Kapitel 61

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POV Marco

Irgendetwas stimmte mit Mario nicht. Er verhielt sich schon seit einer ganzen Weile komisch und war total zurückgezogen. Aber seitdem er bei unserem Mannschaftsarzt war, war es noch schlimmer. Er saß stundenlang auf dem Sofa und starrte in die Leere. Er war total abwesend und ich begann mir ernsthafte Sorgen zu machen. Was hatte der Arzt zu ihm gesagt, dass es ihm jetzt so schlecht ging? Wie konnte ich ihm helfen? Ich hatte keine Ahnung und das machte mich schier wahnsinnig. André schaute auch öfters mal vorbei und redete mit Mario, aber davon bekam ich leider nicht viel mit. Die beiden redeten immer in Marios Schlafzimmer und ich respektierte das. Lediglich der niedergeschlagenen André verließ das Zimmer immer wieder, sprach aber auch nicht mit mir darüber, was da drin vorgefallen war. Und ich traute mich ehrlich gesagt auch nicht, ihn darauf anzusprechen. Stattdessen vertrieb ich meine Zeit mit Milan und versuchte ihn von Marios schlechter Verfassung abzulenken. Als Mario am Abend dann aber immer noch nicht aus seinem Zimmer gekommen war, reichte es mir. Ich richtete ein paar Snacks fürs Abendessen und stellte alles auf ein Tablett.
“Na komm Milan. Wir gehen zum Papa und kuscheln ein bisschen“, forderte ich unseren Sohn auf, der mich freudig begleitete und so erstürmten wir schon fast Marios Zimmer. Der wusste gar nicht, wie ihm geschah und blickte uns von seinem Platz auf dem Bett einfach nur überfordert an.
“Was-“
“Feindliche Übernahme Sunny“, erklärte ich ihm, “mach mal ein bisschen Platz.“ Brav befolgte er die Aufforderung und ganz schnell war Milan schon bei ihm im Bett. Ich stellte das Tablett noch auf den Nachttisch und setzte mich dann auf Marios andere Seite. Ganz locker legte ich einen Arm um seine Schulter und nach kurzen zögern lehnte Mario sich auch gegen mich.
“Womit hab ich euch beide nur verdient?“, murmelte er irgendwann als Milan schon eingeschlafen war und auch ich etwas schläfrig wurde.
“ Womit haben wir dich verdient?“, beantwortete ich seine Frage mit einer Gegenfrage und hauchte ihm einen sanften Kuss auf die Stirn, “aber ich bin müde. Gute nach Sunny“, wollte ich mich verabschieden, aber er hielt mich auf: “Bitte bleib. Ich brauche euch beide heute Nacht.“
Groß dachte ich mir nichts bei seiner Aussage und freute mich einfach nur, dass ich bleiben durfte. Wir machten es uns gemütlich, versuchten Milan dabei nicht zu wecken und schliefen dann aneinander gekuschelt recht schnell ein.
Am nächsten Morgen wachte ich als erster von uns dreien auf und das, obwohl ich eigentlich ausschlafen konnte. Es war schon seltsam, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass heute irgendwas passieren würde und dieses Gefühl ließ mich einfach nicht länger schlafen. Möglichst vorsichtig versuchte ich aufzustehen um keinen der beiden zu wecken, aber so ganz ging mein Plan nicht auf. Gerade als ich das Zimmer verlassen wollte, murmelte unser Sohn “Papa auf?“ und blinzelte mich verschlafen an.
“Pscht, lassen wir den Papa noch schlafen. Kommst du mit mir Frühstück machen?“, fragte ich den Kleinen leise. Milan nickte ganz müde und ich beschloss ihn auf den Arm zu nehmen. Mit diesem verschlafenen Blick sah er einfach aus wie Zucker und ganz besonders, wenn er sich dann auch noch die Augen rieb.
Eine halbe Stunde später betrat dann auch Mario die Küche.
“Ich muss nachher noch kurz weg“, erklärte er mir und sah dabei ganz und gar nicht glücklich aus.
“Alles okay? Soll ich mit?“, fragte ich besorgt.
“Nein, Nein. Alles gut. Das muss ich alleine machen“, wies er mich schon fast panisch ab.
“Okay“, antwortete ich gedehnt und war skeptisch, beließ es dann aber doch so wie es war und sagte stattdessen: “Ich wollte mit Milan heute mal wieder zu Nico.“
“Klar, tu das. Lasst euch Zeit“, antwortete er abwesend.

Irgendwie gefiel mir unsere Unterhaltung gar nicht und ich beschloss, dass Schweigen gerade wohl Gold war. Der Rest des Frühstücks verlief dann eigentlich wie immer und Mario verschwand danach auch gleich, um sich für seinen Termin fertig zu machen.
“So mein Schatz und wir beide richten uns auch mal“, erklärte ich meinem Sohn und schon begann ein langwieriger Prozess. Wenn einer dachte, dass Kinder in dem Alter leicht waren, dann war Milan der beste Gegenbeweis. Der Kleine hatte sogar jetzt schon seine Meinung, was er anziehen wollte und was nicht.
Während ich also noch mit ihm kämpfte, hörte ich, wie Mario sich verabschiedete und kurz darauf die Tür ins Schloss fiel. Als dann auch noch mein Handy klingelte, war ich einfach nur noch genervt.
“Warte hier mal bitte kurz Milan“, forderte ich meinen Sohn auf und eilte zu meinem Handy ins Wohnzimmer.
“Marco na endlich!“, begrüßte mich André.
“Wünsche dir auch einen guten Morgen“, erwiderte ich zynisch.
“Dafür ist keine Zeit. Ist Mario noch da?“, fragte er und klang hektisch.
“Nein, der ist vor ein paar Minuten los“, erklärte ich ihm.
“Verfluchte Scheiße. Okay Marco, du musst mir jetzt ganz genau zuhören okay?“, sprach er jetzt eindringlich auf mich ein.
“Okay“, kam meine skeptische Zustimmung. Das Ganze hier war doch sehr mysteriös.
“Mario ist schwanger. Von dir. Von dem Mal als ihr miteinander geschlafen habt an Halloween. Und er will abtreiben. Heute. Eigentlich kann es jeden Moment soweit sein.“
“Mario ist was? Okay Schü, wo ist die versteckte Kamera?“, fragte ich ungläubig.
“Mensch Reus, stell dich nicht so an. Mario ist schwanger und das ist kein Witz. Er will euer zweites Kind töten, weil er Angst hat alles zwischen euch damit kaputt zu machen“, herrschte er mich an und so langsam sickerte die Erkenntnis durch mein Bewusstsein, dass es kein Spaß war. Mario war schwanger und wollte abtreiben. Jetzt. Das musste ich unbedingt verhindern!
“Scheiße Schü, das darf er nicht!“, rief ich panisch ins Telefon.
“Du musst ihn aufhalten! Auf mich hört er nicht! Ich bin gleich bei euch Zuhause. Dann kannst du los und ich passe auf Milan auf“, erklärte er mir ganz sachlich den weiteren Ablauf.
“Ja… Ja, das ist gut. Ich mach mich sofort auf den Weg“, murmelte ich und strich mir fahrig durch die Haare.
“Tu das und Marco? Ich hoffe, dass du es schaffst.“
“Das hoffe ich auch“, murmelte ich und legte auf. Es musste alles schnell gehen. Ich musste Mario aufhalten. Schnell schnappte ich mir die Autoschlüssel und gerade als ich unser Zuhause verließ, betrat André es. Er sah gestresst aus, aber ich sah auch Hoffnung in seinen Augen und das wiederum machte mir Mut. Er rief mir noch “Teamarzt“ zu und ich wusste, wo ich hin musste.

Wie ein Irrer sprang ich in mein Auto und raste durch die Straßen. Keine Ahnung wie viele Verkehrsregeln ich dabei verletzte, aber es war mir auch egal. Es zählte nur Mario und unser Baby. Am Gelände rannte ich weiter wie wie vom Teufel verfolgt über das Gelände und stieß mit einem “Mario, tu das nicht!“, die Tür zum Arztzimmer auf. Von drinnen blickten mich geschockt unser Teamarzt und Mario an, der ein Glas Wasser in der Hand hielt.

Every BabyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt