Kapitel 35

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POV Mario

Hektisch wählte ich die Telefonnummer von Thomas, welcher zum Glück auch fast sofort ran ging:
"Mario, was kann ich für dich noch vor dem Training tun?"
"Also...ähm...naja, da wäre so ne Sache", druckste ich herum.
"Jetzt spuck schon aus, was ist los?", fragte Thomas nach.
"Es geht um meinen Sohn, Milan, also naja, er ist krank und ich kann ihn deswegen nicht in die Kita geben und da auch sonst niemand auf ihn aufpassen kann, muss ich mich um ihn kümmern und-", sprudelten die Worte aus mir heraus und Thomas vollendete meinen Satz: "Deshalb kannst du nicht zum Training kommen."
"Genau", bestätigte ich leise.
"Du weißt, dass das Training wichtig ist?", fragte Thomas nach.
"Ich weiß Trainer, aber Milan ist mir wichtiger", gab ich von mir und es stimmte. Auch wenn ich den Fußball liebte, Milan liebte ich mehr und für ihn würde ich alles hinschmeißen.
"Mario, ich glaube wir haben ein Problem", verkündete Thomas mir nun.
"Wir...Wir haben ein Problem?", fragte ich unsicher nach.
"Ja, wir haben ein Problem. Ich habe dir schon einmal gesagt, dass ich nicht Pep bin. Ich bin selbst Vater und ich kann dich verstehen, weswegen es kein Problem ist, wenn du den Kleinen mit ins Training bringst. Außerdem wird es eh mal Zeit, dass Milan die Mannschaft kennenlernt und umgekehrt", erläuterte mir Thomas unser 'Problem' und ich wusste nicht, ob ich über dieses Problem nun erleichtert sein sollte, oder lieber heulen wollte. Milan würde alles auffliegen lassen und ich würde große Probleme bekommen. Andererseits war es eine wundervolle Unterstützung, die Thomas mir da anbot und die mir gerade sehr gelegen kam.
"Ich...Okay....Ich bringe Milan mit", presste ich hervor.
"Sehr schön, dann bis später. Ich freue mich schon auf deinen Kleinen", verabschiedete sich Thomas und ich legte auf, atmete einmal tief durch und machte mich dann auf den Weg zu meinem kleinen, kranken Schatz zurück. Ganz vorsichtig zog ich ihn auch warm genug an und versuchte dabei gleichzeitig sein Gesicht größtmöglichst zu verbergen.
"Papa wo?", fragte er mich schlapp.
"Ich nehm dich heute mit zum Training mein Schatz. Da kannst du dem Papa ein bisschen beim Fußballspielen zuschauen", erklärte ich Milan, welcher nur nickte. Man merkte, dass es ihm nicht gut ging, denn sonst hätte er deutlich anders reagiert. Er wäre vermutlich jubelnd umher gerannt und wäre sehr schnell angezogen gewesen. Immerhin wollte er in letzter Zeit oft mit und seinen Papa und mich beim Training sehen. Ich hatte es ihm nur immer verweigert. Ich konnte nur hoffen, dass Marco nicht allzu sauer werden würde aber was hatte ich schon für eine andere Wahl? Thomas’ Ansage war klar gewesen, meine Eltern hatten keine Zeit und sonst konnte ihn nun mal niemand anders nehmen, da André selbst Training hatte und der Rest in München wohnte oder sogar im Ausland ging es nicht anders.

Als Milan fertig war, zog ich mich selbst noch schnell um, schnappte einen Rucksack für ihn, meine Sporttasche und schon ging es los Richtung Training und obwohl ich mich beeilt hatte, kamen wir fast eine viertel Stunde zu spät an.
"Na komm mein Schatz, der Papa muss sich beeilen", sprach ich, während ich Milan aus seinem Sitz befreite. Milan klammerte sich sofort an mich und ich musste lächeln. Jetzt war ich ziemlich ruhig aber als Milan das erste mal krank war, war ich fast durchgedreht und hatte allen voran meine Mutter wahnsinnig gemacht. Aber wahrscheinlich war das bei allen Eltern so, wenn ihr Kind das erste mal krank war. Schnellen Schrittes ging ich Richtung Platz, wo das restliche Team bereits versammelt stand. Marco war mit Auba am rumalbern und bemerkte uns gar nicht. Einerseits machte mich das traurig, aber andererseits konnte ich so nochmal durchatmen, bevor ich mich allen, inklusive Marco stellen musste.
"Ah Mario, da seid ihr ja endlich", empfing Thomas Milan und mich freundlich. Ich nickte: "Bitte entschuldige die Verspätung." Thomas wollte gerade zu einer Erwiderung ansetzen als Marco direkt vor uns auftauchte und mich wütend anblitzte.
"Wie kannst du es nur wagen?!", zischte er und wirkte dabei so einschüchternd, dass ich einen Schritt zurück wich. Milan, der die Stimme seines Papas erkannt hatte, löste sich jetzt etwas von mir und blickte matt in seine Richtung: "Papa." Marco, über den Zustand seines Sohnes sichtlich erschrocken, vergaß für einen kurzen Augenblick seine Wut und fragte: "Was ist mit dir?" Als Milan nicht reagierte, wandte er sich nun wieder wütend an mich: "Was hast du mit meinem Sohn gemacht?!"
"Nichts...Milan ist einfach nur krank", stammelte ich.
"Wie kommst du auf die bescheuerte Idee meinen kranken Sohn zum Training mitzuschleppen, anstatt mit ihm zuhause zu bleiben? Hat dir die Aktion mit deiner Ex nicht gereicht? Willst du unbedingt, dass alle Welt es erfährt?!", schrie er mich an.
"Ich...Nein...Aber...", brachte ich nur sinnloses Gestammel raus und die bohrenden Blicke der restlichen Anwesenden machten es nicht besser. Marco schenkte mir nur einen verächtlichen Blick und trat näher.
"Hey Milan, kommst du mal zum Papa auf den Arm?" fragte er sanft und fuhr ihm sanft über den Rücken. Milan nickte träge, doch ich wollte ihn nicht hergeben und klammerte mich fester an ihn.
"Nein, Milan bleibt bei mir", sagte ich. Marco schnaubte darüber nur verächtlich, trat ganz nahe und legte seine Hände an Milan. "Übertreib es nicht Götze und mach es nicht noch schlimmer", zischte er verächtlich und entsetzt und geschockt, ließ ich Milan tatsächlich los. Marco nahm ihn und trat mit dem kleinen aus meiner direkten Reichweite. Sein Gesichtsausdruck war undefinierbar.
“Marco-“, setzte ich an, aber er unterbrach mich: “Nichts Marco. Sei einfach still. Du hast schon mehr als genug angerichtet. Es reicht mir. Ich lasse mir von dir nicht weiter mein Leben kaputt machen, nur weil du nicht in der Lage bist, richtig auf Milan aufzupassen und dich richtig zu verhalten. Ich lasse nicht zu, dass du weiter dein waghalsiges Spiel mit der Öffentlichkeit treibst. Ich nehme Milan mit zu mir und da wird er erstmal bleiben! Du kannst dich melden, wenn du ihn sehen willst“, warf Marco mir an den Kopf und stapfte mit Milan auf dem Arm wutentbrannt vom Platz zu den Autos. Mein Gehirn brauchte einen Augenblick um alles zu verarbeiten und zu begreifen, dass Marco mir gerade meinen Sohn weggenommen hatte, welcher sich nur glücklich an seinen Vater geschmiegt hatte. Meine Atmung und mein Puls beschleunigten sich, als Adrenalin durch meinen Körper jagte und ich Marco hinterherrennen wollte.
“Bleib hier. Das hat keinen Sinn“, erklang André’s laute Stimme, der seine Arme um meinen Körper geschlungen hatte und mich daran hinderte, meinem Sohn zu folgen.
“Nein! Milan!“, rief ich und kämpfte gegen den Griff an. Tatsächlich hatte André wohl nicht mit so viel Gegenwehr gerechnet, denn sein Griff wackelte und ich war im Begriff mich loszureißen, als Auba’s Arme dazu kamen.
“Mario beruhig dich. Du hast keine Chance. Lass es gut sein“, sprach André weiter auf mich ein und ich fühlte mich von ihm unglaublich verraten.
“Nein, mein Kind! Er kann ihn mir doch nicht einfach wegnehmen“, rief ich aus und brach dann weinend zusammen. Dabei stammelte ich zwischen den Schluchzern immer wieder den Namen meines Kindes. Meines kleinen Wunders, dass ich gerade an den Mann verloren hatte, dank dem es das kleine Wunder überhaupt gab. André hielt mich dabei die ganze Zeit im Arm.
“Na komm Mario, ich bring dich heim“, murmelte er und ich ließ mich von ihm zu seinem Auto schieben. Aktiv bekam ich nichts davon mit, denn die ganze Zeit spielte sich in meinem Kopf das Bild ab wie Marco Milan von mir weg getragen hatte und am Parkplatz war mein Blick automatisch zu Marco’s verlassener Parklücke geglitten.

Every BabyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt