(69) He thinks she has to be the one

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Samstag, 21.07
Pov Mark
Vor elf Tagen habe ich das letzte Mal was von Lena gehört. Ich wusste nicht wie es ihr ging und was in ihren Gedanken vor sich ging. Das einzige, was ich hatte, war Natalies Einschätzung und demnach ihre Aussage, dass sie mich irgendwie vermisste. Doch Natalies Besuch lag mittlerweile auch schon eine Woche zurück und in dieser Zeit konnte viel passiert sein. Selbst, wenn sie mich nicht vermisste, tat ich das. Nahezu in jeder Sekunde musste ich an sie denken. In jeder Situation fragte ich mich, wie sie jetzt wohl handeln würde oder was sie dazu sagen würde. Das war nicht geradezu förderlich, schließlich hatte ich auch noch einen Job.
Nitti und Ralf hatten es mittlerweile beinahe aufgegeben, mich zu fragen, ob alles in Ordnung war, wenn ich mal wieder abwesend im Studio saß und in Tagträume verfiel. Es war offensichtlich, dass nicht alles ok war, auch wenn ich ihnen versicherte, dass es das war. Sie waren meine engsten Mitarbeiter und sehr gute Freunde, aber ich hatte es noch immer nicht geschafft, ihnen mitzuteilen, dass Miriam und ich uns getrennt haben. Und das, obwohl es schon im Januar war. Wie sollte ich ihnen dann den Rest erklären?
„Mark?", riss Nitti mich erneut aus meinen Gedanken, sodass ich aufschreckte. „Mhm?", fragte ich, hatte wie so oft in letzter Zeit, nicht mitbekommen, was er gesagt hatte. „Willst du uns nicht mal langsam erzählen, was bei dir los ist und warum du so drauf bist? Wie sollen wir ehrlich vernünftig Musik machen können, wenn du uns nicht an dich heranlässt?", stellte er eine berechtigte Frage mit der Bitte, die ich schon so oft gehört hatte. Ich sollte mich öffnen und erzählen. Eigentlich war auch nichts dabei, aber das war schon immer eine meiner Schwächen. Natalie war die einzige, gegenüber der ich offen sein konnte.
Ich wusste, dass ich ihnen irgendwann erzählen musste, dass ich mich Anfang des Jahres getrennt habe, also warum nicht jetzt?
„Miriam und ich haben uns getrennt", gab ich also zu. „Aber das ist nicht der Grund für meine gedankliche Abwesenheit. Darüber will ich noch nicht reden", fügte ich schnell noch hinzu und hatte also den ersten Schritt in die richtige Richtung getan.
Überrascht sah Ralf mich an. „Schon vor längerer Zeit oder jetzt frisch erst?", fragte Nitti, mit welchem ich noch deutlich enger befreundet war, deutlich gefasster. „Im Januar schon", gab ich beschämt zurück, konnte mir bis heute nicht erklären, was mich ständig davon abhielt, meinem Umfeld sowas zu erzählen. Das ging schon mein Leben lang so.
Nitti seufzte. „Um ehrlich zu sein, hab ich mir sowas schon fast gedacht", sagte Nitti, weshalb nun ich derjenige war, der überrascht reagierte. „Früher ist sie öfter auch mal hier vorbeigekommen, hat was vorbeigebracht oder am Wochenende bei Proben zugesehen. Das wurde immer weniger im letzten Jahr und wenn ich die letzten Monate mal kurz bei dir war, war sie auch nie da", erklärte Nitti sich. Ich nickte. Das ergab schon Sinn.
Schließlich seufzte ich. „Da ihr jetzt sowieso darüber Bescheid wisst, also ich hab einen Song geschrieben. Der ist nicht fertig, aber ich glaube schon auf einem guten Stand", brachte ich nun Wie früher mal dich ins Spiel. Relativ schnell nach der Trennung hatte ich zu Hause versucht, meine Gefühle zu sortieren und meine Gedanken in einen Song zu verpacken. Der Text stand auch eigentlich, aber ich war mit der Melodie noch nicht zufrieden und zu Hause hatte mir das Equipment gefehlt, um Verschiedenes auszuprobieren. Da wir jetzt aber hier sowieso nur herumsaßen und wegen meiner Gedanken an Lena, die ich noch nicht teilen wollte, nichts zustande bekamen, war das vielleicht ein passender Moment, um diesen Song vorzustellen und an ihm zu arbeiten.
„Willst du ihn uns zeigen?", fragte nun auch Ralf und ich nickte. Also holte ich meinen Laptop hervor, auf welchem ich die vorläufige Version gespeichert hatte und begann diese vorzuspielen.
Wenn ich wach bleib', denk' ich nich' an dich
Doch ich träum' davon
Wen so zu lieben wie früher mal dich
So wie früher mal dich
Mein Text mit meiner eigenen Stimme schallte in meinen Kopf. Das Lied traf mich jedes Mal aufs neu und es war ohne Zweifel eins der persönlichsten Lieder, die ich je geschrieben habe. Die Öffentlichkeit wüsste offiziell ja noch nicht mal, dass ich überhaupt in einer Beziehung gewesen bin. Doch mein eigener Wunsch, den ich noch vor ein paar Wochen als so unerreichbar angesehen habe, schien plötzlich vielleicht gar nicht mehr so weit entfernt zu sein, wie ich dachte. Da war nun Lena in meinem Leben, die ein Teil von mir in sich trug. Dass ich mich verliebt hatte, war mir mittlerweile mehr als bewusst und wenn ich Glück hatte, kam Lena zu einem ähnlichen Entschluss, wenn sie so weit war. Und vielleicht kann das Ganze mal so groß werden wie mit Miriam vor ein paar Jahren. Und vielleicht auch noch viel größer.
Als die Melodie abklang, merkte ich, dass meine Gedanken schon wieder zu Lena gewandert waren, aber jetzt machte mir das nichts aus. Ich konnte es sowieso nicht ändern, also war das schon in Ordnung.
Nachdem Ralf und Nitti ihre Meinung geteilt haben, begannen wir dann tatsächlich ihre Ideen für eine Änderung und Anpassung der Melodie, umzusetzen.
Relativ spät am Abend verließ ich demnach das Studio mit einem guten Gefühl. Ich konnte es selber noch nicht glauben, aber wir hatten es wirklich geschafft, den Song zu beenden. Die Melodie war perfekt. Sie passte zum Text, zur Stimmung und strahlte diese gewisse Hoffnung aus, die mir so wichtig war.
Das erste Mal seit Stunden warf ich erleichtert einen Blick auf mein Handy und sah zu meiner Überraschung eine Nachricht von einer ganz bestimmten Person, welche mir seit Tagen schon nicht mehr aus dem Kopf ging. Die Nachricht war von Lena.
„Hast du morgen was vor? Oder hast du Zeit zum Reden? Ich bin morgen ab dem Nachmittag zu Hause. Melde dich doch einfach, ob und wann es bei dir passt", schrieb sie und hatte einen lächelnden Emoji angehängt. All das gab mir heute einfach ein super gutes Gefühl. Ich antwortete ihr schnell und somit war klar, dass ich dann wohl morgen endlich Antworten auf die Fragen bekam, die mich nun schon seit fast zwei Wochen beschäftigten.

Dieses Licht, Wie Du AussiehstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt