Kapitel 39

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POV Mario

Gedankenversunken saß ich hinterm Steuer auf dem Parkplatz zu Milan’s Kita. Basti, Fabi und Lewy hatten mir die letzten Tage ordentlich in den Arsch getreten. Sie hatten mich überzeugt, dass ich mein Leben im Griff haben musste, wenn ich Milan zurück haben wollte. Sie hatten mich also dazu gebracht zu essen und auch wieder zum Training zu gehen, auch wenn es verdammt schwer für mich war. Besonders die täglichen Begegnungen mit Marco. Das ganze Team schirmte uns voneinander ab und ich ließ es zu. Marco war ein Sturkopf und vor dem Team würde er eh nicht nachgeben. Aber ohne Milan hielt ich es einfach nicht mehr aus. Ich musste mein Baby wieder haben, mein kleines Wunder. Er gehörte zu mir. Deshalb saß ich jetzt auch hier. Marco hatte noch Physio und so hatte ich genügend Zeit, Milan aus der Kita abzuholen. Ich fühlte mich trotzdem wie ein Schwerverbrecher, als ich die Räumlichkeiten betrat und Anna auf mich zukam.
"Hallo Anna", begrüßte ich sie.
"Hallo Mario, du willst bestimmt Milan abholen oder?", begrüßte sie mich freundlich.
"Ja...ja genau", sagte ich und irgendwie klang es, als müsste ich mich selbst erst davon überzeugen.
"Das ist schön. Du warst lange nicht da und Milan hat immer öfter nach dir verlangt. Auch ist er wesentlich kuschelbedürftiger geworden", sagte sie freundlich und doch bildete ich mir ein, einen vorwurfsvollen Unterton gehört zu haben.
"Ja, die letzten Tage waren...schwierig", würgte ich hervor, "Aber jetzt bin ich ja da."
"Das stimmt. Komm, Milan ist draußen. Er wird sich bestimmt freuen, dich zu sehen", forderte sie mich auf und ich folgte ihr ins Außengelände wo Milan mit Nico spielt.
"Milan schau mal, wer da ist um dich abzuholen", rief Anna ihn und mein Kleiner drehte sich zu uns um. Gespannt wartete ich auf Milan’s Reaktion. Der brauchte einen Moment um zu begreifen, dass dort ich stand und dann ging es recht schnell. Mit einem lauten "Papa" kam er auf mich zugerannt und ich ging in die Knie, um ihn in eine Umarmung zu schließen.
"Ja mein kleiner Schatz. Der Papa ist ja da", murmelte ich leise.
"Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass ihr beide euch lange nicht gesehen habt", meinte Anna, als Milan und ich uns nach ein paar Minuten immer noch nicht lösen wollten, im Spaß.
"Aber natürlich nicht", log ich und sagte dann an Milan gewandt: "Na komm mein Schatz, der Papa bringt dich jetzt heim."
"Milan mit Papa heim?", fragte er nach.
"Ja mein Schatz", bestätigte ich und Milan kuschelte sich glücklich an mich. Wie ich dieses Gefühl mein kleines Wunder in den Armen zu halten doch vermisst hatte. Gemeinsam mit Anna holten wir dann noch Milan’s Rucksack und schon setzte ich meinen Schatz in mein Auto.
"Jetzt geht es heim mein Schatz", sagte ich und fuhr vom Parkplatz.

Irgendwie kam ich mir wie ein Verbrecher vor aber das brauchte ich nicht. Milan war mein Kind, mein Sohn und ich hatte das alleinige Sorgerecht. Ganz im Gegensatz zu Marco. Also klaute gerade nicht ich ihm mein Kind, sondern er hatte mir meines geklaut, was ich mir jetzt nur zurückholte.
"Milan heim", freute Milan sich, als er die Wohnungstür öffnete und betrat anhänglich mit mir die Wohnung.
"Ach Mario, da bist du ja endlich", sagte Basti und kam aus dem Wohnzimmer. Lewy und Fabi waren bei unseren Eltern zuhause und Basti wollte sich heute lieber ausruhen. Dann erblickte er Milan und sein Blick glitt zu mir.

"Was macht Milan hier? Weiß Marco bescheid?", fragte er scharf.
"Ich...ähm...also Milan...", stammelte ich. Basti schloss die Augen, atmete durch und wandte sich dann an meinen Junior: "Milan, willst du deinen Rucksack nicht in dein Zimmer bringen?" Milan nickte begeistert und lief in sein Zimmer.
"So und du sagt mir jetzt, was du dir bei dieser beschissenen Aktion gedacht hast", pflaumte mich Basti an.
"Ich...ich hab es einfach nicht mehr ausgehalten. Ich hab Milan so vermisst und Marco würde ihn mir nie wieder geben", versuchte ich mich zu rechtfertigen.
"Mensch Mario. Mit so einer Aktion schaffst du es erst recht nicht, dass Marco dir Milan zurückgibt", wies Basti mich zurecht und irgendwie wusste ich ja auch, dass er recht hatte. Aber ich wollte es nicht wahrhaben. Milan gehörte mir, nicht ihm.
"Nein, Milan ist mein Sohn. Ich habe ihn auf die Welt gebracht. Er gehört zu mir", verdeutlichte ich Basti meinen Standpunkt.
"Mario, du machst einen riesen Fehler", versuchte es Basti erneut, aber ich blieb stur und ging stattdessen zu Milan, um mit ihm zu spielen. Ich genoss die Zeit mit meinem Sohn wirklich sehr, ehe sie jäh unterbrochen wurde: "Mario kommst du mal bitte? Du hast Besuch."
Ich seufzte und sagte: "Papa ist gleich wieder da mein Schatz. Spiel schön weiter." Dann stand ich auf und verließ Milan’s Zimmer, nicht ohne die Tür hinter mir sorgfältig zu schließen. Dann sah ich auch schon warum Basti mich gerufen hatte. Ein ziemlich wütender Marco stand in meinem Flur.
"Wo ist mein Sohn Götze?", fragte er wütend.
"Mein Sohn, ist da wo er hingehört. Bei mir", erwiderte ich ruhig und trat auf Marco zu. Der schnaubte nur verächtlich.
"Ganz sicher nicht. Ich werde Milan jetzt mitnehmen. Bei mir hat er es besser als bei dir. Diese Aktion hat ja nur auch wieder gezeigt, dass du absolut verantwortungslos bist", knallte er mir an den Kopf.
"Das ist nicht wahr! Ich habe immer alles für Milan getan. Er ist mein Sohn! Mein Baby! Ich habe mich immer gut um ihn gekümmert! Er hatte es immer gut bei mir und er gehört zu mir!", rief ich verzweifelt.
"Bei mir hat er es besser", sagte Marco nur verächtlich und wollte an mir vorbei, als ich mich an seinen Arm klammerte.
"Nein Marco bitte. Du darfst ihn mir nicht wieder wegnehmen. Bitte Marco! Ich liebe ihn! Ich brauche ihn! Er gehört zu mir! Bitte tu das nicht! Tu mir, tu uns das nicht an", flehte ich den Tränen nahe. Marco jedoch blickte mich nur kalt an und löste meinen Griff: "Vergiss es Götze und jetzt hole ich mir meinen Sohn." Dann Schritt Marco auf das Kinderzimmer zu. Ich wollte ihn aufhalten, aber da öffnete er schon die Tür. Verzweifelt musste ich beobachten, wie Marco auf Milan zuschritt und den Kleinen hochnahm.
"Papa böse?", fragte der Kleine und mein Herz setzte aus. Warum hatte Milan solche Angst, dass Marco wütend wäre? Was hatte mein Wunder bitte erlebt? Zu meiner Erleichterung verneinte Marco und Milan kuschelte sich beruhigter an ihn.
"Milan bei Papa bleiben?", kam seine nächste Frage.
"Nein Milan, das geht nicht", wies Marco ihn zurecht und jetzt schaltete ich mich erneut ein: "Bitte Marco. Wenigstens bis nach dem Abendessen. Ich bitte dich", flehte ich.
"Nein. Milan und ich gehen jetzt. Wo ist der Rucksack?", erwiderte er und zögerlich weil ich vor Milan nicht mit seinem Papa streiten wollte, reichte ich Marco den Rucksack.
"Gut. Wir gehen und wag es nicht, meinem Sohn nochmals zu nahe zu kommen", sagte Marco und stapfte an mir vorbei aus dem Zimmer zur Haustür. Milan’s Augen blickten mich über seine Schulter hinweg traurig an und ich konnte nicht verhindern, es erneut zu probieren: "Bitte Marco. Wenn du es schon nicht für mich tust, dann wenigstens für Milan. Bitte lass mir UNSEREN Sohn!"

Aber Marco ignorierte mich und verließ mit einem "Tschüss Bastian" die Wohnung. Ich blickte auf die Tür, durch die mein Sohn eben verschwunden war.
"Nein... Milan...", stammelte ich und die Tränen über den erneuten, schmerzhaften Verlust meines Sohnes begannen zu fließen. Es wurde immer schlimmer, bis ich nur noch ein weinendes häufchen Elend auf meinem Flurboden war.

Every BabyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt