Rosa
Die Tage ziehen nur so an mir vorbei. Immer wieder fühle ich mich schlapp und schlafe. Ich schlafe oft den halben Tag und liege dann nachts wach und grübel. Kann es wirklich sein, dass Hugo und ich... Nein... Niemals. Er hat mich mehrfach besucht, jedoch immer nur kurz. Berührt hat er mich dabei nicht. Nicht, dass ich mich beschwere. Aber sollte er mich nicht wenigstens zur Begrüßung und zum Abschied küssen oder zumindest in den Arm nehmen? Vielleicht will er mich auch nur schonen. Aber, die Hand halten oder irgendetwas wäre doch normal.
Alvero habe ich das letzte Mal gesehen, als ich aus dem Koma aufgewacht bin. Papa meint, er wäre ein paar Tage geschäftlich unterwegs. Aber, das hat er noch nie alleine gemacht. Mama bringt mir das Essen, erzählt mir von ihrem Tag und all möglichen Klatsch und Tratsch Geschichten aus dem Ort. Auf meine eigentlichen Fragen, wie genau ich mit Hugo zusammen gekommen bin, antwortet sie nie.
Es ist langsam zum Mäusemelken. Ich fühle mich total isoliert. Ich will in die Sonne oder den Sonnenaufgang sehen. Irgendwas anderes als diese beschissenen Wände. Wütend schmeiße ich eine dieser blöden Klatsch Zeitschriften, die Mama mir immer mitbringt, an die Wand.
Jeden Abend nach dem Essen kommt Papa zu mir. Es ist immer der gleiche Ablauf. Wie geht es dir? Kannst du dich erinnern? Brauchst du was? Es kotzt mich an. Heute explodiere ich. "Ob ich was brauche? Meine Freiheit wäre ganz schön." Motze ich ihn an. Er zieht seine Stirn in Falten. Das macht er immer, wenn er ärgerlich ist. Er mag es nicht, wenn wir mit ihm so sprechen. "Du musst dich noch schonen. Nächste Woche kommt der Arzt zur Kontrolle, dann fragen wir ihn, ob du raus darfst." Wimmelt er mich ab. "Nächste Woche?" Wiederhole ich seine Worte. "Mein letztes Wort." Erklärt er und sieht mich streng an. Dann wird sein Blick weicher. "Weißt du was, ich gebe Hugo morgen frei, dann könnt ihr den Tag zusammen verbringen." Erklärt er großzügig. "Oh wie wundervoll." Sage ich sarkastisch. Entweder hat er es nicht verstanden oder er überhört es gekonnt.
Wütend drehe ich meinen Kopf zur Seite. Er versteht zumindest das und verschwindet. Eine Pflegerin kommt zum Waschen und umziehen. Doch sie darf oder will nicht mit mir reden. Langsam komme ich mir echt wie eine Gefangene vor.
In der Nacht habe ich komische Träume. Ich träume von einem mir unbekannten Typen. Er sieht mich mit seinen schokolängenbraune Augen intensiv an. Dann sehe ich einen Oberkörper voller Tattoos. Geschockt wache ich auf. Mein Herz rast wie verrückt und mein Unterleib pocht. Scheiße. War das ein Sextraum? Der letzte Sex ist schon lange her... glaube ich zumindest. Hatte ich Sex mit Hugo? Hilfe. Bitte nicht. Noch völlig verwirrt schlafe ich wieder ein. Leider träume ich nicht weiter von dem sexy Unbekannten.
Durch ein Klopfen werde ich aus dem Schlaf gerissen. Verwundert sehe ich auf die Uhr. Nicht mal die Pflegerin war da, um mich für den Tag fertig zu machen. Die Tür öffnet sich und Hugo kommt herein. Er schaut mich zögerlich an. "Guten Morgen. Habe ich dich geweckt?" Fragt er verlegen. "Ja. Aber kein Problem, ich habe im Moment eh einen anderen Schlafrhythmus." Erwidere ich und zwinge mich zu einem Lächeln. Er erwidert das Lächeln und läuft kurz wieder in den Flur. Dann kommt er mit einem Servierwagen zurück. Darauf befindet sich ein Fernseher und darunter ein DVD Player. Entgeistert schaue ich ihn an. "Ich habe mit dem Arzt gesprochen, er hat erlaubt, dass du einen Film schauen darfst. Aber nur einen, weil das flackern sonst zu anstrengend wird. Anschließend können wir was spielen oder ich lese dir was vor. Mein Blick geht jetzt ins unterste Fach. Dort sind etliche Spiele und Bücher gestapelt. Na toll, wenn wir das alles durcharbeiten, ist er ja Wochen hier. Umständlich schließt der den Fernseher an und sieht sich dann im Raum um. Dann zieht er sich einen Stuhl heran und nimmt neben meinem Bett Platz. Der Film startet. Es ist *The Fast and the Furious* meine absolute Lieblingsreihe. Immerhin weiß er das. "Ich habe gedacht, wir können jeden Tag einen Film aus der Reihe schauen. Es sind meine Lieblingsfilme. Kennst du sie?" Fragt er dann tatsächlich und mein Unterkiefer fällt gedanklich nach unten. Wieder ein Zeichen dafür, dass wir nicht zusammen sind. Er wüsste es doch sonst. "Schon mal gesehen, aber lange her." Lüge ich.
Zum Glück ist er während des Films ruhig, sodass ich den Film genießen kann. Bei den Rennszenen blitzen immer wieder Bilder in meinem Kopf auf. Ein schwarzer Maserati, der vor mir fährt. Komisch, ich kenne niemanden mit so einem teuren Auto. Etwa bei der Hälfte des Films kommt die Pflegerin zum Waschen und Anziehen herein. Hugo wartet kurz draußen, bis alles erledigt ist. Dann schauen wir weiter. Wieder blitzen Bilder auf. Ein Industriegelände glaube ich. Als der Film endet, wende ich mich an Hugo. "Sag mal, wie ist unser Autounfall eigentlich passiert?" Frage ich vorsichtig. Hugo wirkt nervös. "Ich hab ja schon erzählt. Es war meine Schuld.. ich war zu schnell..." Erklärt er und hofft, dass ich mich mit der Antwort zufrieden gebe. Aber ich schaue ihn auffordernd an. Er schnaubt, redet dann aber weiter. "Wir sind in der Kurve von der Straße abgekommen und haben uns überschlagen." Schildert er das Geschehene, doch seine Augen huschen nervös im Raum hin und her. Ich versuche noch mehr Informationen zu bekommen, aber er ignoriert es und beginnt ein Kartenspiel auszuteilen. Immer wieder beobachte ich ihn. Man könnte das Gefühl haben, er will genauso wenig hier bei mir sein, wie ich bei ihm.
Nach dem Mittagessen täusche ich vor, müde zu sein. Fast schon erleichtert verlässt Hugo das Zimmer. Verdammt. Wenn wenigstens Alvero kommen würde. Er ist der Einzige, der mich nicht anlügen würde. Meine beiden anderen Brüder und Mama stehen voll unter dem Einfluss von Papa. Ich bin mir tausendprozentig sicher, dass hier irgendetwas nicht stimmt. Aber ich werde es schon rausfinden. Ich kann ja nicht ewig hier in dem Zimmer eingesperrt werden. Spätestens nächste Woche will ich wieder nach draußen und unter Leute. Hier drin drehe ich noch durch.
Dann überkommt mich doch die Müdigkeit. Wieder blitzen diese Bilder in meinem Kopf auf. Das schwarze Auto, das Gelände und diese grellen Rücklichter. Was hat das bloß zu bedeuten?
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Hola y adios bebe - Hallo und Tschüss, Baby!
RomanceMario ist mit seinem Leben als Fahrer des italienischen Padre, Enzo Mancini, zufrieden. Er liebt Autos, Aktion und Frauen. Doch aus heiterem Himmel kommt Rosa in sein Leben. Die quirlige Tochter des mexikanischen Kartellboss. Kann das gut gehen? Ode...