(8) Wir schreiben und wir reden nicht

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Donnerstag, 25.04
Pov Mark
Ich hatte jetzt länger darüber nachgedacht und war zu dem Entschluss gekommen, dass ich dringend zu ihr fahren und mich entschuldigen musste. Sie war bestimmt am Boden zerstört und mein Verhalten war auch echt alles andere als korrekt.
Es war jetzt kurz nach zwölf und selbst wenn Leni im Studio war, müsste sie gerade kurz zur Mittagspause zu Hause sein wegen Kiwi. Aber vielleicht hatte sie diese auch mitgenommen oder zur Sitterin gebracht und war gar nicht dort.
Ich schnappte mir meine wenigen Sachen, die ich immer dabei hatte und ging zum Auto. Einen Versuch musste es wert sein.
Ich wusste auch noch nicht zu einhundert Prozent, was ich ihr sagen sollte oder wie ich das erklärte, aber ich wusste, dass ich einen der größten Fehler, die man machen konnte, gemacht hatte, dass ich mich entschuldigen musste und ich wusste vor allem, dass ich sie nicht verlieren durfte.
Also stieg ich in mein Auto und fuhr aus der Tiefgarage und zu Lenas Wohnung. Dabei wurde ich immer nervöser. Ich hätte ihr ja gerne Bescheid gesagt, dass ich komme, nur hatte sie mich auf WhatsApp und auf Insta privat blockiert und bekam auf dem anderen Account so viele Nachrichten, dass sie längst nicht alle las. So blieb mir nichts anderes übrig, als unangekündigt bei ihr aufzutauchen.

Ehe ich mich versah, war ich schon bei ihrer Wohnung angekommen, blieb noch kurz im Auto sitzen und atmete tief ein und aus, um meine Nervosität zu reduzieren und um mich zu beruhigen. Was genau ich sagen wollte, wusste ich noch immer nicht, aber ich hatte Hoffnung, dass sich das einfach ergeben würde.
Langsam stieg ich aus und ging zur Haustür. Mir war mulmig zumute, aber ich hatte keine Wahl. Ich drückte auf die Klingel und wartete. Und wartete. Vielleicht war sie doch gar nicht zu Hause.
Doch da hörte ich ihre Stimme durch die Sprechanlage.
„Wer ist denn da?", fragte sie und ich konnte sofort hören, wie sie sich fühlte. Sie hatte geweint. Das hatte ich oft genug miterlebt, um das genau erkennen zu können.
Mit einem Mal war ich total angespannt, jetzt oder nie.
„Leni, hier ist Mark. Können wir reden?"
Ich hörte, wie sie zittrig durchatmete. Sie wollte nicht, dass ich merkte, wie es ihr ging und das versetzte mir einen weiteren Stich tief in die Brust.
„Verpiss dich, da gibts nichts zu reden", antwortete sie so kräftig, wie ihre Stimme das gerade hergab. Es tat weh, das zu hören, aber was hatte ich eigentlich anderes erwartet.
Gerade wollte ich noch was erwidern, doch schien sie mich schon gar nicht mehr zu hören. Scheiße.
Ich klingelte bei ihren Nachbarn, aber da schien keiner zu Hause zu sein. Ich könnte auch warten, bis sie herauskam, um mit Kiwi zu gehen, aber ich wollte mich nicht aufdrängen und sie zwingen, mit mir zu reden schon gar nicht.
Also ging ich widerwillig zurück zu meinem Auto und fuhr schließlich niedergeschlagen zurück nach Hause.

Pov Lena
Es war gerade Mittag und da ich nur heute Morgen kurz im Büro war und auch nicht mehr hinmusste, entschied ich mich dazu, etwas zu kochen, um auf andere Gedanken zu kommen. Ich entschied mich für eine Gemüselasagne und die Ablenkung klappte tatsächlich auch ganz gut.
Zumindest so lange, bis es klingelte und ich Marks Stimme hörte, nachdem ich die Sprechanlage aktiviert hatte.
„Leni, hier ist Mark. Können wir reden?", kam auf meine Frage, wer denn da wäre. Ich schluckte.
Ich wusste, wir mussten reden, aber erstens war es gerade ein denkbar schlechter Zeitpunkt und zweitens fühlte ich mich dazu noch lange nicht bereit.
Meine Gefühle tobten immer noch wie eine Achterbahn, wenn ich an Mark dachte und mein Herz schlug wie wild. Ich atmete tief ein und aus, nur um ihm daraufhin kurz und knapp zu sagen, dass er sich verpissen sollte. Von mir war alles gesagt, was ich sagen wollte und für das, was er zu sagen hatte, war ich noch nicht bereit.
Ich schaltete die Sprechanlage aus, begab mich wieder zurück in die Küche, aber meine Laune war im Keller.
Wie lange würde das gut gehen, dass ich ihn ignorierte? Spätestens bei den Aufzeichnungen musste ich wieder so tun, als wäre alles in Ordnung. Es waren noch elf Tage, bis ich so tun musste, als wäre nie was passiert, als hätte es diese Nacht nie gegeben und als wäre er nicht auf meinen Gefühlen herumgetrampelt.
Ich musste Witze mit ihm machen und flirten, was zwar zur Show gehörte, aber vielleicht doch nicht nur Show war. Es war deutlich komplizierter, wenn man vielleicht doch wirklich für die Person Gefühle hatte, aber diese nicht einordnen konnte.

Nachdem ich mein Essen in den Ofen geschoben hatte, schaute ich eine weitere Folge meiner Serie und kuschelte mit Kiwi.
Meine Laune war so dermaßen gesunken, mitsamt meiner gesamten Motivation, heute noch irgendetwas Produktives zu machen.
Als der Timer klingelt und mir mitteilte, dass mein Essen fertig war, stand ich auf und holte es aus dem Ofen. Ich tat mir eine Portion auf den Teller und wendete mich wieder meiner Serie zu, während ich aß.
Das ging den gesamten Tag so, bis ich abends nochmal kurz mit Kiwi rausmusste. Wir gingen eine kurze Runde durch den Wald und danach fiel ich erschöpft in mein Bett und schlief ein. Gefühle konnten wirklich etwas sehr Anstrengendes sein.

Freitag, 26.4
Am nächsten Morgen, nachdem ich mich fertig gemacht und so weit angezogen hatte, dass ich einkaufen gehen konnte, ohne dass mich jemand erkannte, griff ich nach meinem Handy und einer Einkaufstasche, als mein Handy begann zu klingeln. Ich sah auf das Display und sah, dass Mark mich anrief...

Dieses Licht, Wie Du AussiehstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt