Kapitel 71

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POV Mario

“Ich freue mich so, dass ihr die Zeit gefunden habt zu kommen”, sagte Marcos Mutter und schloss uns drei liebevoll in die Arme.
Lächelnd schaute ich sie an.

“Das ist doch selbstverständlich. Ihr seid genauso Milans Familie, wie meine Familie auch.”
Sie strich mir einmal über die Wange und ließ uns dann herein. Milan hatte Nico direkt entdeckt und rannte auf seinen Cousin zu. Der Anblick war einfach so wunderschön, dass ich mir mein Handy schnappte und ein Foto von den beiden Grinsebacken machte.
“Abendessen ist jetzt im Ofen”, rief Marcos Vater aus der Küche und bei dem Gedanken an Essen wurde mir ganz anders.
Ich ging eh schon auf wie eine Qualle und jetzt musste ich auch noch jeden Abend so viel essen. Marco schien meine Gedanken zu bemerken, denn er griff nach meiner Hand und strich beruhigend darüber.
“Wie geht's dem kleinen Wunder?”, fragte Melanie und schaute neugierig zu Marco und mir.
“Das kleine Wunder ist gesund und munter. Ich freue mich schon auf den Tag, andem wir endlich erfahren welches Geschlecht unser Kind hat”, meinte ich und strich verträumt über meine kleine Kugel. Es war einfach unglaublich, wie sehr man mir die Schwangerschaft schon ansehen konnte, obwohl ich erst im dritten Monat war.
“Das glaube ich dir. Bei uns war es nicht anders. Aber eigentlich ist es am wichtigsten, dass das Kind gesund ist”, erwiderte sie und ich nickte sofort.
“Ja, das stimmt. Das ist für uns auch das Wichtigste”, stimmte ich zu und Marco nickte ebenfalls lächelnd.
Ich konnte meinen Blick kaum von ihm lassen. Er hatte sich in den letzten Jahren zu einem noch viel schöneren und attraktiveren Mann entwickelt, als er bei unserer ersten Begegnung schon gewesen war. Ich liebte diesen leichten Goldstich in seinen Haaren, wenn sie vom Licht angestrahlt wurden und sein Lächeln war sowieso das schönste auf der ganzen Welt. Im Grunde war er der schönste Mensch den ich kannte und dazu hatte er noch den perfekten Charakter. Natürlich war Charakter immer subjektiv aber für mich war Marco schlichtweg perfekt.
“Papa, weißt du mein Geschenk ist?”, fragte Milan irgendwann und ich zuckte mit den Schultern.

“Da musst du Oma und Opa fragen mein Schatz.”
Sofort rannte Milan auf seine Oma zu und blickte sie mit seinen Rehaugen an.

“Oma? Wo ist mein Geschenk?”
Kichernd hob sie darauf unseren Sohn auf ihren Arm und ging mit ihm zu dem großen Tannenbaum. Dort setzte sie sich mit ihm hin und drückte ihm zwei Pakete in die Hand.

Milans Augen wurden gleich größer und er begann mit seinen kleinen Händen das Papier aufzureißen. Heraus zog er ein kleines Trikot auf dem Milan stand. Darunter war die Zahl eins abgebildet.
“Er ist unsere Nummer eins”, meinte Manuela bei unserem fragenden Blick und mir ging ein Licht auf. Natürlich war er unsere Nummer eins und das würde er auch bleiben.
Doch als ich das nächste Mal zu Milan sah, hielt er nicht nur das Trikot in der Hand. Passend dazu hatte er eine kurze Hose und Stutzen bekommen. Natürlich war er total aus dem Häuschen, weil ihm seine anderen Trikots schon fast wieder zu klein waren. Milan nahm sich danach das zweite Paket und öffnete es genauso wie das andere. Darin befanden sich zwei Puzzle von König der Löwen und das Spiel Obstgarten. Nico kannte das Spiel aus der Kita und erklärte Milan so gut er konnte, wie man es spielte.
“Super, dass ihr ihm auch ein paar Spiele gekauft habt. Vielleicht bekommen wir ihn so mal vom Ball weg. Mario und ich haben schon so viel versucht aber er hat kaum Interesse an Tischspielen”, meinte Marco seufzend und betrachtete die beiden dabei, wie sie auf dem Boden saßen und in Ruhe das Spiel spielten.
“Das wird er schon noch. Er ist ja noch jung”, beruhigte uns seine Mutter und knuffte ihrem Sohn in die Seite.
Wir setzten uns an den Tisch und schon kam Marcos Vater mit dem Essen aus der Küche. Milan rannte auf uns zu und ich nahm ihn auf meinen Schoß, weil der Tisch zu hoch für ihn war. Milan aß zu Marcos und meinem Glück etwas von dem Rotkohl und meckerte auch sonst nicht wegen dem Essen herum. Nach dem Essen schnappten wir uns Milan und Nico und machten uns zu einem kleinen Spaziergang auf.
Marco und ich hatten im Vorfeld schon beschlossen gehabt Milan zu zeigen, wie die Umgebung an Weihnachten aussah. Er und auch Nico fragten immer wieder wieso die Häuser so bunt geschmückt waren und was es mit den ganzen Weihnachtsfiguren auf sich hatte. Ich versuchte es den beiden so gut wie möglich zu erklären und sie machten es sich zur Aufgabe zusammen die verschiedenen Weihnachtsmänner an den Häusern zu zählen. Nach einer halben Stunde machten wir uns wieder auf den Rückweg. Ich trug Milan auf meinem Arm und Marco Nico auf seinen Schultern.
“Wir sind wieder da!”, rief Marco einmal ins Haus und wir halfen den Jungs beim ausziehen.
Eine Weile saßen wir noch zusammen im Wohnzimmer und redeten über alles mögliche. Es war das schönste Weihnachten seit langem, weil wir als Familie zusammen waren und mir ging es das erste Mal seit Monaten so ehrlich gut. Marco und ich waren uns so nahe wie schon lange nicht mehr. Wir stritten kaum und redeten beinahe offen über alles. Es war wie vor meinem Wechsel nach München und ich fand, dass wir auf einem richtig guten Weg waren.
Irgendwann verabschiedeten wir uns schließlich von den anderen und machten uns auf den Weg nach Hause. Dort schlief Milan relativ schnell ein und ich machte es mir daraufhin mit Marco auf dem Sofa gemütlich.
“Hier”, sagte er und drückte mir einen Gutschein in die Hand, “der ist von meinen Eltern. Sie haben wohl mit deinen gesprochen.”
“Die sind doch alle wahnsinnig”, hauchte ich und schüttelte fassungslos den Kopf. Es war ein Gutschein für neue Kindermöbel.
“Typisch unsere Eltern eben. Es ist ja nicht so, dass wir selbst genug verdienen”, kicherte er und zog mich an sich.
Wir schauten “Kevin allein Zuhaus” und redeten über alte Zeiten. Es gab viel zu lachen und gleichzeitig überlegten wir schonmal welche Kindernamen für uns überhaupt in Frage kamen.
Marco verschwand am Ende des Films auf Toilette und genau dann klingelte es an der Tür. Murrend stand ich auf und fragte mich wer uns um so eine Uhrzeit noch auf den Wecker gehen wollte.
Als ich die Tür geöffnet hatte, blieb mir erstmal die Luft weg.
“Marco! Du hast Besuch!”, rief ich leicht hysterisch und kurz darauf kam Marco auch schon angerannt.
In seinen Augen konnte ich die blanke Panik erkennen.

“Scarlett.”
“Hallo Marcilein”, murmelte sie und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen, “ich wünsche dir frohe Weihnachten!”
Damit stolzierte sie an uns vorbei und ich blickte ihr sprachlos hinterher. Mein Herz war in tausend Stücke zersprungen und an Marcos Gesichtsausdruck erkannte ich, dass irgendwas nicht stimmte. Das ganze Fest war so schön gewesen und mit einem Schlag ging alles den Bach runter. Wieso tauchte seine Ex an Weihnachten bei uns auf? Tief im Inneren wollte ich die Antwort nicht wissen, denn ich ahnte das mir die Antwort den Boden unter den Füßen wegziehen würde.

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