Kapitel 40

3K 156 14
                                    

POV Marco

Glaubte Mario wirklich, dass ich ihm meinen Sohn überlassen würde, nach allem was er getan hatte? Ich hatte völlig fertig in der Kita gestanden, in der man mir sagte, dass sein Vater ihn schon abgeholt hatte. Doch das würde ich nicht weiter zulassen. Das schluchzende Bündel auf meinem Arm holte mich jedoch unverzüglich aus den Gedanken.
“Paaapaaa", schniefte Milan leise,”Paaaapaaa.”
“Du bist bei mir, Milan. Alles ist gut", flüsterte ich behutsam und presste meinen kleinen Sohn näher an mich. Doch im Gegensatz zu sonst, beruhigte er sich heute nicht. Während der gesamten Autofahrt weinte er und verlangte immer wieder nach Mario. Es tat mir unendlich weh ihn so zu sehen aber das war doch der einzige Weg ihn zu beschützen. Angespannt betrat ich mit Milan meine Wohnung, in der ich Marcel vorfand. Er hatte einen Schlüssel für meine Wohnung und war oft bei mir, gerade wenn ich mich nicht um Milan kümmern konnte.
“Was geht hier denn ab?", fragte er sofort und sah entsetzt zu Milan, der sich inzwischen an mein Bein geklammert hatte.
“Mario hat ihn einfach aus der Kita abgeholt und das Problem musste ich gerade lösen", meinte ich nur und versuchte Milan von mir zu lösen, weil er sich so fest an meinem Bein fest krallte, dass es anfing weh zu tun. Marcel schlug sich daraufhin mit der Hand gegen die Stirn.

“Bist du von allen guten Geistern verlassen? Bring das Kind zu seinem Vater. Das kann man ja nicht mehr aushalten. Du weißt, dass ich den Kleinen echt gerne habe aber er leidet.”
“Dann...dann nimmt Mario ihn mir weg", hauchte ich und nahm Milan auf meinen Arm. Das gefiel dem Kleinen jedoch gar nicht, denn er fing sofort an zu schreien und zu treten.
“Milan! Hör auf damit", sagte ich etwas zu schorf, woraufhin er nur wieder anfing zu weinen.
“PAAAAAAPAAAAAA. M-MILAN WILL PAAAAPA", kreischte er und mir blieb nichts anderes übrig als ihn abzusetzen. Er schmiss sich auf den Boden und schlug mit seinen Händen immer wieder auf das Laminat.
Völlig überfordert blickte ich zu Marcel, der mir nur einen vielsagenden Blick zuwarf. Er kam auf uns zu und kniete sich zu Milan herunter.
“Hey Milan, hier ist Onkel Marcel. Wollen wir zusammen Fußball spielen gehen?", fragte er liebevoll nach und ich bekam endlich wieder Hoffnung denn Milan liebte es Fußball zu spielen und nutze jede Gelegenheit dazu. Doch diese Hoffnung zerschlug sich als der Kleine ihn mit seinen verweinten Augen anblickte und den Kopf schüttelte.
“Nein!", sagte er bestimmend, “Milan will Hause gehen.”

Ein Stich durchzog mein Herz und ich hatte das Gefühl, dass ich hier einen riesen Fehler machte. Wie Milan Marcel ansah brach mein Herz in zwei und die Tatsache, dass er das hier nicht als sein Zuhause ansah war fast noch schlimmer zu hören. Doch gleichzeitig löste es etwas in mir aus, was mich zum umdenken brachte. Schweren Herzens ging ich auf Milan zu und schaute ihn lächelnd an.

“Ich bringe dich zu Papa.”

Milan’s Gesichtszüge erhellten sich und das Lächeln auf seinem Gesicht war ehrlich. Es kam von Herzen und in diesem Augenblick war mir klar, dass ich ihn wirklich zurück bringen musste. Zurück zu seinem Vater.
“Jaaa Papa", flüsterte er und erhob sich schnell vom Boden damit er direkt in den Flur rennen konnte um seine Schuhe anzuziehen. Seufzend sah ich ihm hinterher denn der Gedanke ihn vielleicht bald gar nicht mehr sehen zu dürfen machte mir Angst.
“Egal wie schwer es dir gerade fällt Marco, du tust das Richtige", sagte Marcel und sah mich aufmunternd an, bevor er zusammen mit mir in den Flur ging. Dort saß Milan bereits auf dem Boden und versuchte verzweifelt seinen zweiten Schuh anzuziehen. Liebevoll half ich ihm dabei und zog ihm sporadisch seine Jacke über. Während Marcel sich um Milan kümmerte, packte ich alle notwendigen Dinge zusammen, die er bei Mario brauchen würde. Schweren Herzens nahm ich kurze Zeit später meinen Sohn an die Hand und lief mit ihm zu meinem Auto. Dort schnallte ich ihn fest, verabschiedete mich von Marcel und trat den wohl schwierigsten Weg meines Lebens an. Beim Klingeln an Mario’s Haustür schlug mir mein Herz bis zum Hals. Doch zu meiner Verwunderung machte mir Bastian die Tür auf und blickte mich verwundert an.
“Was willst du denn hier.”
“I-ich will zu Mario. Ist er hier?", fragte ich und sah ihn unsicher an. Dieser nickte jedoch nur und zeigte auf’s Wohnzimmer. Ich nahm Milan auf meinen Arm und ging mit ihm ins Wohnzimmer durch. Dort saß Mario auf dem Sofa und schaute auf seine Terrasse. Ich ließ den bereits zappelnden Milan herunter und schaute ihm zu, wie er zu seinem Papa herüber lief.
“Paaaaaapa", rief er schon auf der Hälfte des Wegs und Mario drehte sich erschrocken um. Sofort bildeten sich Tränen in seinen Augen und er breitete seine Arme aus, in die sich Milan sofort warf. Eng kuschelte sich Milan an Mario und Mario presste den Kleinen eng an sich heran.

Ich war so in die Situation vertieft, dass ich gar nicht mitbekam, wie Basti eine Hand auf meine Schulter legte und mich erleichtert angrinste.

“Ich bin stolz auf dich, Marco.”

Dankbar grinste ich ihn an und schaute wieder auf Mario, der Milan sanft hin und her schaukelte. Man konnte von hier aus erkennen, dass seine kleinen Augen immer wieder leicht zu fielen bis Milan schließt an Mario’s Schulter eingeschlafen war. Langsam erhob sich Mario und sah mir das erste Mal seit ich hier war in die Augen. Doch im Gegensatz zu meiner Vermutung, war keine Wut in seinen Augen zu erkennen, eher ausschließlich Dankbarkeit.
“Danke", sagte er und kam einen Schritt auf mich zu.
“Schon okay. K-können wir gleich reden, wenn du ihn ins Bett gebracht hast", fragte ich nach und strich Milan durch sein blondes Haar.
“Ja...ja natürlich", antwortete er und ging mit Milan an mir vorbei.
Während er Milans ins Bett brachte, machte ich es mir schon mal so weit wie möglich bequem.

Bastian verabschiedete sich bereits, da er schon total müde war. Die Schwangerschaft schien ganz schön an seinen Nerven zu zerren. Mario kam kurze Zeit später mit zwei Flaschen Bier ins Wohnzimmer zurück und setzte sich angespannt auf den Sessel. Eine Weile sahen wir uns nur an, doch dann ergriff ich das Wort.
“Ich...Es tut mir Leid", brach es gequält aus mir heraus und ich hatte plötzlich schreckliche Angst, dass er mir nicht verzeihen würde.
“Was tut dir Leid?", fragte er nochmal nach und sah mich neugierig an.
“Einfach alles. Ich hätte dir Milan niemals wegnehmen dürfen aber ich hatte Angst. Lewy hat gesagt, dass du mich vielleicht anzeigst und ich Milan nie wieder sehen darf", erzählte ich und Mario hörte mir aufmerksam zu.
“Aber das war nicht der Grund, wieso du ihn mir weggenommen hast. Wieso hast du mir das angetan?"

Seufzend zuckte ich mit den Schultern.

“Das alle Welt gedacht hat, dass Ann die Mutter meines Kindes, unseres Kindes ist, hat mir unglaublich zugesetzt. Ich dachte, dass du sie als Milan’s Mutter vorstellen willst und ich keine Rolle mehr spiele.”
“Marco, zwischen Ann und mir läuft nichts! Wir sind Freunde und haben uns nur getroffen um ein bisschen zu reden. Sie hatte den Spielplatz vorgeschlagen aber ich hatte von Anfang an ein schlechtes Gefühl. Als ich den Artikel gesehen habe, wusste ich, dass du sauer sein wirst. Milan war dann auch noch krank und keiner konnte auf ihn aufpassen. Tuchel hat mich gezwungen ihn mitzunehmen, damit ihr ihn alle mal kennen lernt. Niemals würde ich dich aus Milan’s Leben werfen. Du bist doch sein Vater", sagte er, kam auf mich zu und ließ sich neben mir fallen. Sanft griff er nach meinen Händen.
“Oh Gott...es...es tut mir so Leid. Ich bin so ein mieser Idiot und ein scheiß Vater", schluchzte ich und Tränen bildeten sich in meinen Augen.
“Du bist ein Idiot. Ein riesen großer Idiot", setzte er an, “Aber du bist kein
schlechter Vater.”
“Ich...ich habe ihn dir weggenommen und ich wollte ihn dir nicht wiedergeben, weil ich ihn nicht verlieren wollte. Ich bin so egoistisch.”

Lächelnd nahm Mario mein Gesicht in seine Hände und blickte mir tief in die Augen.

“Ja, du hast ihn mir weggenommen und du warst in der Hinsicht egoistisch aber weißt du was viel wichtiger ist? Du hast ihn mir wieder gebracht. Du hast trotz deiner Angst am Ende im Interesse deines Kindes gehandelt und das macht einen guten Vater aus. Du hast dich am Ende für deinen Sohn entschieden.”
“Bitte...Bitte nimm ihn mir nicht weg", flehte ich und senkte meinen Blick.
“Milan lebt bei mir und wie du gesehen hast braucht er mich aber er braucht dich auch, Marco. Ich habe auch nicht immer richtig gehandelt aber das Ganze ist jetzt vorbei. Wir sind Milan’s Familie. Du und ich sind seine Eltern und wir sollten ab jetzt daran feilen zusammenzuarbeiten und nicht gegeneinander", murmelte er und strich mir die Tränen von den Wangen.
“Heißt das, dass du mir verzeihst?", wisperte ich erleichtert.
“Ja. Ich bin zwar noch sehr verletzt aber ich verzeihe dir. Ich weiß, dass du Milan beschützen wolltest und jeder macht Fehler.”
“Danke Mario. Wirklich danke, dass du mir das verzeihst. Ich weiß nicht wie ich das jemals wieder gut machen soll", schniefte ich.
“Tu nicht mir etwas Gutes, sondern Milan. Lass uns ihn demnächst dem Team vorstellen und dabei endlich die Wahrheit sagen. Sagen, dass Milan unser Sohn ist", schlug er vor und ich nickte sofort.
“Ja. Ja, das ist eine gute Idee. Keine Lügen mehr gegenüber unserem Team", stimmte ich zu.
“Gut, dann hätten wir das geklärt. Es ist schon spät und Basti ist im Gästezimmer. Du...Du kannst in meinem Bett schlafen wenn du willst.”
“O-okay", sagte ich und lächelte ihn dankbar an. Ich war schon sehr müde und froh, wenn ich endlich schlafen konnte. Mario gab mir Sachen von sich und eine Weile später lagen wir in seinem riesigen Bett. Wir sagten beide nichts, sondern genossen die Ruhe.
“Ach Mario, was ich noch sagen wollte. Du bist ein wunderbarer Vater und ich bin unglaublich stolz darauf, dass du unser Kind so toll hinbekommen ist", brach es letzten Endes aus mir heraus und Mario lächelte mich an. Er suchte nach meiner Hand und hielt diese fest, bis wir letzten Endes beide erschöpft einschliefen.

Every BabyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt