Kapitel 32

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POV Mario

"Milan komm jetzt, wir wollen doch zum Papa", forderte ich meinen Sohn auf, der immer noch im Garten rum trödelte.
"Jaaaaa, Papa gehen", jubelte er und schneller als erwartet war er bei mir und ich konnte ihn ins Auto setzen.
"Ja, wir fahren jetzt zum Papa", bestätigte ich ihm und versuchte so souverän wie möglich zu wirken. Ich wollte Milan nicht mit meiner Nervosität anstecken, denn das war ich. Immerhin war ich ewig nicht mehr bei Marco zuhause gewesen und wusste auch nicht wie es bei ihm aussah und wie Milan in einer neuen Umgebung auf Marco reagieren würde. Hoffentlich würde alles gut gehen, denn ich konnte Marco’s Wunsch, Milan auch mal bei sich zuhause zu haben, natürlich voll und ganz verstehen. Den Stich in meinem Herzen dabei ignorierte ich, denn irgendwie brachte das so eine gewissen Endgültigkeit mit sich, wenn Milan bei Marco zuhause wäre. Dann wäre er endgültig Milan’s zweiter Papa mit dem ich Milan teilen musste, und Milan ein wirkliches Trennungskind, dass die Wahl zwischen zwei Wohnungen und zwei Vätern hatte. Tief in meinem Inneren hoffte ich, dass Milan sich niemals gegen mich entscheiden würde, was bei seinen Reaktionen auf Marco nicht ausgeschlossen wäre. Ich würde den Verlust meines kleinen Wunders nicht verkraften. Aber Milan durfte von all diesen Gedanken nichts mitbekommen. Ich wollte, dass er unvoreingenommen seinen zweiten Papa kennen lernen durfte und da durfte ich nun mal mit meinen Ängsten nicht im Weg stehen. Während der Fahrt hampelte Milan vorfreudig in seinem Sitz herum und fragte mich so ziemlich jede Minute, wann wir denn endlich da wären. Aufgrund dieses Verhaltens war ich wirklich erleichtert, als wir endlich bei Marco waren und ich Milan aus dem Auto befreien konnte. Es war schon süß zu beobachten, wie die sprudelnden Vorfreude angesichts des fremden Hauses und der fremden Umgebung in Schüchternheit umschlug und Milan sich ganz nah an mein Bein kuschelte. Liebevoll wuschelte ich ihm durchs Haar und sagte: "Na komm, der Papa wartet bestimmt schon auf uns."

Von Milan kam keine große Reaktion und ich beschloss einfach ganz langsam und vorsichtig zu laufen. Milan folgte tatsächlich, blieb aber ganz nah an meinem Bein und als ich an der Tür klingelte, versteckte er sich sogar schon fast dahinter. Irgendwie tat es mir gut, dass Milan sogar in Marco's Wohnung ganz nah bei mir blieb und nicht sofort zu Marco rannte. Dieser hingegen fühlte sich anhand Milan’s Reaktion sichtlich unwohl als er die Tür geöffnet hatte und ich beschloss, dass es Zeit war einzugreifen.
"Milan, möchtest du den Papa denn nicht richtig begrüßen gehen?", fragte ich meinen Sohn, der mich daraufhin mit großen Augen ansah und langsam nickte.
"Dafür musst du mich aber los lassen", redete ich ganz sanft weiter und unterstrich es, indem ich ihn vorsichtig von mir löste.
"Nein, Papa", reagierte Milan auf diese Aktion und klammerte sich stärker an mich. Ich seufzte genervt. Das konnte noch was werden.
"Aber der Papa ist doch sonst ganz traurig, wenn du ihm nicht hallo sagst", versuchte ich es erneut, doch mein Kleiner blieb eisern. Entschuldigend blickte ich zu Marco, der die Schultern etwas hängen ließ.
"Wollen...wollen wir uns vielleicht ins Wohnzimmer setzen?", fragte er und ich stimmte zu. Im Wohnzimmer setzte ich mich ganz bewusst direkt neben Marco aufs Sofa und nahm Milan auf meinen Schoß.
"Wie steht es eigentlich gerade zwischen dir und Scarlett?", fragte ich um ein Gespräch anzufangen und die Aufmerksamkeit von Milan zu nehmen, damit dieser sich entspannen konnte. Zum Glück ging Marco darauf ein.
"Ach, eigentlich ganz gut. Sie versteht, wann ich meinen Freiraum brauche und ist für mich da, wenn es mal nicht so läuft", erklärte er mir und auch wenn es mich irgendwo traurig machte, dass er nicht mit mir glücklich war, war ich froh, dass er es mit ihr war.
"Das freut mich für dich", sagte ich ehrlich.
"Was ist eigentlich mit Ann-Kathrin?", fragte Marco gerade, als Milan unsere Aufmerksamkeit wieder auf sich zog. Der Kleine hatte die Wanderschaft von meinem Schoß auf Marco’s angetreten und kuschelte sich an diesen: "Hallo Papa."
"Hallo Milan", antwortete Marco leise und strich ihm ganz vorsichtig durchs Haar. Das Bild war einfach zu süß, wie da Marco mit einer Miniversion von sich selbst auf dem Schoß kuschelte.
"Ihr beiden seid süß", sprach ich den Gedanken aus und Marco grinste stolz auf seinen Sohn herab.
"Dem kann ich leider nicht zustimmen", erklang eine Stimme hinter uns und Marco und ich drehten uns abrupt in die Richtung. Diese schnelle Bewegung erschreckte Milan so, dass er aufschrie und versuchte zurück auf meinen Schoß zu gelangen. Das misslang ihm allerdings gründlich und er landete auf dem Boden. Sofort fing er an zu schreien und ich wandte mich komplett von Scarlett ab, um meinen weinenden Sohn auf den Arm zu nehmen.
"Pscht Milan", versuchte ich ihn zu beruhigen und wiegte ihn sanft. Milan aber ließ sich nicht beruhigen.
"Stell dieses verdammte Kind ruhig", pampte mich Scarlett an und ehe ich etwas erwidern konnte, hatte Marco es für mich übernommen: "Lass Mario und den Kleinen in Ruhe! Er ist ein Kind und hat sich weh getan, weil er sich deinetwegen erschrocken hat. Da ist es ganz normal, dass er weint!"

Erleichtert, dass ich mich nicht mit Scarlett auseinandersetzen musste, bekam ich Marco’s Worte nur am Rande mit und konzentrierte mich voll darauf Milan zu trösten.
"Pah, das Kind soll sich nicht so anstellen", meckerte sie, "Was hast du überhaupt mit Mario’s Balg zu tun? Du hast es früher doch auch gehasst."
"Das Kind heißt Milan und ist durch Zufall Mario’s und mein Sohn", schrie er sie schon fast an und sein lauter Tonfall ließ Milan zusammenzucken und noch stärker weinen.
"Willst du mich verarschen?! Ein Kind kann nicht von zwei Männern sein und woher willst du wissen, dass es dein Kind ist?! Der will dich doch nur ausnehmen!", keifte sie.
"Nein! Milan ist mein Sohn und auch Mario’s und Mario hat keinen Cent von mir gefordert!", verteidigte Marco uns.
"Das kann doch einfach nicht dein Ernst sein! Ich lass mich nicht so verarschen! Entscheide dich. Dieses Hirngespinst und das Kind oder ich!", stellte sie ihn laut vor die Wahl.

Vermutlich dachte sie wirklich noch, dass wir sie veräppelten und Marco bei der Drohung dann die Wahrheit sagte. Das Problem war nur, dass Marco wirklich Milan's zweiter Vater war. Trotzdem war ich gespannt auf seine Entscheidung.
"Dann tut es mir leid, aber ich werde mich nicht gegen meinen Sohn entscheiden", sagte Marco und stellte sich zu Milan und mir.
"Du...du entscheidest dich gegen mich?", fragte sie ungläubig.
"Ja, ich entscheide mich für meinen Sohn. Dass das eine Entscheidung gegen dich bedeutet, liegt ganz allein an dir", erwiderte er schlicht und begann Milan über den Rücken zu streicheln, wodurch sich der Kleine wieder etwas beruhigte.
"Na schön. Ich werde heute Nacht in einem Hotel schlafen und morgen meine Sachen holen", verkündete sie und stolzierte davon.
"Das war heftig", murmelte ich.
"Und nicht geplant. Sie sollte eigentlich noch im Urlaub sein", murmelte Marco und zu meiner Erleichterung beruhigte sich Milan immer mehr.
"Das tut mir leid."
"Muss es nicht. Ich würde mich immer für den Kleinen entscheiden", erwiderte Marco. Für den Kleinen natürlich, aber halt leider nicht für mich.

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