(37) Und grade jetzt ist es fast perfekt

403 26 7
                                    

Montag, 03.06
Pov Lena
Tatsächlich vergingen die letzten Tage so schnell, dass Mark und ich gerade mit dem Auto auf dem Weg nach Polen waren. Noch immer wusste ich nicht so recht, was ich von dem Gedanken halten sollte. Irgendwie war mir das unangenehm, da ich seine Familie auch nicht richtig kannte. Ich hatte Angst, dass sie mich verurteilen. Dass sie mich anders wahrnehmen, als ich bin. Mark hat mir zwar tausende mal versichert, dass seine Familie sich schon freuen wird, obwohl sie wahrscheinlich erst überrascht sein werden, aber ich schätze mal dieses Gefühl der Nervosität ist erst weg, wenn sie es wissen. Ich starrte aus dem Fenster. Die Landschaft zog an mir vorbei. Ich, in Gedanken versunken.
Erst Marks „Alles gut?" riss mich aus meinen Gedanken.
„Mhm", war das einzige, was ich antworten konnte, da ich ihn nicht schon wieder mit meinen Sorgen nerven wollte.
„Leni...", seufzte Mark, „glaub mir, alles wird gut, entspann dich."
„Ich geb mir Mühe", sagte ich mit einem leichten Lächeln und versuchte mich dann etwas abzulenken mit den Magazinen, die ich von meiner Frauenärztin bekommen hatte. Bevor wir heute Mittag losgefahren sind war ich dort und hatte meine erste Vorsorgeuntersuchung und den ersten Ultraschall, wo Mark dann auch dabei war.

Rückblick zum morgen
Kurz nach dem ich aufgestanden war machte ich mich schon auf dem Weg zu meiner Frauenärztin. Es war kurz nach zehn als Mark mich abholte, da er gerne mitkommen wollte. Anschließend würden wir uns auf dem Weg nach Polen machen, unser Gepäck hatten wir also schon dabei.
In der Praxis angekommen hatte ich nach relativ kurzer Wartezeit zuerst meine erste Vorsorgeuntersuchung, bei der mein Blutdruck gemessen und mein Gewicht notiert wurde. Eigentlich hätte ich auch noch eine Blutprobe abgeben müssen, aber das hatte ich ja bereits getan. Nachdem noch ein paar weitere Proben genommen wurden, wurde ich über verschiedene Dinge aufgeklärt, wie eine mögliche Schwangerschaftsdiabetes. Dann wurde mir noch erklärt, was ich essen, beziehungsweise trinken darf und was nicht, bevor der erste Ultraschall anstand. Dazu kam dann Mark mit hinein. Sobald man auf dem Monitor etwas sehen konnte und die Ärztin uns erklärte, wo genau man unser Baby erkennen konnte, da es noch sehr klein ist und kaum etwas zu erkennen ist, stiegen uns beiden die Tränen in die Augen. Als die Ärztin dann noch sagte „soweit scheint alles in Ordnung zu sein", war ich irgendwie einfach nur noch glücklich. Auch Mark konnte man ansehen, wie doll es ihn erfreute. Dr.Linnmann gab uns dann noch das Ultraschallbild und danach bekam ich dann auch schon meinen Mutterpass und ein paar Werbe-/Informationshefte, welche uns über die Schwangerschaft informieren sollten.
Sobald wir die Praxis verließen zog Mark mich seitlich in seine Arme. Ich schlang meine Arme richtig um ihn und er küsste sanft meinen Scheitel. Als wir uns lösten sah ich, wie sich eine Träne aus seinem Auge löste. Ich musste lächeln und nun musste ich auch weinen. Nun kannte ich Mark schon so lange, aber hatte ihn noch nie wirklich weinen sehen. Das gab mir Sicherheit, dass er wirklich immer für mich und unser Baby da sein wird.
„Danke", sagte ich, worauf hin Mark mich fragend ansah. „Wofür?", fragte er schmunzeln, aber verwundert. „Für alles, aber vor allem auch dafür, dass du heute mitgekommen bist."
„Klar komme ich mit. Ich will doch auch unser kleines etwas sehen", antwortete er schmunzelnd und stupste mir dabei auf die Nase. Ich umarmte ihn noch einmal, bevor wir zum Auto gingen.

Und da sind wir jetzt. Im Auto auf dem Weg nach Polen zu Marks Familie, um ihnen zu erzählen, dass ich schwanger war und Mark Vater werden würde. Und das bei dem jährlichen Familientreffen seiner Familie. Ich hoffte wirklich, dass dies nicht in einer Katastrophe endete. Warum musste auch alles immer so kompliziert sein?
Nach etwa drei einhalb Stunden Autofahrt verließ Mark die Autobahn, um Natalie abzuholen, welche gerade bei deren Tante väterlicherseits war. In Posen, am Haus der Tante angekommen, stiegen wir aus und klingelten. Als Natalie die Tür öffnete war sie bereits voll bepackt mit ihrem Gepäck. Dies ließ sie allerdings fallen und sprang in Marks Arme. Ich musste lächeln, als ich die beiden so sah. Wie oft ich mir wünschte, auch Geschwister zu haben, die mich mein Leben lang kennen, unterstützen und immer für mich da sind. Die Beiden hatten echt eine enge Bindung und Natalie war einige der wenigen, denen Mark voll und ganz vertraute. Nachdem die beiden dann mal voneinander abgelassen hatte, kam Natalie schnell zu mir und umarmte mich. „Alles gute! Ich hab mich so gefreut, als ich davon erfahren habe, dass ihr Eltern werdet. Auch wenn es natürlich überraschend kam und damit natürlich keiner gerechnet hat. Ich freue mich und...", sprach Natalie darauf los, bis sie von Mark unterbrochen wurde, der meinen etwas überforderten Blick wahrnahm. „Natalie", lachte Mark, „ich glaube sie hat es verstanden." „Alles gut", sagte ich, „sie wird ja auch Tante." „Und ich freue mich so unglaublich darüber", ergänzte Natalie voller Vorfreude. „Ich hoffe nur, dass der Rest eurer Familie das auch tut", sagte ich leise, eher zu mir selbst, als wir ins Auto stiegen. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass einer der Beiden das gehört hatte, aber falsch gedacht. „Was?", fragte Natalie. „Leni hat Angst, dass unsere Familie nicht gut darauf reagiert und sie sie dafür verurteilen", erklärte Mark, was mich seufzen ließ. Ich hatte echt keine Lust darauf, dieses Thema schon wieder zu besprechen. „Das glaubst du nicht ernsthaft Lena. Dann müssten sie Mark genauso verurteilen. Ihr habt beide gleich zu dieser Situation beigetragen", meinte Natalie. Vielleicht tun sie das ja auch, dachte ich, aber sprach es nicht aus. Ich starrte aus dem Fenster der Beifahrerseite. Natalie hatte Recht, aber Mark gehörte zur Familie, er ist ein festes Mitglied der Familie. Seine Mutter könnte schlecht ihren eigenen Sohn hassen. Aber mich, mich kannten sie alle doch gar nicht. Außer Natalie, der war ich schon ein paar mal begegnet und wir hatten uns auch immer gut verstanden und auch ihre Reaktion jetzt zeigte mir, dass sie ein gutes Herz hatte und sie mich auch irgendwie mögen musste. Das gab mir ein wenig Hoffnung, dass seine Familie ähnlich war. Diese verdammten Selbstzweifel. Verstärkt durch die Hormone der Schwangerschaft bringen die mich noch um, wenn das die nächsten Monaten so bleibt.

Dieses Licht, Wie Du AussiehstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt