(7) Cry all the tears you got inside

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Mittwoch, 24.04
Pov Lena
Ich schluckte schwer.
Normalerweise standen die Coaches schon viel eher fest, aber dieses Jahr hatte es Probleme in der Planung gegeben, sodass ich praktisch gar keine Zeit gehabt hatte, mich darauf einzustellen. Die Dreharbeiten begannen in knapp eineinhalb Wochen. Wie sollte ich bis dahin die letzte Nacht verarbeitet haben und vor allem, das war die noch viel wichtigere Frage: Wie sollte ich bis dahin bereit sein, Mark zu begegnen, geschweige denn ihm in die Augen zu schauen, nachdem er einfach gegangen war? Und wie sollen wir nach außen so tun, als wäre nie etwas passiert? Es stand gerade einfach viel zu viel zwischen uns. So viele Fragen schwirrten in meinem Kopf herum und ich musste diese neue Information im Zusammenhang mit der auch neuen Situation erstmal verarbeiten.
Bella musterte mich eindringlich und sah mich fragend an. Daraufhin sah ich sie ebenfalls fragend an.
„Leni, was ist denn los? So kenne ich dich gar nicht."
Ich antwortete ihr nicht, dabei wusste ich, dass es sie verletzte, weil sie eine meiner besten Freundinnen war und ich trotzdem nicht mit ihr redete.
„Okay Leni, ich glaube, wir brechen das an dieser Stelle erstmal ab", sagte sie und lächelte mir aufmunternd zu. Diese Frau war einfach Gold wert. Sie erkannte, dass es mir nicht gut ging, aber ließ mir den nötigen Freiraum, obwohl ich wusste, dass sie auch ein Stück weit gekränkt war.
„Morgen und übermorgen hast du frei und dann finden bis zu den Aufzeichnungen nur kleine Interviews und sowas statt, aber alles online. Den Rest und den aktuellen Terminkalender schicke ich dir später, dann kannst du es dir in Ruhe angucken."
„Okay, danke Bella", brachte ich noch leicht lächelnd raus, ehe Bella aufstand, mich kurz umarmte und sich dann von allen verabschieden ging.
Nun saß ich erstmal alleine im Aufenthaltsraum und atmete einmal tief durch, um klare Gedanken fassen zu können und die neuen Informationen zu realisieren. Ich musste mal kurz alleine sein, vielleicht mit Kiwi.
Also ging ich zu meinem Team und sagte Bescheid, dass ich kurz eine Runde mit Kiwi ging. Ich nahm meine Jacke und Kiwis Leine und ging los.
Zum Glück lag das Studio direkt an einem Park und wir gingen dorthin. Ich spielte ein wenig mit Kiwi und dachte nach. Mark und ich hatten uns immer gut verstanden. Es wäre mehr als komisch, wenn von uns bei The Voice Kids dieses Mal plötzlich keine Witze und spielerisches flirten mehr kamen. Das gehörte nun mal zur Show, gerade bei Mark und mir. Es würde sofort auffallen, wenn etwas anders wäre. Aber absagen konnte und wollte ich auch nicht. Irgendwie musste ich das hinbekommen. Das konnte doch eigentlich nicht so schwer sein, Mark für ein paar Stunden so zu behandeln, als wäre nie etwas gewesen. Schließlich war er in der Schuld sich zu erklären und ich hatte jeglichen Grund sauer zu sein und nicht umgekehrt. Und außerdem würde er einen Teufel tun, das vor der Kamera anzusprechen, wenn alle dabei sind, also was hatte ich zu befürchten?
Mit dieser Einsicht und meinem neuen Mut, mich der Situation zu stellen, egal was passierte, rief ich Kiwi zu mir und wir gingen zurück Richtung Studio.
Dort angekommen starteten wir dann endlich mit einiger Zeit Verzögerung mit den Proben und ich teilte eine neue Idee für einen Song mit, die mir seit unserem Treffen immer mal wieder in den Sinn gekommen war.

Abends zu Hause angekommen, bestellte ich mir was zu essen. Ich hatte Bock auf Pommes und so entstand heute mein wöchentlicher cheat day. Ich schaltete den Fernseher an, um zu schauen, was heute lief, aber es lief nichts Interessantes, sodass ich mich kurzerhand dazu entschied, meine angefangene Serie auf Netflix weiter zu schauen.
Nach nur einer Folge klingelte es, ich machte die Tür auf und bekam mein Essen. Mit dem Essen und Kiwi zusammen setzte ich mich auf meine Couch und startete die nächste Folge meiner Serie. Normalerweise hasste ich es, wenn Basti auf dem Sofa essen wollte, weil ich es bevorzugte am Tisch zu essen, aber ich hatte heute keine Lust alleine ohne Basti und mit den Gedanken bei Mark am Esstisch zu sitzen. Viel lieber wollte ich mich heute einfach nur mit Serien ablenken und alles andere für den Moment vergessen. So schaute ich noch ein paar Folgen der Serie und aß meine Pommes auf.
Nach ein paar Folgen wurde ich müde. Kiwi war bereits seit einiger Zeit neben mir eingeschlafen.
Ich stand leise auf und sammelte mein Zeug zusammen, um es in die Küche zu bringen. Dort schaute ich kurz auf mein Handy und stellte fest, dass es bereits elf Uhr war und Bella mir tatsächlich meine Termine für nächste Woche gemailt hatte.
Ich bedankte mich schnell und scrollte noch kurz durch Instagram und schaute mir die neusten Beiträge an, auf denen ich markiert wurde.
Gerade wollte ich mein Handy weglegen, da rief Bella mich an. Seufzend nahm ich das Gespräch an, konnte mir schon denken, warum sie anrief.
„Hey Leni", sagte sie sanft, sobald ich das Gespräch angenommen hatte.
„Hey, was ist los? Es ist kurz vor elf", wollte ich wissen und täuschte ein müdes Gähnen vor.
„Wenn ich ehrlich sein soll, komme ich nicht so ganz zur Ruhe. Ich glaube dir nicht, dass alles in Ordnung ist bei dir. Ich kenne dich, Leni, so wie du dich heute verhalten hast, das bist nicht du." Innerlich stöhnte ich auf, konnte sie mich nicht einfach in Ruhe lassen, zumindest für heute?
„Alles ist gut, Bella. Mir geht's prima. Mach dir keine Sorgen", beteuerte ich und hätte mir im gleichen Moment eine dafür klatschen können. Nicht einmal ich selber kaufte mir das ab. Am Ende des Hörers hörte ich Bella seufzen.
„Mensch Lena, ich kenne dich besser als die meisten anderen. Ich merke, wenn es dir nicht gut geht, und ich will dir helfen, aber du lässt mich nicht."
Sie hatte recht, ich wollte niemanden an mich heranlassen. Nicht, nachdem Mark mich so enttäuscht hatte. Es ging einfach nicht. Ich schluckte, musste die Tränen unterdrücken.
„Ich kann nicht... Vielleicht kann ich es dir irgendwann sagen, Bella, aber noch geht das nicht." Selbst das kostete mich einiges an Überwindung.
„Okay, ich will dich ja auch nicht drängen. Ich habe immer ein offenes Ohr für dich, hörst du? Sag mir, wenn ich was für dich tun kann, ok?"
Ich nickte. „Ja, mache ich", fügte ich schnell bei, wollte das Gespräch einfach nur noch beenden.
„Fühl dich gedrückt Leni, gute Nacht", sagte sie noch und ich konnte ihr aufmunterndes Lächeln sogar hören.
„Gute Nacht, Bella" erwiderte ich und legte daraufhin auf.
Jetzt konnte ich meine Tränen nicht mehr länger unterdrücken. Ich ließ den ganzen Frust und die unterdrückte Traurigkeit der letzten Stunden raus und fing an zu weinen.
Kiwi kam zu mir und sprang sanft an meinem Bein hoch, um sich bemerkbar zu machen.
Ich hockte mich zu ihr runter und streichelte ihr über den Kopf. Sie leckte mir sanft über die Hand und kuschelte sich an mich.
Ich nahm sie hoch und ging mit ihr ins Schlafzimmer, wo ich mich mit ihr ins Bett legte. Ausnahmsweise war das ok.
Im Schlafzimmer schlief ich jetzt trotz der Situation mit Basti lieber als im Gästezimmer oder auf der Couch.
Kiwi legte sich neben mich und ich kuschelte mich an sie. Tränenüberströmt und aufgewühlt schlief ich schließlich ein.

Dieses Licht, Wie Du AussiehstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt