Kapitel 50

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POV Marco

Immer noch dankbar, dass Marcel mich bei meiner Aktion unterstützen würde, ließ ich das Training qualvoll über mich ergehen. Die Zeit wollte aber auch nicht weniger werden, dabei hatte ich nur noch den Wunsch das alles mit Mario zu klären. Er wirkte ziemlich kaputt und müde. Ich war mir ganz sicher, dass Milan wegen mir so ein Theater gemacht hatte und am liebsten hätte ich mir für mein Verhalten selbst in den Arsch getreten. Endlich wurde das Training beendet und ich nahm all meinen Mut zusammen. Langsam ging ich zu Mario herüber der sich gerade mit Julian über irgendwas unterhielt. Sein Blick verfinsterte sich gleich, als er mich erblickte und das tat mir im ersten Moment wirklich im Herzen weh. Julian erkannte die Situation zum Glück sofort und suchte das Weite.
“Was willst du?“, zischte er kühl und verschränkte die Arme vor der Brust.
Leicht eingeschüchtert ging ich trotzdem ein Stück näher an ihn heran: “Mit dir reden. Ich...ich hab versucht dich anzurufen aber du hast nicht abgenommen.”
Ein leichtes Lachen verließ seine Kehle: “Ach und das wundert dich jetzt oder was?“
Traurig schüttelte ich den Kopf: “Nein, ich kanns verstehen. Doch ich will mit dir reden und ich habe mir etwas überlegt. Du hast gesagt ich habe drei Tage Zeit mir zu überlegen was ich möchte aber ich brauche keine drei Tage. Ich weiß meine Antwort schon.”
Seufzend nickte er: “Okay aber was ist mit Milan? Ich kann ihn schlecht in der Kita übernachten lassen.”
Erleichtert atmete ich erst mal aus. Mario wollte mir zuhören und ich erkannte mal wieder sein gutmütiges Herz. Jeder andere hätte noch Tage lang gewartet bis er mit mir gesprochen hätte aber Mario war eben nicht wie die anderen. Er war auch einfach ein Mensch, der nicht gerne Streit mit Leuten hatte. Er war schlicht und ergreifend einfach zu gut für diese Welt.
“Er übernachtet bei Marcel. Ich habe das alles schon geklärt“, erwiderte ich schließlich.
Mario schien eine Weile darüber nachzudenken, entschied sich dann aber doch dafür meine Idee zuzulassen. Wir betraten die Kabine und ich spürte die Blicke der anderen auf uns aber das war mir egal, denn was zählte war einfach nur Mario. Das Duschen fiel also erstmal aus. Stattdessen beschlossen wir uns vor dem Haus zu treffen und separat zurück zu fahren. Wir hatten schließlich beide unsere Autos am Trainingsplatz und außerdem wollte ich noch schnell etwas einkaufen. Mario war schon in der Wohnung als ich endlich ankam.
“Ich dachte schon du hast es dir anders überlegt“, murmelte er leicht traurig, ging aber doch zur Seite, damit ich reinkommen konnte.
Entsetzt schüttelte ich den Kopf: “Niemals. Ich musste nur noch etwas besorgen.”
“Was hast du denn überhaupt geplant?“, fragte er neugierig nachdem wir das Wohnzimmer betreten hatten. Oh das war auch so typisch Mario. Er musste immer alles direkt wissen.
“Das siehst du dann aber ich bitte dich jetzt erstmal dir etwas im Fernsehn anzusehen bis ich dich hole“, bestimmte ich und schubste ihn leicht Richtung Sofa.
Ich verschwand daraufhin ins Badezimmer und nahm ein bisschen Dekozeug aus meiner Einkaufstüte mit. Ich stellte überall Kerzen hin und dazu eine Flasche Champagner mit einem Glas. Während ich das Wasser in die Badewanne ließ, dunkelte ich das Bad noch ein wenig ab. Das Resultat war absolut zufriedenstellend weshalb ich mich entschied zurück zu Mario zu gehen. Dieser lag ausgebreitet auf dem Sofa und schaute irgendeine Sendung.
“Mario, ich bin mit dem ersten Teil fertig. Komm mit“, forderte ich ihn liebevoll auf und trotz der Skepsis in seinem Blick ging er mir wirklich hinterher.
Im Badezimmer angekommen, öffnete er seinen Mund um etwas zu sagen, doch er bekam nicht ein Wort heraus. Lächelnd griff ich nach seiner Hand und schaute ihm tief in die Augen.
“Ich will, dass du dich entspannst. Du bist jede Minute am Tag für deinen Sohn da und das seit über zwei Jahren. Du hast jetzt ein bisschen Entspannung verdient. Solange mache ich mit dem Essen weiter“, erzählte ich spontan drauf los und er war anscheinend wirklich gerührt denn er hatte Tränen in den Augen.
Ich beschloss ihn mit seinen Emotionen erstmal in Ruhe zu lassen und fing stattdessen an das Essen in der Küche vorzubereiten. Mario und ich hatten früher immer gerne Lasagne gemacht. Darin hatten wir unglaublich viel Gemüse gepackt und es hatte eine Weile gedauert bis Mario es mir damals schmackhaft machen konnte. Doch jetzt aß ich es auch Zwischendurch gerne und ich wollte etwas machen, was auch eine Bedeutung für uns hatte. Also schnitt ich alles klein, machte das Hackfleisch in die Pfanne und legte die Teigscheiben in eine Form. Irgendwann ging alles in den Ofen und ich ging ins Wohnzimmer und räumte dort Milans Spielzeug zurück in die Kiste und faltete alle Decken ordentlich zusammen. Anschließend wischte ich einmal Staub über den Schränken und bereitete einen schönen gedeckten Tisch vor. Während die Lasagne noch eine Weile im Ofen blieb, räumte ich die Spülmaschine aus und danach wieder mit neuem Geschirr ein. Ich war gerade dabei über die Arbeitsplatte zu putzen als ich Schritte hinter mir hörte.
“Du...du hast aufgeräumt“, stellte Mario leise fest und kam etwas näher zu mir.
“Ja, das habe ich. Setz dich schonmal an den Esszimmertisch. Das Essen ist sofort fertig“, antwortete ich gelassen und stellte den Backofen aus.
Kurze Zeit später saßen wir beide am Tisch und erstmal sagte keiner von uns ein Wort. Doch dann hielt ich diese Stille nicht mehr aus.
“Es...es tut mir Leid“, flüsterte ich und war mir ganz sicher, dass Mario nicht ein Wort verstanden hatte.
“Ich weiß das aber manchmal ist das einfach nicht genug“, erwiderte er plötzlich ganz ernst und mein Herz begann schneller zu schlagen.
“Bitte gib mir eine Chance, Mario. Ich habe verstanden, dass ich nicht richtig gehandelt habe. Dieser Kuss hat mir Angst gemacht. Ich wollte nicht, dass es komisch zwischen uns wird.”
Seufzend fuhr sich mein Gegenüber durch die Haare: “Marco, du hast mich geküsst und nicht ich dich. Aber es geht nicht nur um den blöden Kuss. Vorher lief hier auch schon einiges falsch. All die Arbeit ist in der letzten Zeit an mir hängen geblieben. Für dich ist das alles selbstverständlich und das macht mich unglaublich traurig. Ich bin zwar der Vater deines Kindes aber ich hatte gehofft, dass ich auch ein Freund bin. Doch dieses Gefühl habe ich nicht mehr. Ich bin deine Putzfrau und deine Dienstmagd. Dazu habe ich keine Lust und auch keine Kraft mehr.”
Bei jedem Wort das aus seinem Mund sprudelte wurde mein schlechtes Gewissen größer. Marcel hatte Recht gehabt. Ich war wirklich ein Idiot und hatte in der letzten Zeit nur an mich gedacht.
“Mario, es tut mir wirklich sehr Leid. Ich verspreche dir, dass ich ab jetzt alles anders machen werde. Du und Milan, ihr seid mir so unglaublich wichtig und es tut mir Leid, dass du das Gefühl hattest, dass ich dich nur als Milans Vater ansehe. Du bist mein bester Freund und ich bin unglaublich dankbar dafür, dass ich dich wieder in meinem Leben haben darf. Die drei Jahre ohne dich waren so schrecklich und ich habe jeden Tag an dich gedacht“, hauchte ich leise und versuchte meine Tränen zu unterdrücken. Es tat alles so unglaublich weh und ich wollte Mario niemals das Gefühl geben mir egal zu sein. Ich dachte damals, dass ich ihm egal sei und dieses Gefühl wollte ich keinem Menschen freiwillig geben.
“Was ist, wenn du dieses Versprechen nach drei Wochen wieder vergisst?“, harkte er ernst nach und in meinem Kopf fing alles an zu rattern. Ich wollte alles dafür tun, dass ich weiter mit ihm zusammen wohnen konnte.
“Wir machen einen Haushaltsplan und ich hole Milan immer aus der Kita ab. Außerdem gibt es einen Tag in der Woche, an dem du alleine etwas machen kannst. Du kannst dich mit Freunden treffen oder einfach mal abschalten und solange passe ich auf Milan auf“, redete ich mich in Rage und hoffte jede Sekunde das meine Vorschläge reichen würden.
“Ich bin unter einer Bedingung einverstanden“, erwiderte er locker und wieder überkam mich das Gefühl der Panik.
“Was...was ist diese Bedingung?“, murmelte ich ängstlich.
Marios Gesichtszüge entspannten sich und er lächelte mich an: “Ich möchte gerne jede zwei Wochen einen Tag haben, an dem nur wir beide etwas machen. Ich...Ich denke das ist gut für uns denn so können wir anfangen wieder die Beziehung aufzubauen, die wir vor meinem Wechsel hatten.”
Spätestens jetzt konnte mich nichts mehr halten und ich sprang in einem Satz von meinen Stuhl auf und lief zu Mario herüber. Dort warf ich mich schluchzend in seine Arme und presste ihn einfach an mich heran.
“Es...es tut mir wirklich sooo Leid. Ich hoffe du kannst mir irgendwann ganz verzeihen“, schniefte ich und vergrub meinen Kopf an seiner Halsbeuge.
“Das habe ich doch schon längst. Du bist zwar manchmal ein Idiot aber ich kann dir einfach nicht lange böse sein“, kicherte er und küsste sanft meinen Kopf.
Eine Weile blieben wir noch in dieser Position bis Mario irgendwann anfing unruhig auf seinem Stuhl herumzurutschen.
“Alles okay?“, fragte ich sofort und er nickte mit zerknautschtem Gesichtsausdruck: “Ja, ich habe nur seit gestern unglaubliche Rückenschmerzen. Milan wird nicht leichter.”
“Dann massiere ich dich jetzt“, beschloss ich, stand von seinem Schoß auf und zog ihn in sein Schlafzimmer.
Dort zog er sein T-shirt aus und legte sich auf seinen Bauch. Ich schnappte mir währenddessen das Massageöl aus meinem Kulturbeutel und setzte mich auf seinen Po. Langsam verteilte ich das Öl auf seinem Rücken und ich konnte eine kleine Gänsehaut erkennen. Ich fing an seinen Rücken richtig durchzukneten und er brummte Zwischendurch zufrieden vor sich hin. Als wir fertig waren machte sich Mario im Badezimmer schlafbereit und ich beschloss mein Versprechen gleich einzulösen indem ich die Küche aufräumte. Anschließend machte auch ich mich fertig und ging noch mal zu Mario um ihm eine gute Nacht zu wünschen.
“Gute Nacht, Sunny“, flüsterte ich und wollte wieder aus dem Zimmer gehen doch Mario hielt mich am Arm zurück.
“Kannst...kannst du vielleicht bei mir schlafen?“, murmelte er leise und ich war froh das es dunkel war denn sonst hätte Mario die Röte in meinem Gesicht sofort gesehen.
“Ich...würde sehr gerne hier schlafen“, wisperte ich und ging auf die andere Seite des Bettes zu. Ich schlug die Decke beiseite und ließ mich auf die weiche Matratze sinken. Danach deckte ich mich mit der warmen Decke zu.
Als ich kurz daraufhin merkte, dass Mario zitterte, rutschte ich ein wenig näher an ihn heran und schlang meine Arme sanft zu ihm herum. Sofort wurde das Zittern weniger und Mario bettete seinen Kopf auf meiner Brust. Zufrieden schlief er daraufhin ein und als ich ihn etwas später musterte fühlte ich nichts als Wärme. In diesem Moment war ich mir ganz sicher, dass hier mein Platz war. Bei meinem besten Freund und meinem Sohn.

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