Kapitel 67

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POV Mario

Die nächsten Tage waren genauso harmonisch gewesen und ich war wirklich mal entspannt. Ich war Marco unglaublich dankbar dafür, dass er mich zu diesem Urlaub überredet hatte. Es tat uns dreien einfach mal gut Zeit zusammen zu verbringen, ohne dass uns andere dabei störten.
“Papa? Strand gehen?“, fragte Milan mich während dem Frühstück und sah mich mit seiner Nutellaschnute an.
Fragend schaute ich zu Marco, der lächelnd nickte.

“Wir können nach dem Frühstück an den Strand gehen.”
Milans Augen begannen sofort zu strahlen, aber er ließ sich trotzdem nicht aus der Ruhe bringen. Das hatte er definitiv von mir. Essen ging fast immer über alles. Schmunzelnd klammerte ich mich an meine Teetasse und dachte darüber nach, wie sehr es mich eigentlich nervte keinen Kaffee trinken zu dürfen. Doch wenn die Momente mit dem zweiten Kind nur halb so schön werden würden, wie die mit Milan, war es mir das allemal Wert.
Als Milan aufgegessen hatte, brachte er wieder selbstständig sein Geschirr zur Spüle und verschwand dann in sein Zimmer. Marco wollte in Ruhe die Zeitung zuende lesen, während ich mich schon mal fertig machte. Schon jetzt machte sich die Schwangerschaft bemerkbar, denn ich hatte deutlich weniger Kondition.
“Papa, komm“, hörte ich Milan irgendwann rufen, der schon aufgeregt auf und ab sprang, weil er endlich los wollte. Marco verdrehte grinsend die Augen und warf mir schnell eine dünne Jacke zu. Für November hatten wir hier nämlich noch ganz schönes Wetter.
Milan verlangte sowohl Marcos als auch meine Hand und so liefen wir zu dritt den schmalen Weg zum Strand herunter. Es war schon leicht windig, weshalb die Wellen besonders kräftig waren.
“Papa, Wasser böse“, murmelte Milan und drückte meine Hand noch fester.
Ich kniete mich daraufhin zu ihm herunter.

“Das Wasser ist gaaaanz lieb aber der Wind pustet doll. Das kitzelt das Wasser und es versucht vor dem Wind wegzulaufen“, erklärte ich ihm und fing an Milan durchzukitzeln.
Dieser begann daraufhin fürchterlich zu lachen und Marco ließ es sich nicht nehmen Videos von uns zu machen. Eine ganze Weile gingen wir noch am Strand spazieren, bis es irgendwann zu kühl wurde.

Milan hatte gequengelt, weil er gerne im Meer schwimmen wollte. Doch natürlich war das Wasser um diese Jahreszeit viel zu kalt. Nach einem kurzen Ausraster, hatte er sich jedoch wieder beruhigt und gab sich damit zufrieden in unserem Hauspool schwimmen zu gehen.
“Komm Milan, wir gehen schon mal ins Wasser“, sagte Marco, nachdem wir mit unseren Badehosen in den Keller gelaufen waren.
“Jaaaa!“, quietschte unser Engel und lief mit Marco zusammen zur Leiter am Pool.
Ich entschied mich dazu erstmal frische Handtücher und einen Bademantel für Milan zu holen. Also joggte ich locker nach oben und fischte mir die benötigten Dinge aus dem Badezimmerregal. Als ich wieder nach unten kam, war Milan mit Marco schon mächtig am toben.
Eine ganze Weile beobachtete ich sie und konnte meinen Blick gleichzeitig nicht von Marcos perfekten Körper abwenden.

Wie konnte ein Mann allein nur so verdammt gut aussehen? Ich, stattdessen, fing wieder an dicker zu werden und fühlte mich damit zunehmend unwohler. Wer würde mich so schon attraktiv finden? Marco sicherlich nicht.

Sofort schlug meine gute Laune in eine traurige Stimmung um. Ich ließ mich auf die Liege sinken und schaute bedröppelt auf den Pool.
Nach einer Zeit, spürte ich eine nasse Hand auf meiner Schulter.

“Sunny was ist los?“
“Nichts“, log ich und schenkte Marco ein halbherziges Lächeln.
“Warum hast du dann Tränen in den Augen?“, harkte er nach und ließ sich zu mir auf die Liege sinken. Milan nahm er auf seinen Schoß, denn er war völlig erschöpft.
“Ich...ich“, setzte ich an, doch bekam ja doch keinen vernünftigen Satz zustande.
“Bitte sag mir was los ist. Ich will für dich da sein aber dafür muss ich wissen was dich bedrückt“, flehte er und strich besorgt über meinen Handrücken.
“Ich...ich werde fett“, krächzte ich, “und ich will nicht, dass man es sieht.”
“Aber ich habe dich doch vor ein paar Tagen auch schon ohne Shirt gesehen. Das ist doch jetzt nichts anderes“, murmelte er und versuchte mir die Tränen aus dem Gesicht zu streichen.
“Doch, das ist was anderes. Da war mir noch nicht bewusst, dass ich fett und hässlich werde“, schniefte ich traurig und senkte meinen Blick. Es tat weh darüber zu reden, denn ich wollte nicht, dass Marco mich für schwach hielt.
Doch statt mir eine Antwort an den Kopf zu knallen, nahm er eine Hand und schob mein T-shirt ein Stück nach oben.

“Mario, ich habe dir damals schon gesagt, dass du dich für nichts schämen musst. In deinem Bauch war das schönste Geschenk der ganzen Welt und jetzt können wir das nochmal erleben. Dieses Mal kann ich dabei sein und wir werden alles zusammen durchstehen. Außerdem bist du für Milan immernoch der schönste Papa der Welt und für mich der schönste Mann, den ich kenne. Hör auf so an dir zu zweifeln, denn das steht dir nicht. Dein Spitzname ist nicht umsonst Sunny.”
Jetzt konnte ich meine Tränen nicht mehr zurück halten. Das Marco mich für den schönsten Mann hielt, war das berührendste, was jemals ein Mensch zu mir gesagt hatte. Und ich bildete mir sogar ein, dass er dabei ein bisschen rot geworden war.

Er schlang nun einen Arm um meine Schulter und versuchte mich ein wenig zu beruhigen. Auch Milan war mittlerweile wieder etwas munterer und kletterte auf meinen Schoß, um sich an mich zu kuscheln.
“Na kommt, wir gehen nach oben und ich mache uns Abendessen“, schlug Marco nach einer Weile vor und das kleine Wunder in mir schien von dieser Idee mehr als begeistert zu sein, denn mein Magen begann zu knurren.
Milan ließ sich zum Glück von Marco hochtragen und half ihm erstaunlicherweise auch beim kochen. Wir aßen in Ruhe unsere Nudeln und kuschelten uns dann gemütlich aufs Sofa.
Marcos Hand bahnte sich nach einer Weile einen Weg unter mein T-shirt und legte sich auf meinem Bauch nieder. Immer wieder strich er sanft über die kleine Kugel und es fühlte sich unbeschreiblich an diesen Moment mit Marco erleben zu können.
“Papa, wieso Bauch?“, fragte Milan, der die Situation mit großen Augen betrachtet hatte. Entsetzt über diese Frage, ging mein Blick direkt in Marcos Richtung, der zum Glück bereit war alles zu erklären.
Marco nahm Milan auf seinen Schoß und schob mein T-shirt soweit hoch, dass Milan die kleine Kugel ebenfalls erkennen konnte.
“Du weißt ja, dass ich den Papa ganz doll lieb habe oder?“, fragte Marco an unseren Sohn gewandt und dieser nickte stumm.
“Und wenn zwei Erwachsene sich ganz doll lieb haben, dann bekommt man manchmal ein Baby. Ein kleines Baby wie Mia. Als du ganz klein warst hast du mal in Papas Bauch gewohnt. Du warst irgendwann ganz groß und bist aus Papas Bauch rausgekommen und wohnst jetzt bei Papa und mir. Und, weil Papa und ich uns so lieb haben, bekommen wir noch ein Baby. Das wohnt auch gerade in Papas Bauch und wenn es groß ist, dann kannst du mit ihm spielen“, versuchte Marco es so einfach wie möglich zu erklären, denn das war gar nicht so einfach.
“Da Baby?“, flüsterte Milan und zeigte mit seinem kleinen Finger auf meinen Bauch.
Sanft nickte ich.

“Ja Milan, da in meinem Bauch wohnt ein Baby. Du bekommst entweder einen Bruder oder eine Schwester“.
Kurz sah Milan mich mit einem undurchschaubarem Blick an, dann lachte er jedoch.

“Milan will Schwester!”
Erstaunt zog Marco eine Augenbraue hoch.

“Keinen Bruder? Mit ihm könntest du später Fußball spielen.”
Energisch schüttelte unser kleiner den Kopf.

“Nein. Milan will Schwester. Lulu hat auch Schwester.”
Bei dem Namen Lulu wurde mir einiges klar. Das Mädchen ging in Milans Kita und hatte vor ein paar Wochen eine kleine Schwester bekommen und Lulu hatte sie den Kindern in der Kita gezeigt.
Bevor ich weiter darauf eingehen konnte, hatte Milan sich vorgebeugt und seine Lippen an meinen Bauch gedrückt. Seine kleinen Hände legte er auf meinen Bauch. Diesen küsste er immer wieder kurz.
“Hallo ich Milan. Du bitte mit Milan Fußball spielen“, erzählte er drauf los und hörte gar nicht mehr auf. Er erzählte dem Baby von Nico und dem Kindergarten. Auch vom BVB und das Onkel André ganz oft mit ihm Ball spielt.
Marco war näher an mich gerutscht und hatte einen Arm um mich geschlungen. Wir unterbrachen diesen Moment nicht und irgendwann schliefen wir drei angekuschelt ein. Ich lag dabei noch eine Weile wach und dachte über den Moment nach. Es war definitiv der schönste Augenblick in meinem Leben gewesen, mein Kind so begeistert zu sehen.

Ich war unglaublich froh, dass ich mich gegen die Abtreibung entschieden hatte, denn Milans ehrliche Freude bestätigte mir, dass Marco und ich endlich mal zusammen etwas richtig entschieden hatte.

Every BabyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt