(28) As long as you just listen to your mum

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Freitag, 10.05
Pov Lena
Meine Mutter schluckte und ich wendete nur den Blick ab. Ich fühlte mich wie ein kleines Schulmädchen, das nicht richtig aufgepasst hatte.
„Wie konnte das denn passieren, Mäuschen?", fragte sie mich, klang aber keineswegs vorwurfsvoll. Ich seufzte und stand auf, nahm mir mein Glas Wasser und ging mit langsamen Schritten aufs Fenster zu. Mit schweifendem Blick beobachtete ich die Straße unter mir.
„Ich weiß es doch auch nicht. Ich war krank und habe Antibiotika genommen und vergessen, dass das die Wirkung der Pille verhindern kann", sagte ich und starrte verzweifelt in die Ferne.
Hinter mir hörte ich, dass meine Mama ebenfalls aufstand und spürte, wie sie langsam ihre Arme von hinten um mich legte. Sanft küsste sie meinen Haaransatz, wie sie das schon so oft getan hat, als ich noch kleiner war und bei jedem, noch so kleinen Problem, immer sofort zu ihr gekommen war. Sie war schon immer so etwas wie eine beste Freundin für mich gewesen, der ich alles hatte anvertrauen können.
„Schau mal, Leni, die Umstände sind vielleicht nicht ganz so passend, aber es ist doch auch schön", murmelte sie mir ins Ohr. Ich drehte mich um und schaute ihr überrascht in die Augen, hatte mit vielem gerechnet, aber nicht damit.
„Du wirst Mama und ich Oma. Eigentlich müssten wir das feiern", lächelte sie und ich wusste, dass sie einfach nur wollte, dass ich mich besser fühlte. Ich drehte mich jedoch weg und sah wieder aus dem Fenster.
„Mir ist aber absolut nicht nach feiern. Ich meine, wie soll ich das erklären, dass ich schwanger bin und nicht mal weiß, von wem der beiden. Denk doch allein mal darüber nach, was für einen Eindruck ich auf die beiden machen muss", seufzte ich und fühlte mich kein Stück besser. Es war ein ständiges Auf und Ab.
Meine Mama stellte sich neben mich und legte weiterhin ihren Arm um mich. Ich lehnte mich leicht gegen sie und gemeinsam beobachteten wir das Treiben auf der Straße.
„Na ja, an einer Schwangerschaft sind immer zwei beteiligt, Mäuschen. Basti hätte nicht mit dir schlafen sollen, wenn er dich betrügt, und Mark ist dein bester Freund. Ich glaube, mehr muss ich dazu nicht sagen. Wenn jemand Schuld hat, dann nicht du allein. Dann seid es viel mehr alle von euch."
Darüber musste ich erst nachdenken, also drehte ich mich um und setzte mich schweigend aufs Sofa. Im Prinzip ergab das, was sie sagte, Sinn. Eigentlich sollte ich die Last oder Freude, je nachdem wie man es sehen wollte, nicht allein mit mir herumtragen. Aber ich hatte einfach Angst vor der Reaktion der beiden. Genau diese Gedanken sprach ich dann auch aus, in der Hoffnung, Mama könnte mir ein wenig die Angst nehmen. Oder es zumindest versuchen.
„Du hast ja recht. Ich weiß, dass ich es ihnen sowieso bald sagen muss, aber vielleicht ist es besser, wenn ich erst mal versuche, selbst damit zurechtzukommen", überlegte ich laut. Meine Mutter sah mich auffordernd an.
„Leni, du glaubst doch nicht wirklich, dass du besser erstmal selbst damit zurechtkommen könntest. Auch wenn du den Kontakt zu Basti klein halten kannst, Mark siehst du oft genug. Das könntest du zwar auch versuchen, so wenig wie möglich zu halten, aber du würdest nicht drum herumkommen, ihn zu sehen, allein schon wegen The Voice Kids. Du musst mit den beiden reden und das so schnell wie möglich. Ich denke, sonst sind beide geschockter und überraschter, als sie es wären, wenn du es ihnen frühzeitig erzählst", hielt meine Mutter allerdings dagegen. Ich seufzte. Das machte leider alles so verdammt Sinn.
„Leni, ich will dich da jetzt auch nicht zu überreden oder dir sagen, was richtig und was falsch ist, das musst du selbst herausfinden. Aber würdest du es nicht sofort wissen wollen, wenn du an ihrer Stelle wärst?", ergänzte meine Mutter noch.
„Doch und das ist das Problem. Ich kann verstehen, dass ich das so bald wie möglich sagen muss, aber aktuell überwiegt die Angst. Wenn sie nichts von dem Kind wissen wollen, das wäre der Horror. Ich wüsste beim besten Willen nicht, wie ich damit leben sollte", sagte ich überfordert.
„Ich finde, du sollst dir nicht so viele Gedanken darüber machen, was passieren könnte, wenn du es ihnen sagst. Je öfter du darüber nachdenkst, desto mehr Varianten findest du und diese Varianten sind die, die dich dann verunsichern und dich dazu bringen, es weiter vor dir herzuschieben. Wenn du es möglichst schnell hinter dich bringst, hast du Klarheit und brauchst dir nicht weiter über die Reaktionen den Kopf zerbrechen." Ich ließ frustriert den Kopf in die Hände fallen. Was sollte ich nur machen?

Samstag, 11.05
Als ich am Morgen aufwachte und ein Blick auf mein Handy warf, sah ich, dass es kurz vor neun war. Eigentlich die perfekte Zeit, um aufzustehen, dachte ich mir und ergriff tatsächlich die Initiative und stand auf, um mich zunächst einmal im Bad fertig zu machen.
Als ich aus dem Bad kam, stieg mir der Geruch von frischen aufgebackenen Brötchen in die Nase und ich musste augenblicklich lächeln. Wie glücklich ich mich schätzen konnte, dass meine Mama immer alles tat, damit es mir gut ging und ich glücklich war. Das war schon immer so gewesen.
Auf dem Weg zur Küche hörte ich leise Musik aus dieser dringen und blieb im Türrahmen stehen.
„Das wäre definitiv nicht nötig gewesen, Mama. Trotzdem danke, ich weiß das echt zu schätzen, was du für mich machst", sagte ich und war wirklich dankbar, sie um mich herum zu haben.
„Hey, ich mache das gerne und wenn ich dir damit eine Freude machen kann, mache ich es noch lieber", lächelte meine Mama und schob mich schon mal sanft in Richtung Küchentisch, welchen sie sogar schon gedeckt hatte.
„Eigentlich wäre das meine Aufgabe gewesen. Schließlich bist du zu Gast bei mir und nicht ich bei dir", merkte ich an, aber sie winkte ab.
„Ach komm, vergiss das. Schließlich musst du jetzt für zwei essen und da kann ich dich schon mal mit ausreichend gutem Frühstück verwöhnen", zwinkerte meine Mama, bevor sie sich wieder dem Frühstück zuwandte und den Kühlschrank öffnete. Ich verdrehte die Augen und seufzte frustriert auf.
„Danke, dass du mich auch schon am frühen Morgen wieder daran erinnerst", sagte ich genervt, aber ich war mir sicher, dass sie wusste, dass ich ihr das nicht übelnahm.
„Das ist echt alles nicht so einfach."
Schmunzelnd setzte sie sich zu mir an den Tisch, erwiderte aber nichts mehr dazu, ehe wir dann auch mit dem Frühstück begonnen, da mittlerweile alle benötigten Sachen auf dem Tisch standen.

Dieses Licht, Wie Du AussiehstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt