(26) Komisch jetzt vor dir zu stehen

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Donnerstag, 09.05
Pov Mark
Nachdem ich ein paar Dinge eingekauft hatte, machte ich mich auf den Weg zu Lenas Wohnung, weil wir zusammen Mittag essen und den Nachmittag verbringen wollten. Die Vorfreude hatte mich gepackt, da wir nun schon länger keinen Nachmittag mehr zusammen verbracht und uns privat getroffen hatten.
Also stieg ich an ihrer Wohnung angekommen fröhlich aus dem Auto und ging zur Haustür, um zu klingeln. Ich musste kurz warten und bekam schon wieder Angst, dass sie mir wieder nicht aufmachen würde, wofür es allerdings eigentlich keinen Grund mehr geben sollte. Dann öffnete sie mir aber die Tür, sodass ich nach oben gehen konnte. Dort stand ihre Wohnungstür offen, sie war allerdings nicht zu sehen.
„Komm rein!", kam es dann allerdings aus ihrer Wohnung, woraufhin ich schmunzelnd die Wohnung betrat, die Einkaufstüte abstellte und meine Schuhe auszog. Leise schloss ich die Tür hinter mir.
Lena erschien mit einem Handtuch auf dem Kopf im Türrahmen der Badezimmertür und lächelte mich entschuldigend an.
„Sorry, ich war noch schnell duschen und irgendwie wurde die Zeit heute Morgen wieder knapp, weil ich ein wenig verschlafen habe und so wirklich gefrühstückt habe ich auch nicht", sagte sie und musste ebenfalls schmunzeln, während sie das Handtuch von ihrem Kopf nahm und es im Badezimmer aufhängte.

„Ach ist doch alles gut und außerdem kochen wir ja auch gleich. Von daher, alles entspannt", meinte ich nur und griff erneut nach der Einkaufstüte.
Ich sah, dass sie sich unsicher auf die Unterlippe biss, doch wollte ich sie nicht darauf ansprechen. Sie würde schon mit mir reden, wenn sie das wollte.
„Wenn du noch nicht gefrühstückt hast, dann hast du bestimmt Hunger, oder?", lachte ich, als wir in die Küche gingen und meine Einkäufe auspackten. „Wollen wir dann direkt anfangen zu kochen?"
„Ja, bitte! Ich hab wirklich Hunger!", stimmte Lena sofort zu und lachte ebenfalls, aber sie sah auch nachdenklich dabei aus.
Erstmal begannen wir aber dann mit dem Kochen. Ich hatte mir ein relativ schnelles Gericht ausgedacht, von dem ich wusste, dass Lena es gerne aß, und dazu machten wir uns noch einen simplen, klassischen Salat.
Auch beim Essen bemerkte ich, dass Lena etwas beschäftigte.
Sie wirkte nachdenklich und zum Teil schon fast abwesend. Ich war mir aber irgendwie unsicher, ob ich sie darauf ansprechen sollte oder nicht, also ließ ich es erst einmal bleiben.

Nach dem Essen beschlossen wir, uns zwei Fahrräder auszuleihen und ein wenig stadtauswärts in den Wald zu fahren und uns dort einen Platz zum Picknicken zu suchen. Dafür hatte ich uns vorhin beim Einkaufen bereits etwas besorgt.
„Hast du alles? Können wir los?", fragte ich Lena.
„Kleinen Moment noch. Ich hab, glaube ich, alles zusammengepackt, aber ich muss noch kurz auf die Toilette. Dann können wir los", lächelte sie mir zu. Dennoch wirkte sie immer noch verändert.
„Ist eigentlich alles okay bei dir? Du wirkst irgendwie nachdenklich. Du musst natürlich auch nicht mit mir darüber reden, wenn du nicht willst, aber ich bin da, um dir zuzuhören, das weißt du", beschloss ich dann doch zu fragen, aber ließ ihr direkt die Möglichkeit, dass sie mir nichts erzählen musste, wenn sie das nicht wollte.
Sie schien einen Moment schockiert. Wahrscheinlich darüber, dass ich gemerkt hatte, dass etwas nicht stimmte, aber dann wirkte sie nachdenklich und schien nachzudenken, was sie mir erzählen wollte und was nicht und ob sie überhaupt was erzählen wollte.
„Es ist alles in Ordnung, aber ich kann noch nicht darüber reden, es geht einfach nicht. Vielleicht geht es ja schon in ein paar Tagen, aber jetzt noch nicht", sagte sie, drehte sich um und verschwand im Badezimmer.
Hätte ich doch nicht fragen sollen? Hätte ich anders fragen sollen?
Die Gedanken und Fragen fluteten sofort meinen Kopf, aber ändern konnte ich es jetzt sowieso nicht mehr und nun wusste ich immerhin, dass ich mit meiner Vermutung recht gehabt hatte und sie tatsächlich etwas beschäftigte. Nur tat es mir leid, das jetzt angesprochen zu haben, weil sie jetzt tatsächlich aufgelöst wirkte und wahrscheinlich nicht so ganz wusste, wie sie sich nun verhalten sollte.
Das bestätigte sich, als sie das Bad verließ. Man konnte ihr deutlich ansehen, dass sie geweint hatte. Es zerbrach mir fast das Herz, zu wissen, dass sie irgendetwas beschäftigte, sie aber nicht reden wollte. Sie wirkte wirklich ziemlich verzweifelt.
Kaum hatte sie das Bad verlassen, zog ich sie reflexartig in eine Umarmung, wollte für sie da sein und ihr auch zeigen, dass ich immer für sie da war, egal was passierte. Ich würde sie nicht mehr gehen lassen. Ich wollte sie einfach nie wieder als beste Freundin verlieren, komme, was wolle. Das zeigte mir dieser Moment ganz deutlich.
Ich bemerkte, dass Lena in meiner Umarmung erneut anfing zu weinen und strich ihr sanft über den Rücken, versuchte sie zu beruhigen, auch wenn ich nicht wusste, was los war.
„Egal was es ist, alles wird gut", flüsterte ich leise. „Denk dran. Egal was kommt, es wird gut, sowieso", sang ich leise meinen eigenen Text, um sie zu beruhigen. Das schien auch einigermaßen zu klappen, denn kurz darauf befreite sie sich aus meiner Umarmung und sah mich dankbar an. Irgendetwas schien sie wirklich sehr zu belasten. Wenn ich doch nur wüsste, was das war.
Ich wischte ihre Tränen weg und lächelte sie sanft an.
„Danke, irgendwie habe ich das jetzt glaube ich mal gebraucht. Aber wir können jetzt los...", sagte sie, schon wieder ein wenig am lächeln.
„Okay, dann lass uns mal los", sagte ich euphorisch, nahm die Picknicksachen und hielt ihr meinen Arm hin, woraufhin sie sich lachend bei mir einhakte und wir uns auf den Weg machten zum Fahrradverleih.

Sobald wir unsere Fahrräder hatten, fuhren wir auch los.
Es wurde ein echt schöner Nachmittag und man merkte kaum mehr etwas von dem kleinen Zwischenfall vorhin. Wir fuhren erst ein wenig stadtauswärts und dann durch einen Wald, bis wir an einer kleinen Lichtung ankamen, wo es sogar einen kleinen See gab, an dem tatsächlich nicht viel los war und wir unsere vollkommene Ruhe hatten. Das war immer schön, wenn man mal privat was unternehmen konnte und nicht dabei gestört wurde.
Wir picknickten dort und machten uns einen schönen Nachmittag, bevor wir gegen Abend die Fahrräder wieder abgaben und zu Lenas Wohnung gingen.
Wir verabschiedeten uns voneinander mit einer weiteren innigen Umarmung und dem Versprechen, sowas bald zu wiederholen. Erneut versicherte ich ihr auch noch einmal, dass ich immer für sie da sein würde, wenn sie mich brauchte.

Dieses Licht, Wie Du AussiehstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt