Dieses Licht, Wie Du Aussiehst

(91) Killer, ich lieb' dich so eiskalt

Dienstag, 24.12
Pov Lena
Der Abend war vorangeschritten und wir hatten Mama gerade ins Hotel ein paar Straßen weiter gebracht, wo sie die Nacht verbringen würde. Das Hotel war einfach näher als Marks Wohnung und da wir morgen schon recht früh aufbrechen wollten, war das einfach die bessere Lösung gewesen. Etwas müde vom Tag kamen wir demnach relativ spät am Abend wieder in der Wohnung an.
„Der Tag war echt richtig schön. Das war wirklich die richtige Entscheidung, Weihnachten so aufzuteilen und zu feiern", murmelte ich zufrieden und fiel Mark seufzend in die Arme, nachdem wir Jacke und Schuhe wieder ausgezogen hatten. Mit geschlossenen Augen spürte ich, wie Mark nickte.
„Ich habe da aber noch was für dich, wenn du dich erinnerst", löste er sich dann aber unruhig wieder. „Teil zwei von meinem Geschenk", schmunzelte er.
„Ach ja, stimmt", nickte ich euphorisch und wurde sofort wieder von Neugierde gepackt. Manchmal hatte ich wirklich die Freude eines Kleinkindes in mir.
„Dann komm mal mit", sagte Mark zögernd und zog mich sanft mit sich ins Arbeitszimmer. Verwirrt folgte ich ihm, aber er warf mir nur einen unsicheren Blick zu. Was wollte er bitte hier?
Recht schnell bekam ich dann jedoch meine Antwort. Mark setzte sich auf den breiten Klavierhocker meines Klaviers, das im Arbeitszimmer stand und welches Mark jetzt schon mehr benutzte, als ich es jemals getan hatte. Sanft klopfte er neben sich auf den Hocker, deutete mir so an, mich zu ihm zu setzen. Still kam ich seiner Aufforderung nach und setzte mich gespannt neben ihn. Fragend sah ich ihn an, aber er zögerte. Seine Nervosität übertrug sich langsam, aber sicher auf mich, weshalb wir jetzt beide aufgeregt dasaßen.
„Also, ähm... Ich habe da was geschrieben, für dich", begann er dann schließlich nervös und meine Augen wurden groß, als mir bewusst wurde, was er da gesagt hatte.
„Ich habe den Song in Polen spontan angefangen, als wir bei meiner Familie waren, und in den letzten Wochen musste ich immer wieder an ihn denken und dann habe ich ihn letzten Monat wie von selbst zu Ende geschrieben, ich konnte es selbst kaum glauben und ja... der ist für dich", erklärte Mark schmunzelnd und mir stiegen jetzt schon die Tränen in die Augen, dabei hatte er noch nicht einmal angefangen.
Als er dann seine Finger auf die Tasten legte, nahm ich nichts anderes mehr wahr als diesen unglaublichen Mann, der da neben mir saß. Die ersten Klaviernoten erklangen und alles zog mich in einen Bann. Wie gefesselt folgten meine Augen seinen Fingern, die so federleicht über die Tasten schwebten, während meine Ohren der Melodie und anschließend Marks sanfter Stimme lauschten.

Konnt's nicht mehr seh'n, meine Timeline auf Insta
Deswegen zog's mich heute raus aufn Dienstag
Paar Texte hin und her in diesem gottverdammten Gruppenchat
Schon steh'n sie unten an der Tür
Und klingeln Sturm, „los, runter jetzt"
Okay, weil ich 'n bisschen eingerostet bin
Häng' ich erstmal an den Jungs und danach erstmal an mei'm Gin
Dann noch 'n Bier, leeres Glas, wer will mehr?
Ich füll' nach, dann seh' ich dich an der Bar

Wie Schuppen fiel es mir von den Augen, über welchen Abend Mark da sang. Denn was anfangs wie ein halbwegs normaler Abend unter Freunden wirkte, entpuppte sich zu dem Abend, der die Gegenwart und unsere gemeinsame Zukunft bestimmt hatte.

Dieses Licht, wie du aussiehst
Killer-ler-ler-ler
Ich hab' Schiss, du bist Rauschgift
Mein Kopf denkt nicht klar, ey
Killer, ich lieb' dich so eiskalt
Killer, mit dir werd' ich nicht alt
Mein Wille schon lang weg, das gibt's nicht
Ey, ey, Killer, du killst mich
Killer, ich lieb' dich so eiskalt
Killer, mit dir werd' ich nicht alt
Mein Wille schon lang weg, das gibt's nicht
Ey, ey, Killer, du killst mich

Die Tränen flossen stumm über meine Wangen. Dieser Mann, den ich wirklich liebte, wie zuvor noch niemanden, besang seine Liebe zu mir in einem Lied, welches er direkt an mich sang. Augenblicklich wurde mir klar, dass ich alles hatte, was ich jemals haben wollen. Ich war angekommen.