(49) Auch wenn wir′s während es passiert nicht checken

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Donnerstag, 06.06
Pov Lena
Inzwischen war es kurz nach dem Mittagessen und die anderen waren bereits unterwegs ins Theater, in eine Stadt, dessen Namen ich mir beim besten Willen nicht merken konnte. Also blieben Mark und ich alleine zurück und hatten den Tag für uns alleine, da die anderen nicht vor halb elf wieder da sein würden, weil das Stück am Abend aufgeführt werden sollte. „Irgendwelche Wünsche, was wir jetzt machen?", fragte Mark mich, nachdem er die anderen bis zur Tür begleitet hatte. „Nicht so wirklich. Aber ich glaube ein entspannter Spaziergang würde mir ganz guttun", erwiderte ich, auf dem Sofa sitzend. Daraufhin streckte Mark mir seine Hand entgegen. „Na dann, komm", sagte er lachend und zog mich hoch, was mir ebenfalls ein Lachen entlockte. Gerade war es, als hätte es den Kuss gestern nie gegeben. Als wären wir einfach nur beste Freunde. Aber in Wahrheit füllte sich mein Bauch mit Schmetterlingen, sobald ich an das Gefühl seiner Lippen auf meinen dachte. Aber das hier war ein Nachmittag unter Freunden und ich musste mich verdammt nochmal zusammenreißen. „Wohin darf ich die Lady denn entführen?", fragte Mark und ich begann, wie eigentlich schon immer, sofort mitzuspielen. „Was kann der Herr den empfehlen?" Wir verhielten uns unbeschwert und frei, was eigentlich nicht zu der Situation zwischen uns passte. Wir verdrängten, was passiert ist, weil ich das so wollte, aber eigentlich wollte ich das nicht. Es war widersprüchlich. „Also, es gibt da so einige empfehlenswerte Orte...", begann Mark, jedoch unterbrach ich ihn. „Führ mich irgendwohin, wo es dir gefällt. Du kennst dich hier sowieso viel besser aus als ich", sagte ich lachend und mit der festen Überzeugung, dass der Ort mir gefallen wird. „Okay, dann lass dich überraschen", zwinkerte Mark mir zu. Ich liebte es, wenn wir so kindlich und albern waren.
„Wir gehen in den Solankowy Park. Der ist echt schön zum Spazieren und weitläufig, ich glaube so an die 80 Hektar groß", erklärte Mark mir auf dem Weg dorthin. Ich muss zugeben, ich war schon überrascht, dass es in diesem doch recht kleinen Ort einen so großen Park gab. Wir mussten laut ihm ungefähr zwei Kilometer laufen, waren aber schon zwanzig Minuten unterwegs und müssten somit laut meiner Rechnung fast da sein. Mir fiel es zunehmend schwerer, den Blick von Mark zu nehmen, welcher einen exzellenten Job als Stadtführer machte. Der Park war genau so, wie Mark ihn mir auf dem Weg beschrieben und so, wie ich ihn mir aus den Erzählungen vorgestellt hatte. Überall waren bunte Blumen, die ein fröhliches Sommergefühl versprühten, das jeder Besucher aufzunehmen schien. Alle, denen wir begegneten, schienen glücklich und zufrieden, einschließlich uns selbst. Wir schlenderten durch den Park und ich musste einfach, beeindruckt von der Vielfalt der Blumen, das ein oder andere Foto schießen. Mark betrachtete mich lächelnd. Er war schon ein Stück vorgegangen und so konnte ich es mir nicht nehmen lassen, die Handykamera auf ihn zu richten und grinsend ein Foto zu machen. Mark verdrehte die Augen. Ich kannte das schon, dass er es nicht sonderlich mochte, spontan fotografiert zu werden. Ich streckte ihm, weiterhin grinsend, die Zunge raus und steckte mein Handy zurück in die kleine Tasche, die ich mitgenommen hatte.
Irgendwann machten wir uns dann aber auch auf den Rückweg. Dieser Spaziergang hatte gut getan. Mark hatte mich abgelenkt und ich konnte für eine Zeit lang alles vergessen. Auf dem Rückweg liefen wir recht still nebeneinander her, unterhielten uns ab und zu und genossen ansonsten die Ruhe, die die kleine Stadt vermittelte. „Irgendwie habe ich Hunger", stöhnte ich irgendwann auf, da dieses plötzliche Hungergefühl echt nerven konnte. „Dann will ich meine beiden Liebsten mal nicht verhungern lassen", lachte Mark. Wir kamen in der Innenstadt an einem kleinen Imbiss vorbei und nahmen uns chinesische Nudeln to go mit, sodass wir diese auf dem Weg essen konnten. Das war auch echt dringend notwendig.
„Ich glaube ich gehe wirklich gleich baden", sagte ich zu Mark, nachdem wir wieder im Haus seiner Familie angekommen waren. „Mach das", erwiderte Mark lächelnd und setzte sich ans Klavier. „Na, hat der Herr eine Idee?" Mark nickte bescheiden. Immer, wenn er eine Idee hatte, musste er diese sofort ausprobieren und versuchen, mit ihr zu arbeiten. Das war ein Ding von vielen, die ich an ihm so toll fand. „Die Zeit alleine muss ja genutzt werden", sagte er zwinkernd. „Spielst du mir später mal wieder was Neues vor?", fragte ich Mark mit einem bittenden Blick. Früher hatte er das recht oft gemacht, um mich nach meiner Meinung zu fragen. Er verstand meinen Hintergedanken. „Mal schauen, vielleicht", lächelte er und ich nickte, ehe ich mich umdrehte und durch den Flur zur Treppe ging, um ins Bad zu gelangen.
Marks Mutter hatte mir wirklich Badesalz in einem kleinen Glas hingestellt. Wie konnte eine gesamte Familie nur so herzlich sein zu mir? Ich öffnete den Tiegel und es war absolut himmlisch. Es roch frisch und der rosige Duft war total angenehm. Nachdem ich das Wasser eingelassen hatte, bemerkte ich, dass ich mein Shampoo vergessen hatte. Ich seufzte und wickelte mir ein Handtuch um, um es zu holen. Meine Kleidung nahm ich direkt mit ins Zimmer, weil ich stattdessen gleich einfach nur noch bequeme Kleidung anziehen wollte. Ich griff in meinen Koffer und fand mein Shampoo nach kurzen Suchen, sodass ich dann endlich baden gehen konnte. Auf dem Weg zurück ins Badezimmer hörte ich Marks Klaviermelodien, welche mich sanft lächeln ließen.
Das Wasser war angenehm warm und die Luft im Raum hatte den rosigen Duft des Badesalzes angenommen. Ich atmete tief ein und aus und begann, mich zu entspannen. Nach kurzer Zeit bemerkte ich tatsächlich auch schon eine Veränderung. Das leichte Ziehen im Unterleib, das mich seit heute Morgen zusätzlich begleitet hatte, verschwand und auch die Übelkeit war seit dem Spaziergang längst verschwunden. Ich konnte mich endlich mal wieder vollständig entspannen. So kam es auch, dass ich die Badewanne nach ungefähr zwanzig Minuten tiefenentspannt verließ und mich abtrocknete. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich vorhin, nach dem Suchen meines Shampoos, vergessen hatte, mir bequeme, neue Kleidung mitzunehmen. Innerlich stöhnte ich auf. Nicht, weil es schlimm fand, dass ich mich nicht direkt anziehen konnte, sondern, weil ich wirklich vergesslich wurde und mich das jetzt schon nervte. Also wickelte ich mir erneut mein Handtuch um und verließ das Badezimmer. Ich hatte mich schon gewundert, dass es so ruhig war und keine Klaviermelodien und Akkorde mehr zu hören waren, doch die Antwort fand ich, sobald ich das Zimmer betrat.

Ich war eine Woche lang übermotiviert und habe drei Kapitel vorgeschrieben. Deshalb kommt das Kapitel hier jetzt schon etwas eher als im Zwei-Wochen-Abstand. Ich hoffe, es gefällt euch😚
Btw, das nächste Kapitel ist einfach Kapitel 50😳

Dieses Licht, Wie Du AussiehstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt