Every Baby

Kapitel 90

POV Marco

“Pscht Milan, alles gut. Wir sind doch schon wieder gelandet. Bitte hör auf zu weinen mein kleiner Schatz”, redete ich gestresst auf meinen Sohn ein, während ich den Flughafen verließ und mich suchend nach Lewy umblickte.

Ich wusste, dass Milan fliegen hasste, aber ich hatte keine andere Wahl gehabt. Einen Babysitter hatte ich mitten in der Nacht nicht organisieren können und ich musste doch dringend zu Mario. Dass ich dieses Flugzeug noch bekommen hatte, war mehr als nur Glück gewesen. Lewy hatte mich sofort angerufen, als Fabi Mario ins Krankenhaus gebracht hatte und in Windeseile hatte ich alles möglich gemacht um zu Mario nach München zu kommen. Der Flug war mir wie eine Ewigkeit vorgekommen und die beständige Sorge um Mario und unsere Tochter machte es nicht besser. Ich wollte einfach nur noch ins Krankenhaus und zu Mario. Dem musste es bestimmt auch nicht sehr gut gehen und ich wollte unbedingt für ihn da sein.
Endlich erblickte ich Lewy und rannte förmlich auf das Auto zu. Etwas unsanft packte ich den weinenden Milan auf seinen Sitz und setzte mich selbst schnell auf die Rückbank zu ihm.
“Wie geht es Mario und der Kleinen?”, fragte ich Lewy sofort. Der fuhr jedoch erstmal los, bevor er mir antwortete:

“Ihre Herztöne waren schwach. Fabi hat wenige Sekunden bevor du gekommen bist angerufen. Sie werden sie jetzt holen.”
“Was?!”, rief ich entsetzt aus. Ich wollte unbedingt bei der Geburt meiner Tochter dabei sein!

“Fahr schneller!”
“Beruhig dich Marco. Ich fahre so schnell ich kann. Dr. Stoll weiß, was er tut. Er wird auf Mario und die Kleine aufpassen”, redete Lewy auf mich ein, aber ich blendete ihn aus. Ich könnte es mir nicht verzeihen, wenn einem von den beiden etwas passieren würde.
“Wie geht es Mario?”, fragte ich.
“Er hat Angst. Große Angst um eure Kleine und Angst vor deiner Reaktion. Fabi ist bei ihm und wird ihn erstmal im Kreissaal unterstützen bis wir hoffentlich noch rechtzeitig da sind. Er möchte dich dabei haben”, erklärte mir Lewy.
“Ich möchte auch dabei sein”, flüsterte ich fast tonlos und bereute es mal wieder, dass Mario und ich so weit auseinander wohnten während der Schwangerschaft.
“Egal was passiert. Du darfst ihm keinen Vorwurf machen. Du musst für ihn da sein. Hast du verstanden?”, meinte Lewy hart und ich schluckte.
“Wie... Wie meinst du das?”, fragte ich sicherheitshalber nach, denn mir schwirrten die schlimmsten Gedanken durch den Kopf. Was wenn es die Kleine nicht schaffen würde? Oder wenn Mario oder gar beiden noch was passieren würde? Ich brauchte sie doch beide.
“Du weißt ganz genau was ich meine. Stell dich nicht dümmer als du bist Marco Reus”, fauchte er mich an.
“Ich werde für ihn da sein”, versprach ich leise und durch Milans Weinen eigentlich kaum verständlich.

Das würde ich wirklich tun und doch verbat ich mir weitere schlimme Gedanken. Es würde alles gut gehen. Es musste alles gut gehen und bald würde meine kleine Familie zuhause in Dortmund sein. Milan, unsere Tochter und Mario und ich. Gesund und munter.
“Gut und jetzt kümmer dich endlich um Milan. Das Geheule geht mir tierisch auf die Nerven”, beschwerte sich Lewy und ich nickte. Mein Sohn war immer noch vollkommen fertig vom Flug und vermutlich verstand er auch die Welt nicht mehr, warum er aus seinem Schlaf gerissen wurde und jetzt hier bei Onkel Lewy war. Gleichzeitig war es für mich noch eine minimale Ablenkung von meinen Horrorgedanken.
“Hey Milan. Wir fahren jetzt zum Papa”, erklärte ich meinem Sohn und strich ihm sanft über die Wange. Aus großen, geröteten Augen sah er mich an.
“Zu Papa?”, fragte er einfach nur niedlich nach und hörte tatsächlich zum ersten Mal seit dem Start der Maschine auf zu weinen.
“Ja, zum Papa. Und dann wirst du deine kleine Schwester kennen lernen”, erklärte ich ihm und Milan nickte begeistert. Dann rieb er sich aber müde die Augen.
“Schlaf ruhig wieder”, redete ich ihm zu und fast wie auf Kommando kuschelte sich Milan in den Sitz und schlief wieder ein.
“Wie lange noch Lewy?”, fragte ich unseren Fahrer genervt und immer nervöser werdend.
“Noch kurz Marco. Wir sind gleich da. Eine Kreuzung noch”, redete er mir beruhigend zu.
“Was mache ich denn mit Milan?”, kam mir in dem Moment siedend heiß. Ich wollte ihn nicht im Auto lassen, aber ich wollte auch zu Mario.
“Ich werde mit ihm warten und du kannst Fabi bei Mario ablösen.
“Aber komme ich da überhaupt noch rein?”, fragte ich skeptisch.
“Keine sorge. Fabi hat alles geregelt. Wenn wir da sind gibt eine Schwester bescheid und ihr könnt die Plätze im Kreissaal tauschen”, erklärte mir Lewy und ich nickte beruhigt. Ich würde mich bei den beiden echt noch bedanken müssen. Sie hatten wirklich viel für mich und Mario getan.
“Okay”, antworte ich. Aber jetzt kam die Nervosität.
“Wir sind da”, riss mich Lewy aus den Gedanken und sofort war ich hellwach. Ich sprang aus dem Auto, holte Milan auf meinen Arm und eilte mit ihm ins Krankenhaus.
“Wo lang?”, fragte ich gehetzt.
“Mir nach. Ich weiß, wo wir hin müssen”, antwortete mir Lewy und ich folgte ihm gefühlt einmal quer durch das Krankenhaus. Auf einer Ebene blieb er dann stehen und redete mit einer Schwester.
“Okay. Sie sagt drinnen bescheid. Gib mir jetzt bitte Milan”, wandte sich Lewy an mich, während die Schwester im Saal verschwand. Unsicher gab ich ihm den Kleinen, der zum Glück immer noch schlief. Gerade rechtzeitig, denn in dem Moment kam die Schwester mit Fabi im Schlepptau zurück.
“Kommen sie. Ich bringe sie rein”, forderte sie mich auf und mit einem abweichenden Blick zu Fabi und Lewy folgte ich ihr.
“Sie können gleich die Hand ihres Lebensgefährten nehmen. Reden sie am besten etwas mit ihm. Lenken sie ihn ab, dann ist es für ihn leichter”, wies sie mich an und ich nickte. Dann war ich wie im Tunnel.

Ich sah Mario und steuerte einfach nur auf sein Gesicht hin. Er wirkte nervös, angespannt und gestresst.
“Hey Sunny. Alles ist gut. Ich bin da”, murmelte ich und strich ihm sanft die Haare von der Stirn.