Rosa
Verdammt. Ich habe es übertrieben. Sie wollen doch alle nur helfen. Doch ich fühle mich einfach so unwohl in meiner Haut. Nicht nur im übertragenen Sinne sondern wortwörtlich. Es ist einfach zu viel.
Nachdem die 30 Minuten um sind, in der die Creme einziehen muss, klopfe ich zunächst beim Doc an. "Hey." Öffnet er lächelnd die Tür. Verlegen starre ich auf meine Füße und knete meine Hände. "Ich wollte mich wegen eben entschuldigen. Es tut mir leid, dass ich dich angemotzt habe." Sage ich schnell, damit mich nicht der Mut verlässt. Dann höre ich eine Reaktion, mit der ich nicht gerechnet habe. Er lacht. Irritiert schaue ich in an. "Es ist schon okay. Mach dir keinen Kopf. Es ist ein Fortschritt, dass du deine Meinung äußerst." Antwortet er und ich schaue ihn noch verwirrter an. "Es ist ein gutes Zeichen, dass du nicht gebrochen bist. Sonst wäre dir alles egal und alle könnten auf dir herum trampeln." Erklärt er weiter. Nicht gebrochen.... Er sagt ich bin nicht gebrochen? "Heißt das, du glaubst ich werde wieder normal?" Frage ich blöde. Er lacht wieder. "Was heißt schon normal. Aber ja, Enzo hat mir erzählt, dass du eine intelligente und selbstbewusste Frau bist. Und ich denke mit ein wenig guten Willen kannst du wieder so Taff sein. Es ist normal, dass du im Moment nicht du selbst bist und etwas... Sagen wir mal verschreckt bist." Spricht er weiter und jedes Wort macht mir mehr Mut. Ich kann es schaffen. Ich kann das verarbeiten und wieder ich selbst sein.
Gestärkt von dem Gespräch mit dem Doc, mache ich mich auf den Weg zu Claire. Sie sitzt mit Enzo und Riccardo im Wohnzimmer. Als Enzo mich sieht, schnappt er sich das Baby und verschwindet. "Ich lass euch mal alleine." Sagt er und lächelt mir aufmunternd im vorbeigehen zu.
Als ich mich zu Claire aufs Sofa setze, sehe ich, dass die geweint hat. "Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht verletzen." Bitte ich auch sie um Verzeihung. Claire schaut einige Minuten lang ins prasselnde Feuer. "Es ist ok. Ich weiß, dass du im Moment nicht du selbst bist." Sagt sie verständnisvoll. Hat der Doc mit ihr gesprochen? "Ja. Aber das ist keine Entschuldigung, dich so abzufahren. Ich weiß, dass ihr mir nur helfen wollt." Füge ich hinzu. Claire lächelt und nimmt mich vorsichtig in die Arme. "Ja das wollen wir. Aber wir müssen mehr auf dein Tempo achten. Es ist völlig okay, wenn du deine Ruhe brauchst. Und, natürlich kann ich es nicht ansatzweise nachvollziehen, was du durchmachst. Es war anmasend von mir. Es tut mir leid." Entschuldigt sie sich auch bei mir. Nun liegen wir uns weinend in den Armen.
"Der Doc meint, dass ich euch alle angeschnauzt habe, wäre ein gutes Zeichen. Ich wäre nicht gebrochen." Erzähle ich stolz. "Das bist du auch nicht. Du bist immer noch die taffe, starke Frau. Nur ein wenig gehemmt im Moment. Und das ist völlig ok." Lächelt mich Claire mit festem Blick an. Wao. Wenn auch sie es denkt, muss was Wahres dran sein. Ich muss nur an mich glauben.
Nachdem wir noch ein wenig gequatscht haben, verlangt der kleine Mann nach seinem Essen. Claire verabschiedet sich und Enzo setzt sich zu mir. "Wie geht es dir? Kann ich irgendwas für dich tun?" Erkundigt er sich. Ich schüttel sofort den Kopf. "Du hast schon viel zu viel für mich getan. Ich weiß gar nicht, wie ich das wieder gut machen soll." Erwidere ich. "Das ist selbstverständlich. Du gehörst zur Familie. Außerdem hattest du nach Claire's Rettung noch einiges gut bei mir. Ohne dich, wäre es anders gelaufen." Schlussfolgert Enzo und das von ihm zu hören, macht mich ein kleines bisschen stolz.
"Also nochmals danke. Ich werde dann jetzt mal zu Mario gehen. Der hat auch noch eine Entschuldigung verdient." Lächel ich schwach und stehe auf. "Er ist nicht da. Vor ein paar Stunden ist er weggefahren und noch nicht zurück." Erkläre Enzo und sieht mich entschuldigend an. "Oh. Ok. Na dann muss es warten. Gute Nacht und nochmals danke." Rufe ich Enzo zu, der mich nur an grinst.
Doch mir lässt es keine Ruhe. Wo ist Mario hin? Nicht, dass er wieder Rennen fährt. Da ich noch kein neues Handy habe, bleibt mir nichts anderer übrig als zu warten. Wie damals sitze ich in Mario's Zimmer und starre zur Tür. In Gedanken male ich mir alles mögliche aus. Dass er einen Unfall hat. Dass er überfallen wurde oder... Dass er bei einer anderen ist. Ich weiß, es war mein Plan ihn in die Arme einer anderen zu treiben. Aber jetzt, als es vielleicht so weit ist, schmerzt es extrem. Meine Brust und mein Magen ziehen sich wie in einem Vakuum zusammen. Ich will es nicht. Ich will nicht, dass er sich jemand anderes sucht. Verdammt nochmal. Er ist doch MEIN Mario. Wütend über mich selbst, dass ich überhaupt solche Ideen hatte, heule ich. Ich bemitleide mich selbst und schlafe dann jedoch irgendwann mit seinem Geruch in der Nase ein.
Am Morgen kommt die Ernüchterung. Er ist noch immer nicht da. Nach meiner Behandlung vom Doc mache ich mich frisch und setze mich in die Küche zu den anderen. Alle sind da, nur Mario nicht. Es ist ein verdammt beschissenes Gefühl. "Wo ist eigentlich Mario?" Fragt Vito auch irgendwann. Doch keiner weiß Bescheid. Wieder schießen mir die Bilder von ihm und der Stewardess in den Kopf. Du bist ja auch selbst Schuld, du blöde Kuh.
Nach dem Frühstück gehe ich in den Poolbereich. Dort lasse ich meiner Wut über mich selbst freien Lauf und heule. Claire kommt dazu und beruhigt mich. "Er hat bestimmt keine andere. Er liebt dich." Sagt sie und in dem Augenblick geht die Tür auf. Mario.... Er sieht irgendwie fertig aus... Oder hat er eher ein schlechtes Gewissen? Als mir der Blumenstrauß auffällt, ist mir alles klar. Soll das jetzt diese typische Entschuldigungsmasche sein, von der man immer hört? Mein Blick bleibt auf den Blumen hängen und ich kann ein verächtliches Schnauben und weitere Tränen nicht unterdrücken.
"Was ist denn los?" Frage Mario und blickt von mir zu Claire. "Ich weiß gerade nicht was los ist. Bitte, rede mit mir." Spricht er mich an, während er vor mir hockt. Das fragt er allen Ernstes? "Na. Hattest du Spaß heute Nacht? Ich habe auf dich gewartet und mir Sorgen gemacht und du vögelst in der Weltgeschichte rum. Und als ob das nicht schlimm genug ist, kommst du mit so einem Pseudo Entschuldigungsblumenstrauß an." Pampe ich ihn wütend an. Doch statt zurück zu motzen, zucken seine Mundwinkel. "Ich habe niemanden gevögelt. Das würde ich niemals tun. Ich war bei Matteo's Schwester Lilli. Wir haben ein paar Shots zu viel gehabt. Sie hat mir geraten, dass ich dir jeden Tag meine Liebe zeigen soll... Und naja, ich dachte ein Blumenstrauß wäre ein guter Anfang." Erklärt er und sieht dabei irgendwie so süß aus. So schüchtern und unsicher. Ich kann gerade nicht anders. Ich ziehe ihn an seinem Hemdkragen zu mir und küsse ihn. Diesmal ganz ohne Angst. Und es fühlt sich einfach herrlich an, ihn wieder so nah zu spüren.
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Hola y adios bebe - Hallo und Tschüss, Baby!
RomanceMario ist mit seinem Leben als Fahrer des italienischen Padre, Enzo Mancini, zufrieden. Er liebt Autos, Aktion und Frauen. Doch aus heiterem Himmel kommt Rosa in sein Leben. Die quirlige Tochter des mexikanischen Kartellboss. Kann das gut gehen? Ode...