(94) Mal stiller See und mal laut

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Sonntag, 29.12
Pov Mark
„Leni, jetzt leg doch mal den Lappen weg", sagte ich und ließ mich auf Sofa fallen, nachdem ich den bisherigen Tag damit verbracht hatte, Lena beim Aufräumen und Putzen zuzusehen und selber ihren Anweisungen nachgegangen war. „So sauber war deine Wohnung bestimmt seit dem Einzug nicht mehr", fügte ich noch schmunzelnd hinzu.
Jetzt erst drehte sie sich zu mir um. „Willst du mir damit sagen, bei mir ist es nicht sauber und aufgeräumt, oder was?", fuhr sie mich schockiert an. „Wobei, vielleicht hast du recht. Ich meine, wann habe ich eigentlich zuletzt meinen Kleiderschrank mal aufgeräumt und, warte...", sagte sie und ich konnte sie nur dabei beobachten, wie sie unruhig umherlief.
Aufgewühlt fügte sie einen weiteren Punkt auf ihrer To-do-Liste, welche auf dem Tisch lag und mich schon den ganzen Tag nervte, hinzu.
„Wann soll ich das alles schaffen?", fragte sie überfordert. „Mark, du markierst dir bitte, was du erledigen kannst, damit ich weiß, was für mich übrig bleibt und..."
Weiter kam sie nicht, denn ich war aufgestanden und legte meine Arme sanft um sie. „Atme mal ganz kurz durch, okay?", versuchte ich sie zur Ruhe zu bekommen. „Wir zwei, wir machen jetzt etwas, das nennt sich Pause und wenn du danach immer noch den Drang hast diese dämliche Liste abzuarbeiten, dann erledigen wir noch was davon, in Ordnung?", fragte ich vorsichtig. Zu meiner Überraschung nickte sie und ließ sich von mir mit zum Sofa nehmen.
„Den ganzen Tag hechtest du von hier nach da. Du musst daran denken, dass du auch mal Pausen machst und ja, dass willst du nicht hören, aber auch, dass du genug trinkst", versuchte ich ihr sanft zu erklären, warum ich sie zur Pause überredet hatte.
Sie nickte. „Das weiß ich ja", antwortete sie seufzend. „Aber es gibt noch so so viel zu tun, bis Emilia kommt und der errechnete Geburtstermin ist in etwas mehr als zwei Wochen. Wann hätte ich dann denn bitte das nächste Mal Zeit, sowas zu erledigen, wie meinen Kleiderschrank aufzuräumen?"
„Hey, das ist normal, dass du jetzt den Drang hast und die Energie alles zu erledigen, aufzuräumen und zu putzen, um es unserer kleinen E.T dadrin möglichst schön zu Hause zu machen", sagte ich und stupste sanft auf ihren Bauch. „Aber du darfst die Kleine bis dahin nicht vergessen, weil du gerade recht alleine verantwortlich für sie bist und das ist nicht gut, wenn du dich zu sehr überanstrengst."
Sie stöhnte auf. „Aber es muss doch gemacht werden", seufzte sie. Ich schmunzelte.
„Ja, ein ganz kleiner unbedeutender Teil deiner kilometerlangen Liste und den kann dein wundervoller Freund, der gerade neben dir sitzt, sogar größtenteils ganz alleine für dich abarbeiten", lächelte und steckte sie damit an.
„Du hast ja recht", seufzte sie. „Danke, dafür, dass du mich ein bisschen runtergebracht hast von diesem Energieschub. Du bist wirklich wundervoll", schmunzelte sie und gab mir einen kurzen Kuss.
„Was hältst du von einem kurzen Entspannungsspaziergang? Und danach schauen wir uns deine Liste noch einmal genauer an und filtern, was davon wirklich erledigt werden muss, okay?", fragte ich und erhielt tatsächlich sofort Zustimmung, sodass wir uns Schuhe und Jacke, sowie Schal, Mütze und Handschuhe anzogen und auf den Weg machten. Es war wirklich kalt geworden und so lange kein Schnee fiel, war diese eisige Kälte einfach unerträglich, weshalb wir nur eine kurze Runde um den Block liefen. Aber tatsächlich hatte ich das Gefühl, Lena auf andere Gedanken gebracht zu haben und so hatte diese Ablenkung was Gutes an sich gehabt.
„So und jetzt schauen wir mal genauer, was zu tun ist", sagte ich voller Tatendrang und widmete mich dieser grauenvoll langen Liste. „Keller aufräumen?", fragte ich amüsiert. „Ist das dein Ernst?"
„Hey", lachte Lena. „Das habe ich sehr lange nicht mehr gemacht und..."
„Und das werden wir jetzt auch nicht machen", sagte ich bestimmt, nahm mir ihren Stift und strich den Punkt durch. Lena protestierte nur wenig, wusste selbst ja, dass das eigentlich überflüssig war.
„Also, fasse ich zusammen. Als To-do's für heute steht hier jetzt noch Wäsche waschen, Staubsaugen, das Badezimmer putzen und kochen", meinte ich schließlich. „Den Rest der Dinge, Kinderzimmer endgültig einzugsbereit machen und sowas, können wir auch morgen noch erledigen. Was hältst du davon, wenn du die Wäsche machst und ich mich ums Badezimmer kümmere und einmal durch sauge? Danach können wir ja zusammen was kochen oder du fängst schon mal an, wenn du eher fertig bist", schlug ich vor.
„Klingt gut", stimmte Lena zu und so begannen wir, dieses Mal deutlich entspannter als noch zuvor, eine weitere Aufräum- und Putzaktion. Aber auch Lena wirkte jetzt weniger durcheinander und gehetzt, was mich sehr zufrieden machte.
Über eine Musikbox ließen wir Musik abspielen, sodass die Aufgaben sich, zumindest vom Gefühl her schneller erledigen ließen. Das war zumindest das, was man sich häufig einbildete. Dem war wahrscheinlich nicht so, zumindest im Hinblick auf uns.
Es dauerte kaum fünf Minuten bis Lena anfing durch die Wohnung zu tanzen, so weit ihr das noch möglich war. Und irgendwie steckte sie mich damit an, sodass wir beide lachend herumwuselten, Witze machten und uns gegenseitig neckten, bis wir die übriggebliebene Liste mit einiger Verzögerung abgearbeitet hatten. Letztendlich haben wir uns wahrscheinlich deshalb auch dafür entschieden, heute einfach zwei Fertigpizzen in den Ofen zu schieben, sodass wir jetzt zusammen am Tisch saßen und diese genießen konnten. Ungesund durfte schließlich auch mal sein.
Lena lächelte glücklich vor sich hin und generell verfielen wir für einige Zeit in ein angenehmes, zufriedenes Schweigen, während wir aßen. Und wieder einmal war ich mehr als froh darüber, jemanden gefunden zu haben, mit dem selbst einfaches Schweigen wunderschön sein konnte.
„Jetzt bin ich froh, dass du mich gedrängt hast, die Liste zu überdenken und zu kürzen", merkte Lena schließlich an und schmunzelte. Auch ich musste kurz auflachen, bevor ich ein Stück meiner Pizza abbiss.
„Ich schätze, wir wären sonst morgen noch nicht fertig", lächelte ich. „Das stimmt wohl und mehr als die alltäglichen Haushaltsaufgaben waren auch eigentlich echt nicht nötig. Ich schätze, das war der altbekannte Nestbautrieb", verdrehte Lena grinsend die Augen.
„Solange das jetzt nicht jeden Tag so läuft, ist alles ok", grinste ich zurück. Lena lachte.
„Oh, glaub mir, das will ich auch nicht. Ich verspreche, ich halte das in Grenzen", lächelte sie und ich konnte nicht anders, als verliebt zurück zu lächeln. Diese Frau hatte es mir einfach so sehr angetan, mit allem, was sie war und ist. Wahrscheinlich würde ich niemals darauf klarkommen, aber das war ja auch egal, solange wir uns hatten und zusammen waren.

Dieses Licht, Wie Du AussiehstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt