubig sah Natalie sie an. „Ja ja, wir wissen, du hältst nicht viel von sowas, das hast du uns oft genug gesagt, aber was wäre eine richtige Hochzeit, ohne ein kleines albernes Spiel nicht wahr?", grinste ihre Freundin schelmisch und steckte mich mit ihrem Grinsen an. Ein Lachen ging durch die Menge, während Natalie nur ihre Hand über die Augen hielt. Aber sie lachte.
Eine andere Freundin von ihr betrat nun ebenfalls die kleine provisorische Bühne und hielt ein Laken in der Hand. „Es wäre echt mega, wenn wir zwei große Männer finden würden, die das für die beiden halten könnten. Und euch bitte ich jetzt einmal vorzukommen", bat sie Natalie und Ben aufzustehen. Schnell fanden sich auch zwei Männer, die das Laken mit dem aufgemalten Herz hielten. Die beiden bekamen anschließend noch zwei kleine Nagelscheren in die Hand gedrückt und schon ging es los. Zugegebenermaßen war es wirklich ein bisschen albern, aber ein bisschen Spaß musste sein und so hob Ben Natalie nach kurzer Zeit grinsend hoch und schritt mit ihr in seinen Armen durch das ausgeschnittene Herz. Es folgte ein Applaus, zu welchem sich Natalie spielerisch verbeugte, ehe die Beiden zurück zum Tisch kamen.
Ein paar Freunde und Familie der beiden hielten vorbereitete Reden, welche unterschiedlicher nicht sein konnten, was das ganze umso interessanter machte. Ihre Mutter erzählte davon, wie Natalie versucht hatte, Ben unauffällig ins Haus zu schmuggeln, weil sie nicht erzählen wollte, dass sie einen Freund hatte, während ein Freund von Ben von den Schwärmereien in der Anfangsphase erzählte.
Schließlich nahm Mark meine Hand und ich wusste, was jetzt kam. Wir standen auf und Mark zog mich lächelnd hinter sich her zur Bühne, auf welcher er das Mikro entgegennahm und mir ebenfalls eins reichte.
„Natalie", begann er. „Als ich dich gefragt hatte, was du dir zur Hochzeit wünscht, hätte ich dir jeden erdenklichen Wunsch erfüllt, aber du meintest schlicht und einfach, du würdest dir wünschen, dass ich was singe. Das konnte zwar nicht mein einziges Geschenk bleiben, wie du schon gemerkt hast, aber ich will dir den Wunsch natürlich erfüllen", grinste Mark und hatte für einen Augenblick nur Augen für seine Schwester, bis er zu mir blickte. „Und da meine wundervolle Freundin auch Sängerin ist und sie da so einen Song hat, den ich auch mal gesungen habe, dachten wir uns, wir singen heute mal ganz passend „Satellite" für euch", erklärte Mark und ich lächelte ihn warm an. Natalie hingegen sah von Mark zu mir und schien kaum begreifen zu können, dass all das gerade passierte. Da setzten allerdings schon die ersten Töne ein und wir begannen. Für uns, zwischen uns und für die beiden war da dieses eine Gefühl, welches der Song so perfekt vermittelte, obwohl die Worte weder von Mark noch von mir selbst geschrieben wurden.

Where you go, I'll follow
You set the pace, we'll take it fast or slow
I'll follow in your way
Oh oh oh
You got me, you got me
A force more powerful than gravity
It's physics, there's no escape

Mark sang diesen Part so voller Leidenschaft, dass mir klar wurde, dass er das nicht nur für Natalie sang. Er gab mir so so viel damit, mir zu sagen, dass er immer da sein wird und wir mein Tempo gehen konnten. Er wollte das alles, so richtig. Und ich wollte das auch.
Gemeinsam sangen wir den letzten Chorus und ich versuchte ihm das alles irgendwie wiederzugeben.
Der letzte Ton klang in die Stille und der Applaus, welchen wir nur allzu gut kannten, begann zu toben. Wir strahlten und vor allem strahlte Natalie. Ich umarmte Mark und spürte, wie auch er emotional geworden war. Das war das so gut wie erste und einzige Mal gewesen, dass wir den Song zusammen komplett vor Publikum performen konnten, so selten war das bisher passiert, und ich habe es definitiv mehr als genossen.
Auf dem Rückweg zu unseren Plätzen kam uns Natalie bereits entgegen und umarmte uns beide stürmisch gleichzeitig. „Danke, danke, danke", bedankte sie sich überschwänglich.
„Ich kann immer noch nicht glauben, dass ihr beide tatsächlich für uns auf meiner Hochzeit gesungen habt", ließ Natalie sich auf Bens Schoß fallen und blickte dankbar und überwältigt zu uns. Mark und ich grinsten uns einfach an und verschlossen unsere Finger miteinander.

Dieses Licht, Wie Du AussiehstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt