(5) Und morgens in dei'm Treppenhaus

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Mittwoch, 24.04
Pov Mark
Langsam öffnete ich meine Augen und spürte einen unglaublichen Schmerz, der durch meinen Kopf zog. Ich hatte mit dem Alkohol wohl gestern doch ordentlich über die Stränge geschlagen.
Blinzelnd blickte ich an die Zimmerdecke und war irritiert. Die verzierte, verschnörkelte Lampe kannte ich, doch sie gehörte nicht mir.
So eine Zimmerdecke hatte ich nicht, so eine hatte nur. Ich stockte. Lena, in ihrem Gästezimmer.
Ich drehte mich nach rechts und sah Lena friedlich neben mir liegen.
Sofort kamen die Erinnerungen an die letzte Nacht zurück und ich fühle mich schrecklich.
Klar, Lena war eine unfassbar tolle Frau, aber wir waren eben nur beste Freunde, nicht mehr, und außerdem waren wir beide betrunken. Mit absoluter Sicherheit wird sie es bereuen, wenn sie wach wird. Da war ich mir sicher, aber ich sollte sowieso vorher von hier verschwinden. Vermutlich rettete es unsere Freundschaft, wenn wir einfach nicht darüber redeten, was letzte Nacht passiert ist, wenn wir die letzte Nacht einfach vergessen. Das war zumindest das, was mein immer noch vernebelter Verstand mir sagte. Vielleicht war dieser Gedanke naiv, aber ich konnte ihn nicht abschütteln.
Sie hatte sich gestern erst von Basti getrennt und auch Miriam und ich haben erst vor wenigen Monaten entschieden getrennte Wege zu gehen und so richtig darüber hinweg war auch ich eigentlich noch nicht.
Bevor ich weiter nachdenken konnte, stand ich auf und suchte leise meine Sachen zusammen, ohne Lena dabei zu wecken.
Schnell zog ich mich an und ging noch kurz ins Bad. Ich griff meine letzten Sachen und suchte anschließend noch mein Handy, welches noch im Wohnzimmer lag und verließ die Wohnung.
Lächelnd ging ich die Treppen hinunter.
Die letzte Nacht zusammen mit Lena war wirklich die schönste seit sehr sehr langer Zeit und ich hoffte einfach, dass es ihr gut ging und sie nicht unter den Ereignissen der letzten Nacht litt. Sie sollte das mit Basti verarbeiten und sich nicht mit mir beschäftigen müssen.
Mein Lächeln verschwand bei dem Gedanken, dass ich dementsprechend in nächster Zeit auf Abstand zu ihr gehen musste, um sie wegen ihrer Trennung und der letzten Nacht nicht zu sehr zu verwirren. Ich könnte mich selbst ohrfeigen, dass es überhaupt so weit gekommen war. Stattdessen hätte ich einfach eine Schokolade besorgen und für sie da sein sollen.
Unten angekommen öffnete ich die Haustür und ging hinaus. Es war schon April, aber so richtig warm war es noch nicht. Ich entschied mich dazu, zu Fuß nach Hause zu laufen. Das war zwar ein gutes Stück, aber ich brauchte jetzt einfach mal frische Luft, um mir den Kopf frei pusten zu lassen. Vielleicht hoffte ich auch, ein wenig auf andere Gedanken zu kommen. Ein bisschen Zeit zum Nachdenken tat mir bestimmt auch ganz gut, das tat es schließlich meistens.
So ging ich los, in Richtung meines Zuhauses.
Was hatte mich überhaupt dazu verleitet, dass es gestern Abend überhaupt so weit gekommen war? War es der Alkohol? Oder das Kleid, welches sie so unglaublich attraktiv und heiß hat wirken lassen? Oder war da schon länger so ein Gefühl, welches ich immer versucht hatte zu unterdrücken?
Ich meine, solange ich Lena kannte, war sie immer in einer Beziehung und wir hatten es nie in Betracht gezogen, dass da zwischen uns mehr als nur Freundschaft sein könnte. Außerdem bin ich mir sicher, dass sie in mir nicht mehr sieht als nur einen Freund, einen ihrer besten Freunde zwar, aber mehr auch nicht.
Wenn ich so länger darüber nachdachte, wurde mir bewusst, dass das von meiner Seite aus eigentlich schon länger gehen musste, auch, wenn mir das wahrscheinlich nicht mal selbst so bewusst war.
Schon, als ich Leni kennengelernt hatte und sie mit Basti zusammen war, hatte ich immer so ein leichtes Ziehen im Bauch gespürt, wenn ich die zwei zusammen getroffen hatte.
Ich habe mir nie etwas dabei gedacht und ich dachte ja auch, das mit mir und Miriam hätte eine Zukunft und wäre für immer, aber da hatte ich mich ja wohl schon getäuscht. Unser für immer hatte genauso ein Ende gefunden wie das von Lena und Basti.

Es hatte ja super funktioniert, auf andere Gedanken zu kommen. Stattdessen bekam ich inzwischen ein schlechtes Gewissen. Es war ein Fehler, einfach gegangen zu sein. Ich hätte wenigstens einen Brief schreiben oder wirklich warten können, bis sie wach wurde, aber da war ich wohl mal wieder zu feige und habe mich nicht getraut. Mal wieder war ich lieber weggelaufen, sobald es komplizierter wurde. Ich seufzte.
Ich würde die Nacht von meiner Seite jetzt nicht als Problem bezeichnen, aber für Lena war das mit Sicherheit ein Problem. Sie hatte sich schließlich gestern erst von Basti getrennt, nachdem er ihr fremdgegangen war.
Ich spürte mal wieder dieses unwohle Ziehen in meinem Bauch, nur war es dieses Mal stärker. Da war wohl wirklich mehr von meiner Seite aus und ich sollte das möglichst schnell aus meinem Kopf bekommen, wenn wir irgendwie weiterhin normal miteinander umgehen wollten.

Inzwischen zu Hause angekommen, begab ich mich zuerst kurz in die Küche, um mir Lasagne vorzubereiten, weil bald schon Mittag war und ich langsam wirklich Hunger hatte. Das Frühstück übersprang ich heute einfach mal.
Anschließend ging ich in mein Arbeitszimmer und versuchte ein bisschen, das Verarbeiten meiner Gedanken und der Geschehnisse zu verdrängen, was allerdings nur so semi-gut funktionierte.
Deshalb hörte ich nach nicht einmal einer Stunde und nur zwei beantworteter Mails seufzend auf und ließ mich in meinem Wohnzimmer aufs Sofa fallen.
Ich nahm mein Handy in die Hand und sah, dass ich seit gestern ein paar WhatsApps bekommen hatte, sodass ich zunächst erstmal begann, diese zu lesen.
Meine Schwester Natalie hatte mir gestern noch geschrieben, dass ich mich doch mal wieder melden sollte. Ich machte ihr eine kurze Sprachnachricht, in der ich ihr erklärte, dass bei mir seit der Trennung von Miriam nicht viel los gewesen ist und es nicht an ihr lag, dass ich mich nicht gemeldet hatte. Wie typisch für mich, erzählte ich natürlich nichts über meine aktuelle Gefühlslage.
Als Nächstes las ich eine Nachricht von meinem Manager, welcher mir mitteilte, dass mit The Voice Kids dieses Jahr alles fix war und jetzt klar war, dass ich definitiv wieder als Coach dabei sein würde.
Ich freute mich tatsächlich sehr darüber und bedankte mich kurz für die Information.
Danach hatte ich heute Morgen noch eine Nachricht meiner Mutter bekommen. Sie wollte wissen, wann ich mal wieder nach Hause käme und sie besuchte. Auch darauf antwortete ich kurz, dass ich es noch nicht so genau wusste, ich aber, sobald ich es wüsste, Bescheid gäbe. Vielleicht war es ja schon recht bald, sollte ich Zeit finden, ansonsten im Juni bei unserem jährlichen Familientreffen.
Eine Nachricht hatte ich noch bekommen...

Doch jetzt meldete sich erst mein Backofen zu Wort, dass meine Lasagne, welche ich vor gut vierzig Minuten in den Ofen geschoben hatte, fertig war. Als ich in der Küche ankam, stellte ich erschrocken bei einem Blick auf die Uhr fest, dass es schon halb zwölf war.
Wo war denn bitte die Zeit hin? Gegen ungefähr halb zehn war ich bei Lena losgelaufen und seitdem waren nun schon fast zwei Stunden vergangen.
Ich stellte den Timer und den Temperaturregler des Backofens aus und holte mir einen Handschuh, um die Lasagne aus dem Ofen zu holen. Mit einem Teller Lasagne ging ich in mein Wohnzimmer zurück. Normalerweise aß ich nicht unbedingt im Wohnzimmer, aber heute war nichts normal. Ich lebte wie in einer Blase. Alles passierte und ich dachte nur an Leni und diese wunderschöne Nacht. Ich konnte mich auf nichts mehr konzentrieren.
Also nahm ich das Besteck in die Hand und begann zu essen, bis mir einfiel, dass ich noch eine Nachricht bekommen hatte. Also nahm ich mein Handy wieder in die Hand und öffnete WhatsApp.
Die Nachricht war von Leni:
Du verdammtes Arschloch, hatte sie geschrieben und das Schlimmste daran war, dass sie recht hatte. Scheiße.
Ich musste wohl doch dringend mit ihr reden.
Ich versuchte ihr zu schreiben, dass es mir leidtat, doch sie schien mich blockiert zu haben.
Was machte ich jetzt bloß? Ich verfiel in Panik. Einfach hinfahren? Was machte ich, wenn sie mir gar nicht aufmachte? Oder sie nicht da war? Und was machte und sagte ich, wenn sie aufmachte? Ich hatte wirklich scheiße gebaut.
Ich kam zu dem Entschluss, dass es keine gute Idee wäre von jetzt auf gleich überstürzt loszufahren. Stattdessen wollte ich mir erstmal Gedanken machen, was ich ihr sagen könnte, wie ich mein Verhalten entschuldigen könnte, auch wenn man das eigentlich kaum entschuldigen konnte.
Spätestens morgen müsste ich wohl auf jeden Fall mal zu ihr fahren, wenn sie mich bis dahin immer noch blockiert hatte und mich ignorierte.


Wow, dieses Kapitel hat eine Stunde gedauert, ich hätte nie gedacht früher, dass es so lange dauert, ein Kapitel zu schreiben, deshalb schreibe ich auch vor, um euch unnötiges Warten zu ersparen.
Schreibt mir gerne eure Meinung zu der Story oder dem Kapitel in die Kommentare und votet, wenn es euch gefällt, damit ich das sehe🥰

Dieses Licht, Wie Du AussiehstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt