Teil 81

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Rosa

Der Tag war ziemlich aufregend. Die Polizei wollte Unmengen an Aussagen haben und die anderen Mädels wollten wissen, woher ich mich so gut verteidigen kann. Tja, dann musste ich doch von meiner Familie erzählen. Aber sie haben es relativ gut aufgenommen, sodass ich gar keine Angst zu haben brauchte.

Letztendlich habe ich den Mädels versprochen, ihnen Selbstverteilung beizubringen. Ich denke das sollte jede Frau heutzutage können. Daher verabreden wir uns direkt für den nächsten Tag nach der Therapiesitzung. Ist vielleicht eine gute Strategie, wenn man sich nach mental fordernden Gesprächen auspowern kann. Auch Franci, Gab und Laura sind begeistert.

Am Abend beschließe ich früh ins Bett zu gegen. Gerade als ich mich ins Bett gekuschelt habe, klingelt mein Handy. Ein Blick auf das Display und mein Herz rast vor Aufregung. Mario. Was mache ich jetzt bloß? Soll ich wirklich ran gehen? Getreu Laura's klugem Ratschlag: *Mutig sein*, nehme ich ab. "Mario... Hey." Presse ich nervös hervor. "Hey. Enzo und Claire haben mir von letzter Nacht erzählt. Geht es dir gut?" Erkundigt er sich und in seiner Stimme klingt so viel Besorgnis, dass ich komplett überfordert bin. "Ja. Alles gut. Der Typ war zu besoffen, als dass er gefährlich war." Versuche ich ruhig zu antworten. Aber meine Atmung und mein Puls spielen gerade vollkommen verrückt, sodass ich das Gefühl habe, keine Luft zu bekommen. "Ok. Na Gott sei Dank....  Und... Wie geht es dir sonst?" Will er weiter wissen. Es ist so schön seine sexy tiefe Stimme zu hören. Doch meine Luft wird immer knapper. Ich atme tief ein und wieder aus, in der Hoffnung, dass ich mich beruhige. Aber es klappt nicht. Daher ringe ich mir ein "Gut soweit..... Also, dann danke für den Anruf. Bis dann... Mach's gut." Und lege auf. "Aaah verdammt verdammt verdammt." Schreie ich und lasse alle Emotionen raus. Ich beuge meinen Kopf nach vorne, sodass er zwischen meinen Knien hängt. Mit tiefen Atemzügen versuche ich mich zu beruhigen. Plötzlich klopft es an der Tür. "Rosa?" Höre ich Franci, doch ich kann nicht antworten. Noch immer fehlt mir Luft in den Lungen. Da ich nicht antworte, öffnet Franci die Tür. Als er mich sieht, kommt er schnell zu mir und setzt sich aufs Bett. Behutsam legt er eine Hand auf meine Schulter. "Was ist passiert?" Fragt er besorgt. "Mario..... Er hat angerufen... Mein Herz...." Stammel ich und fasse mir an meine Brust. "Ich...kann...nicht... atmen...." Presse ich hervor. Franci springt auf und zieht mich mit auf die Beine. Während er meine Handgelenke fasst und meine Arme nach oben hebt, spricht er mir ruhig und behutsam zu. "Es ist alles gut.... Atme tief ein..... Und wieder aus...." Spricht er mir immer wieder vor und atmet mit mir. Nach wenigen Wiederholungen beruhige ich mich. Als wir uns wieder setzen, sieht Franci mich fragend an. "Willst du drüber reden?" Ich hadere mit mir, denn ich habe Angst, dass mir bei den Gedanken daran wieder die Luft fehlt. Doch ich bin mutig. "Es war einfach so schön seine Stimme zu hören.... Ich vermisse ihn so sehr." Gestehe ich und ein breites Lächeln bildet sich auf Doc's Gesicht. "Ich weiß. Man merkt es dir jeden Tag an." Erwidert er und ich bin baff. "Du hast dich in den letzten Wochen wahnsinnig gut entwickelt. Ich meine, du hast sogar den Typen K.O. geschlagen." Grinst er breit. "Ich denke du solltest ein klärendes Gespräch suchen. Und dann siehst du weiter. Ein Schritt nach dem anderen." Schlägt er vor. Wao, das denkt er von mir. Dass ich schon so weit bin. "Ich denk drüber nach." Sage ich nur kurz. Denn ich muss wirklich erst meine Gedanken sammeln. Franci lässt das Thema ruhen und schaut sich nochmals meinen Rücken an. "Die Wunden sind wirklich gut verheilt. Es sind wirklich nur minimale Narben an der Schulterpartie." Erklärt er aufmunternd. Minimale Narben. Der ist lustig. Jede Narbe ist zu viel. Aber er meint es ja gut. Daher nicke ich ihm dankbar zu.

Nachdem ich wieder alleine im Zimmer bin, wage ich erstmals einen Blick in den Spiegel. Bis jetzt habe ich mich noch nicht getraut. Ich habe die Wunden gespürt, von daher habe ich mir im Kopf mein eigenes Bild gemacht. Langsam ziehe ich meinen Pullover über den Kopf und drehe mich leicht im Spiegel, sodass ich, wenn ich den Kopf drehe, einen Blick auf den Rücken werfen kann. Keuchend hol ich Luft. Es sieht wirklich nicht so schlimm aus. Leichte rötliche Erhebungen sind an der rechten Schulter und zwischen den Schulterblättern zu sehen. Ansonsten bin ich äußerlich wieder fit. Erleichtert und müde falle ich ins Bett und schlafe sofort ein.

Am Morgen werfe ich einen Blick aufs Handy. Zwei neue Nachrichten. Die erste Nachricht ist von Mario. Er vermisst mich. Eine Träne der Freude rollt über meine Wange. Die nächste ist von Alvero.

*Hola kleine Schwester. Ich habe eine Überraschung für dich. Hole dich um 16 Uhr ab. Keine Widerrede. Kuss Alvero.*

Was hat er bloß vor? Schnell verwerfe ich den Gedanken, denn mir fällt Mario's Nachricht wieder ein. Was antworte ich bloß? Mutig. Rosa. Mutig.

*Guten Morgen! Ich habe gestern leider schon geschlafen. Mich hat es auch gefreut dich zu hören.  Gruß Rosa*

Nach mehrmaligen hin und her habe ich mich gegen ein *ich vermisse dich auch* entschieden. Das weckt vielleicht zu große Hoffnungen und Erwartungen.

Nach einer anstrengenden Therapie und noch anstrengenderem Training mit den Mädels, stehe ich nun unter der Dusche. Was hat Alvero für eine Überraschung? Voller Vorfreude warte ich auf meinen Bruder.

Er fährt pünktlich vor und legt mir ein Tuch um die Augen. Nervös zappel ich im Auto hin und her. Ich spüre den Schotterweg, der zu Enzo und Claire führt. Meine Aufregung wird immer größer. Wird Mario dort sein? Ist Alvero vielleicht nur ein Lockvogel? Panik überkommt mich. "Alvero, kann... Kann ich die Augenbinde abmachen?" Frage ich nervös. "Nur noch ein paar Minuten. Sonst ist die Überraschung hin. Bitte." Fleht er regelrecht. Tapfer halte ich es aus. Als der Wagen hält, hilft Filippo mir aus dem Wagen. "Hallo Süße. Schön dich zu sehen." Zwitschert er mir zu. "Würde ich auch gerne sagen, aber mein Bruder hat mir die Augen verbunden." Kontere ich und ich höre mehrere Leute lachen. Auf jeden Fall sind Claire, Sophia und Enzo dabei. Aber wer noch? Alvero umfasst meine Hand und zieht mich vorsichtig hinter sich her. Wir laufen ein Stück über den Kiesweg. Wo geht's bloß hin? Dann... Wie aus dem nichts... Höre ich bekannte Geräusche.... Das kann nicht sein.... Oder doch... "Alvero... Das kann nicht sein...." Stoße ich aufgeregt hervor.

Hola y adios bebe - Hallo und Tschüss, Baby!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt