Kapitel 55

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POV Marco

"Sunny, ich bin jetzt bei Marcel. Ich hole Milan heute Nachmittag wie vereinbart ab, okay?", rief ich Mario aus dem Flur zu. Ich musste hier einfach dringend raus, musste mit jemandem reden.
"Ja...Ja okay. Grüß Marcel und bis später", antwortete mir Mario und erleichtert, dass alles normal erschien, verließ ich unsere Wohnung. Einfach nur schnell zu Marcel. Wie ein Irrer fuhr ich mit dem Auto zu Marcels Wohnung und klingelte Sturm.
"Marco, was-", setzte Marcel an als er mir die Tür öffnete, verstummte jedoch fast sofort als er meine Verfassung bemerkte. "Meine Güte, du bist ja völlig durch den Wind. Los, komm rein und setzt dich aufs Sofa. Ich mach uns einen Tee und bin gleich bei dir."
Stumm kam ich seiner Aufforderung nach und machte es mir auf seinem Sofa bequem.
"So, hier ist dein Tee und jetzt erzähl mal was los ist", forderte er mich auf und nippte an seinem Tee.
"Ich hab mit Mario geschlafen", murmelte ich und traute mich dabei nicht, Marcel anzusehen. Dieser musste erstmal husten, da er sich wohl an seinem Tee verschluckt hatte, ehe er nachfragte: "Du hast bitte was?"
"Mit ihm geschlafen", wiederholte ich leise.
"Oh wow, das ist ne ganz schöne Nummer", stellte Marcel fest, "warte...wart ihr wieder betrunken?"
"Nein", hauchte ich verzweifelt. Ich war einfach völlig am Ende. Das heute war einfach zu viel für mich gewesen.
"Und Mario? Wie hat er darauf reagiert?", fragte Marcel vorsichtig und meine Hände verkrampften sich um die Tasse.
"Er... Es hatte keine Bedeutung für ihn. Er war sich mit mir einig, dass wir es vergessen und tun als wäre nichts gewesen", stammelte ich und war jetzt wirklich kurz vorm Weinen.
"Oh Marco", meinte Marcel mitfühlend, "du kannst es aber nicht so einfach vergessen. Nicht wahr?"
"Nein. Das heute morgen... Ich... Mario in meinem Arm... Wir... Es war einfach...", versuchte ich meine Gefühle in Worte zu fassen. Dieses fantastische Gefühl, so neben Mario aufzuwachen, ihm so nahe zu sein, wie nie zuvor, eine Familie zu sein. Ich konnte es einfach nicht in Worte fassen, aber Marcel verstand mich. Sanft nahm er mir die Teetasse ab, stellte sie zusammen mit seiner auf den Tisch und zog mich in eine Umarmung. Das brachte in mir irgendwie das Fass zum Überlaufen und ich weinte los.
"Was soll ich nur tun Marcel?", fragte ich verzweifelt.
"Ich weiß es nicht Marco. Ich weiß es nicht", erwiderte er ratlos.
"Ich will Mario und Milan nicht verlieren und ich weiß, dass das mit Mario nicht hätte passieren dürfen. Aber wie soll ich weiter machen?", fragte ich.
"Ganz normal. So wie ihr es verabredet habt. Gib Mario noch Zeit und gib dir noch Zeit und vielleicht redet ihr irgendwann nochmal anders über das gestern passierte", riet mir Marcel und ich verstand. Würde ich jetzt etwas unüberlegtes tun, könnte ich beide verlieren. Ließ ich die Sache erstmal ruhen und wartete auf Marios Reaktion, hatte ich vielleicht noch Hoffnung.
"Danke Marcel", seufzte ich, "ich hoffe nur, dass ich das hinbekomme."
"Das wirst du", erwiderte der nur optimistisch und drückte mich nochmal fest, ehe wir uns voneinander lösten. Ich blieb noch eine Weile bei Marcel, der mich gekonnt von meinem Dilemma mit Mario ablenkte. Gegen Abend verabschiedete ich mich dann aber doch.
"Ich muss Milan bei meinen Eltern abholen", murmelte ich gar nicht so begeistert von der Aussicht mich zuhause dann wieder Mario stellen zu müssen.
"Tu das und Marco? Milan kann nichts für den Mist, den ihre beide da verzapft. Egal was ihr tut, lasst den Kleinen darunter bitte nicht leiden", gab Marcel mir mit auf den Weg und er hatte recht. Milan durfte nicht darunter leiden und würde es auch nicht. Als ich dann meinen Sohn bei meiner Mutter sah, wurde mir noch etwas klar. Wie konnte das von letzter Nacht verkehrt gewesen sein, wenn dabei so etwas wunderbares wie Milan entstanden war? Das konnte nicht sein. Milan war ein Wunder, ein fantastisches Geschenk und ich liebte Marios und meinen Sohn abgöttisch. Wie konnte es Mario dann gleich sein, was wir getan hatten? Das konnte nicht sein. Redete ich mir zumindest ein und schöpfte noch etwas mehr Hoffnung, dass das zwischen Mario und mir sich noch positiv entwickeln konnte.
Mit Milan zuhause angekommen, empfing uns Mario mit Hähnchen mit Reis.  Während Milan und Mario über die Süßigkeiten redeten, setzte ich mich schon mal an den Tisch und beobachtete die zwei Menschen, die mir so viel bedeuteten. Man konnte Marios Liebe zu Milan förmlich greifen und ich wünschte, dass er mich auch einmal so anschauen würde. Aber das würde er nicht und ich musste mich zusammenreißen, um nicht emotional zu werden. Stattdessen versuchte ich krampfhaft mich während dem Essen ganz normal zu benehmen und auch Mario wirkte so als wäre alles wie immer.
"Milan müde", murmelte unser Sohn irgendwann und schien fast auf seinem Platz einzuschlafen.
"Na komm Milan, ich bring dich ins Bett", meinte ich und nahm ihn sanft hoch, um ihn ins Bett zu bringen. Als er dort lag deckte ich ihn sanft zu und strich ihm noch einmal durchs Haar.
"Schlaf gut mein Engel."
"Milan Papa lieb", nuschelte der Kleine.
"Ich liebe dich auch Milan. So unglaublich sehr", flüsterte ich zurück und nach einem Blick auf ihn, wandte ich mich ab und verließ leise das Zimmer. Ich ging zu Mario ins Wohnzimmer. Normalerweise würden wir jetzt noch gemeinsam Fernsehen schauen. Irgendwie wollte ich das auch heute machen und Mario hatte ja zugestimmt, dass wir alles wie immer machen würden. Meinen Mut zusammenkratzend fragte ich: "Sunny, wollen wir noch einen Film schauen?" Doch zu meiner Enttäuschung schüttelte er leicht den Kopf.
"Ich bin wirklich sehr müde und werde ins Bett gehen. Vielleicht morgen, Woody." Er zog mich in eine feste Umarmung, die wie eine Entschuldigung wirkte und ließ mich dann stehen. Es verletzte mich. Wollten wir nicht alles so wie immer handhaben? So verhielt er sich jetzt ohne Milan aber nicht. Würde er sich wieder weiter von mir abwenden? Das könnte ich nicht ertragen. Genauso wenig, wie mein leeres Bett, dass mich schmerzlich an Marios Abwesenheit erinnerte. So sehr ich es auch versuchte, ich schaffte es nicht einzuschlafen. Mitten in der Nacht reichte es mir dann. Leise machte ich mich auf in Marios Zimmer um mich nervös zu ihm ins Bett zu schleichen. Da Mario keine abwehrende Reaktion zeigte, beschloss ich noch einen Schritt weite zu gehen schon schlang sich mein Arm um seinen Bauch. Jetzt regte sich Mario doch und ich erstarrte. Würde er mich jetzt rausschmeißen? Aber er drehte sich nur, sodass sein Gesicht meine Brust berührte. Überglücklich, dass er mich nicht rauswarf, konnte ich nicht verindern, dass ich ihm einen leichten Kuss auf die Stirn drückte und ihn noch ein Stück näher an mich heranzog. Diesen Moment würde ich in meinem Herzen aufbewahren und genießen, so lange es ging. Glücklich schlief ich nach kurzer Zeit ein.

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