Teil 70

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Mario

Wutentbrannt rase ich mit einem Affenzahn durch die Stadt. "So eine scheiße!" Brülle ich und schlage auf das Lenkrad. Ich fahre immer weiter und irgendwann stehe ich auf dem Parkplatz zur Bucht. Da wo Matteo gestorben ist. Was er zu dem ganzen Chaos sagen würde? Ich weiß, er mochte Rosa auch sehr. Es hätte ihm genauso das Herz raus gerissen, wenn er sie so gesehen hätte.

In meinen Gedanken versunken laufe ich zum Stand. Erst viel zu spät nehme ich eine Person im Sand wahr. Es ist schon fast dunkel und ziemlich frisch heute Abend. Wer zum Teufel sitzt hier? Als ich näher heran gehe, erkenne ich Matteo's Schwester, Lilli. "Hey, nicht erschrecken." Mache ich mich bemerkbar. Natürlich zuckt sie trotzdem zusammen. "Oh hey. Was machst du denn hier?" Fragt sie und wischt sich die Tränen weg. "Ich weiß nicht. Bin ewig durch die Stadt gefahren und wollte den Kopf frei bekommen. Dann stand ich plötzlich auf dem Parkplatz." Erkläre ich achselzuckend und deute mit der Hand Richtung Parkplatz. Sie nickt nur kurz. "Magst du dich zu mir setzen?" Fragt sie schüchtern. Ich setze mich säufzend zu ihr. "Scheiß Tag?" Fragt sie. "Scheiß Leben." Antworte ich genervt. Vielleicht ein bisschen übertrieben, aber was soll's. "Ich fühle mich Matteo hier näher. Ich vermisse ihn sehr." Sagt sie plötzlich in die Stille. "Er fehlt mir auch." Flüstere ich eher zu mir selbst.

So sitzen wir eine zeitlang im Sand, bis es wirklich zu kalt wird. "Arschkalt. Auf dem Parkplatz stand kein Auto. Wie bist du hier hin gekommen? Soll ich dich noch Hause bringen?" Biete ich ihr an. "Ich bin mit dem Bus gefahren. Der letzte ist jetzt wohl weg. Daher nehme ich dein Angebot gerne an." Lächelt sie schüchtern. Endlich mal eine Frau, die sich helfen lässt.

An ihrer Wohnung angekommen lädt sie mich noch auf einen Drink ein. Da ich eh keinen Drang habe, nach Hause zu fahren, sage ich zu. Wir setzen uns aufs Sofa und sie holt eine Flasche Wodka. "Woh, das ganz harte Zeug." Grinse ich und kippe den ersten Shot hinunter. Lilli tut es mir gleich und so werden aus einem noch viele mehr. Ziemlich voll sitzen wir jetzt nebeneinander und sinnieren über das Leben und die Liebe. Lilli hat anscheinend eine harte Trennung hinter sich. Dann noch der Tod von ihrem Bruder. Läuft anscheinend gerade auch ziemlich scheiße bei ihr. Während ich ihr dann mein Herz bezüglich Rosa ausschütte, bekommt sie große Augen. "Verdammt. Das tut mir mega leid." Sagt sie und drückt mich feste an sich. So sitzen wir noch eine Ewigkeit da und jammern und heulen um die Wette. Scheiß Alkohol.

Irgendwann müssen wir wohl eingeschlafen sein. Denn als ich aufwache, liege ich auf dem Sofa und Lilli in meinem Arm. Erschrocken fahre ich hoch. Was ist aber direkt bereue, denn mein Schädel hämmert. "Scheiß Alk." Fluche ich, was Lilli weckt. Auch sie sieht so aus, wie ich mich fühle. "Kaffee... Ich brauche Kaffee." Brüllt sie. Verdammt ist die laut. Sofort springe ich auf und starte ihren Vollautomaten. Selbst das mahlen der Kaffeebohnen ist schon zu laut. Mit zwei Kaffee bewaffnet, quäle ich mich zurück zum Sofa. "Scheuchst du immer deine Gäste herum?" Witzel ich. "Ne... Nur dich." Kontert sie. Nachdem wir beide einen Kaffee und Schmerztabletten intus haben, geht es einigermaßen wieder. Als ich mich verabschieden will, wird Lilli ermst. "Hör zu. Ich kann mir nicht ansatzweise vorstellen, wie es deiner Rosa geht, aber bitte bleib am Ball. Lass dich nicht unterkriegen. Ich denke so viel Mist, den ihr erlebt habt, gehört ihr einfach zusammen. Gib ihr Zeit und zeig ihr jeden Tag wie sehr du sie liebst. Matteo soll sich nicht umsonst geopfert haben." Spricht sie mir Mut zu und beim letzten Satz muss ich echt eine Träne verdrücken. Sie hat Recht. Matteo ist für Rosa gestorben. Sie sollte leben. Ich nehme sie fest in den Arm. "Und du musst einfach weiter nach Mr. Right suchen. Ein Kerl, der dich abserviert, hat dich nicht verdient." Wispere ich ihr zu.

Müde und mit schweren Knochen schleppe ich mich zum Auto und fahre nach Hause. *Zeige ihr jeden Tag, dass du sie liebst...* Schwirrt mir Lilli's Satz im Kopf rum. Aber wie? Rosa ist glaube ich nicht so der mega romantische Typ. Aber ein paar Blumen können doch nicht schaden. Also mache ich einen Abstecher zum Blumenladen.

Tja, und da stehe ich jetzt. So viele Blumen. Woher soll ich denn wissen, was für Blumen Rosa mag. Die ältere Frau hinter der Kasse hat anscheinend Erbarmen mit mir. "Wie wäre es mit einem gemischten Strauß. Was für ein Typ ist denn ihre Freundin?" Fragt die Verkäuferin. Ich plustere meine Wangen auf und überlege. "Sie mag Autos und Actionfilme... Und hat ein super freches Mundwerk." Platzt es aus mir heraus. Keine Ahnung ob das wirklich hilfreich ist. Die Blumentante lächelt wissentlich. "Ok. Dann wohl nicht so der romantische Typ. Wie wäre es also dann mit einem natürlichen Strauß aus Alstromerien, Nelken, Chrysanthemen, Lepidium und Rosen?" Schlägt sie vor. Ich verstehe nur Bahnhof, aber da die Frau wahrscheinlich Ahnung hat, stimme ich zu. Und ich muss sagen, mein erster gekaufter Blumenstrauß sieht gar nicht mal schlecht aus.

Motiviert und beschwingt fahre ich nach Hause. Sofort suche ich Rosa in ihrem Zimmer. Doch dort ist sie nicht. Ich suche sie im ganzen Haus. Sophia gibt mir schließlich den Tipp im Poolbereich nachzusehen. Bingo. Da sitzt sie... Mit Claire und weint sich die Augen aus. Sofort laufe ich zu ihnen und hocke mich vor sie vor den Loungemöbeln. Verquollene Augen starren mich wütend an. Dann fällt ihr Blick auf die Blumen. Sie schnaubt abwertend und weint wieder. "Was ist denn los?" Frage ich Claire, da Rosa mich nicht mal anschaut. Auch von Claire bekomme ich einen bösen Blick zugeworfen. "Ich weiß gerade nicht was los ist. Bitte, rede mit mir." Flehe ich Rosa an. Sie hebt ihren Kopf und funkelt mich wütend an. "Na. Hattest du Spaß heute Nacht? Ich habe auf dich gewartet und mir Sorgen gemacht und du vögelst in der Weltgeschichte rum. Und als ob das nicht schlimm genug ist, kommst du mit so einem Pseudo Entschuldigungsblumenstrauß an." Faucht sie wütend. Einige Sekunden bin ich ziemlich baff. Dann kann ich nicht anders. Meine Rosa ist wieder da. Kratzbürstig und zickig wie eh und je. Gerade noch rechtzeitig kann ich mich bremsen, bevor ich sie küsse. "Ich habe niemanden gevögelt. Das würde ich niemals tun. Ich war bei Matteo's Schwester Lilli. Wir haben ein paar Shots zu viel gehabt. Sie hat mir geraten, dass ich dir jeden Tag meine Liebe zeige... Und naja, ich dachte ein Blumenstrauß wäre ein guter Anfang...." Stammel ich blöde. Rosa schaut zunächst Claire, dann mich mit großen Augen an. Es dauern einige Augenblicke, bis sie die Informationen verarbeitet hat. Und dann... Passiert es. Ohne Vorwarnung zieht Rosa mich an meinem Hemdkragen zu sich und drückt mir ihren Mund auf meinen. Zunächst bin ich völlig überwältigt, aber schnell fange ich mich und genieße den Kuss. Egal was sie mir gibt, ich bin dankbar und erwarte nicht mehr.

Hola y adios bebe - Hallo und Tschüss, Baby!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt