Kapitel 62

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Liebe Leser,
Vorab möchten wir uns für das Problem bei unserem letzten Kapitel (61) entschuldigen. Wattpad hatte an diesem Tag extreme Probleme, hat das Kapitel nicht geladen und dazu viele Votes und Kommentare gelöscht. Falls wir also manche Kommentare nicht beantwortet haben, tut es uns leid. Zudem sollte 62 noch gar nicht rauskommen, doch Wattpad hat es einfach geladen. Wir hoffen, dass die Probleme jetzt endlich behoben sind und wünschen viel Spaß beim folgenden Kapitel.

POV Mario

“Bist du dir wirklich sicher? Noch kannst du dich anders entscheiden. Niemand würde dich dafür verurteilen“, versuchte es unser Teamarzt ein letztes Mal, aber er hatte keine Chance. Ich hatte mich entscheiden.
“Nein, es gibt keine Alternative. Aber es ist okay so“, hauchte ich und betrachtete die kleine Tablette in meiner Hand. Nur ein Schluck und schon wäre alles vorbei. Ein Schluck und es gab kein zurück mehr. Ein kleiner Schluck, ein kurzer Moment, verdammt wenig Zeit für so einen weitreichenden Vorgang. Aber wie ich sagte, es war okay. Ich hatte wirklich das Gefühl, dass es okay war die Tablette zu nehmen.
“Dann kann ich wohl nichts weiter tun“, seufzte der Arzt und drückte mir ein Glas mit Wasser in die Hand. Kurz blickte ich hinein. Jetzt war es wohl so weit und gerade als ich die Hand mit der Tablette zum Mund führen wollte, wurde die Tür aufgerissen.
“Mario, tu das nicht!“, erklang Marcos Schrei durch das Arztzimmer und geschockt blickte ich ihn an. Woher wusste er, dass ich hier war? Woher wusste er, was ich gerade tun wollte? Und noch viel schlimmer, was würde er jetzt von mir denken? Panik kam in mir auf und gehetzt senkte sich mein Blick auf die Tablette. Es wäre ganz schnell und Marco könnte nichts tun. Aber warum hatte er mich dann aufgehalten? Marco musste meinen Blick auf die Tablette richtig gedeutet haben, denn ganz langsam und bedächtig kam er auf mich zu und sprach ganz langsam und vorsichtig: “Mario bitte tu es nicht. Lass uns reden. Dann kannst du dich immer noch umentscheiden. Aber bitte rede vorher mit mir.“
“Was gibt es da denn noch zu reden?“, fragte ich ihn anklagend.
“Viel Mario. Sehr viel. Aber bitte leg erst die Tablette und das Glas weg. Das macht mir Angst“, redete er weiter auf mich ein.
“Nein, es gibt nichts“, sagte ich verzweifelt und klammerte mich fester an das Glas und die Tablette.
“Nichts. Es ist gut so.“ Und nach diesen Worten ließ ich zu, dass mir meine Tränen über die Wangen liefen. Warum musste Marco sich jetzt einmischen? Warum musste er all die Schuldgefühle hochkommen lassen? Die Verzweiflung, die mich zu meiner Entscheidung trieb? Warum hatte er nicht einfach ein paar Minuten später kommen können, wenn schon alles passiert wäre?
“Doch Mario. Es gibt so viel zu sagen“, probierte er es weiter und ging vor mir in die Hocke. “Bitte treib nicht ab. Dieses Baby ist ein wundervolles Geschenk und du könntest mir kein schöneres machen.“
“Du lügst“, schluchzte ich verzweifelt, “du würdest mich dafür hassen und das Kind auch! Und Milan müsste leiden!“
“Das würde ich nicht. Dafür bist du und sind unsere Kinder mir viel zu wichtig. Bitte gib mir eine Chance ein richtiger Vater wenigstens für eines meiner Kinder zu werden. Wenigstens eines aufwachsen zu sehen“, redete er bittend auf mich ein und schaute mich dabei fast flehend an.
“Ich kann das nicht. Was wenn du es dir anders überlegst? Windeln wechseln, nachts aufstehen. Ich kann das nicht nochmal alleine“, schluchzte ich, “aber es ist okay. Das hier ist okay.“
“Ich werde es mir nicht anders überlegen! Ihr seid meine Familie. Mein ein und alles! Ich werde euch nicht verlassen. Nur bitte treib nicht ab Mario. Hörst du? Tu das bitte nicht. Du würdest es nur bereuen“, redete Marco verzweifelt und inzwischen liefen auch ihm die Tränen über die Wangen.

Ich konnte und wollte ihn so nicht sehen. Nicht wegen mir und auch wenn es mich einiges an Kraft kostete, stellte ich mit einem “okay“ das Glas weg und legte die Tablette auf den Schreibtisch. Marco verfolgte das mit einem dankbaren und erleichterten Blick.
“Danke Sunny“, flüsterte er und schaute mich liebevoll an. Ich nickte nur und meine Tränen flossen noch mehr. Ich war überfordert und konnte nicht mehr.
Aufmerksam beobachtete ich, wie der Teamarzt Wasser und Tablette an sich nahm. Auch er wirkte erleichtert, als er sagte: “Ich lasse euch dann mal alleine und in Ruhe reden. Wenn ihr was braucht, ich bin nebenan.“
“Danke“, murmelte ich und tatsächlich ging es mir ein Stückchen besser, als er mit der Tablette aus dem Raum gegangen war. Es war, als würde die Entscheidungslast etwas weniger werden und als könnte ich mal wieder durchatmen. Auf jeden Fall war es wohl besser für das Gespräch mit Marco, bei dem ich mich jetzt verpflichtet fühlte, den Anfang zu machen.

“Ich hab es nicht mit Absicht getan. Ich wollte doch gar nicht schwanger werden, aber es ist einfach passiert“, schluchzte ich.
“Und das ist okay. Ich glaube dir das. Wirklich und es ist auch nicht schlimm. Nächstes Mal sollten wir auch einfach an Verhütung denken“, bestätigte mir Marco und legte behutsam seine Hände auf meine Knie, “ich verurteile dich für nichts. Aber wie lange weißt du es schon?“
“Der Magen-Darm-Infekt“, hauchte ich und schämte mich, ihn belogen zu haben.
“Es ist okay Mario. Ich kann es verstehen. Ich hätte vermutlich nicht anders gehandelt. Aber ich bin für dich da. Sag, willst du wirklich abtreiben? Tief in deinem Herzen. Möchtest du das?“, bohrte er weiter.
“Nein“, schluchzte ich auf.
“Und das musst du auch nicht, ja? Nicht wegen mir und auch nicht wegen sonst jemanden. Wir schaffen das, gemeinsam. Als Familie“, beruhigte er mich.
“Danke.“
“Nicht dafür Sunny. Nicht dafür“, bekam ich als Antwort und ganz sanft, zog mich Marco in eine Umarmung. Seine Wärme und Nähe spendete mir Kraft. Ich fühlte mich sicher und gehalten. Nicht allein mit dieser Situation, wie ich mich die letzten Tage gefühlt hatte. Ich hätte es ihm wohl einfach schon viel früher erzählen sollen. Damit hätte ich mir selber wohl viele schwere Stunden erspart. Marco strich mir sanft durch die Haare, ehe er murmelte: “Und jetzt machen wir erstmal Urlaub. Nur wir drei. Unsere kleine Familie. Da können wir dann alles genau besprechen, aber ich verspreche dir, ich werde dich mit unserem zweiten Kind nicht allein lassen. Niemals.“
“Okay“, stimmte ich zu und hatte mich langsam beruhigt.
“Gut, dann lass uns mal dem Doc bescheid geben und zu Milan nach Hause fahren. Der Kleine wartet bestimmt mit André schon ganz sehnsüchtig auf uns“, beschloss Marco und erst jetzt merkte ich, dass ich Milan total vergessen hatte. Auch hatte ich mich nicht gefragt, woher Marco bescheid wusste, aber die Erwähnung von André erklärte es dann. Das Komische war, ich konnte ihm nicht mal böse sein. Ich war ihm eher dankbar, denn sonst hätte ich wohl doch einen schrecklichen Fehler begangen.
Auch der Teamarzt war merklich erleichtert, dass ich nicht abtreiben würde. Man sah richtig, wie ihm ein Stein vom Herzen viel und irgendwie bestätigte es mich darin, das Richtige getan zu haben. Jetzt würde der Urlaub mit Marco zeigen, wie es weiter ging, aber ich war positiv gestimmt. Was sollte schon groß passieren?

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