Kapitel 36

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POV Mario

Die ganze Nacht schlief ich mehr als schlecht aber das war auch kein Wunder. Ich vermisste Milan bei mir. In den letzten zwei Jahren hatte ich nicht eine Nacht ohne mein kleines Wunder verbracht. Viele Male war ich aufgewacht und mir wurde jedes mal schmerzlich bewusst, dass Milan nicht bei mir war. Ich vermisste sein Tapsen durch die Wohnung, sein Kichern und vor allem den Kuss, den er mir gab, wenn ich ihn weckte. Ja, an diesem verdammten Morgen war alles anders. Marco hatte mir mein Kind weggenommen aber so einfach würde ich mich nicht geschlagen geben. Ich hatte mir fest vorgenommen beim Training nochmal mit ihm zu reden. Milan gehörte zu mir. An diesem Morgen quälte ich mich langsam aus dem Bett und wusch mich sporadisch. Ich hatte nicht mal Lust mich um meine Haare zu kümmern. Im Grunde genommen war mir alles Scheißegal. Ich wollte nur mein Kind wieder in meine Arme nehme können.

Obwohl ich nicht wirklich Hunger hatte, machte ich mir zwei Brote. Als sie jedoch vor mir lagen, bekam ich nicht einen Bissen herunter. So machte ich mich unverrichteter Dinge auf den Weg zum Training.

Als ich dort ankam, stand Marco’s Auto bereits dort und ich wusste ganz genau was meine Aufgabe war.
“Alter, du siehst echt Scheiße aus", meinte Schmelle, der aus dem Auto neben mir stieg und mich besorgt musterte.
“Mir...mir geht's nicht so gut", meinte ich nur knapp und warf ihm ein halbherziges Lächeln zu, bevor ich direkt in die Kabine ging.

Als ich die Tür aufriss, blickte ich direkt in die grünen Augen von Marco. Dieser nahm es sich zur Aufgabe mich keines Blickes zu würdigen. Stattdessen wirkte der Rest unseres Teams angespannt. Sie wussten nicht was sie tun sollten aber das konnte ich ihnen nicht verübeln. Sie kannten die ganze Geschichte ja nicht. Doch trotz allem nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und ging auf Marco zu.
“Wo ist mein Kind?", fragte ich mit fester Stimme.
“Dein Kind ist bei Marcel", sagte er kühl, hielt es jedoch immer noch nicht für nötig mich anzugucken.
“Bitte gib ihn mir zurück. Er...er braucht mich doch", flüsterte ich leise. Schnaubend schüttelte er den Kopf.

“Vergiss es Götze. Milan bleibt bei mir. Du hast genug angerichtet und er hat’s bei mir viel besser. Dort ist er nicht der Öffentlichkeit ausgesetzt.”

Autsch. Das hatte selbst mir weh getan. Er unterstellte mir also indirekt, dass ich ein schlechter Vater für Milan war. Das ich nicht gut für mein Kind sorgen konnte.
“Ich...ich liebe mein Kind", japste ich entrüstet, “Ich würde alles für Milan tun und das weißt du. Gib mir mein Kind zurück!”
“Nein!", zischte er und erhob sich von der Bank, um sich vor mir aufzubauen, “Milan ist ebenso mein Sohn und du bist eine Gefahr für ihn.”

Damit drehte er sich um und wollte die Kabine verlassen, doch ich riss ihn an der Schulter zurück.

“Ich habe dieses Kind neun Monate unter meinem Herzen getragen. Du...du kannst ihn mir nicht wegnehmen. Er braucht mich.”
“Er braucht dich also? Deshalb will er auch nicht einfach weg von mir richtig? Weil er dich viel mehr braucht. Sieh es ein Mario, Milan hat es besser bei mir", giftete er und jetzt konnte ich meine Tränen nicht mehr aufhalten.
“Bitte...Marco...Bitte", schluchzte ich und klammerte mich an seinem Arm fest.
“Findest du nicht, dass du ein bisschen übertreibst?", fragte Schmelle an Marco gewandt, doch dieser warf ihm nur einen Todesblick zu.

“Misch dich nicht ein, Schmelle. Das ist eine Sache zwischen Mario und mir.”

Er löste meine Hand von seinem Arm und stolzierte aus der Kabine. Entsetzt blickte ich ihm hinterher. Er wollte mir meinen Sohn nicht zurück geben. Er wollte mir Milan wegnehmen.
“A-André", schluchzte ich und sank auf meine Knie.

“M-milan.”
“Hey beruhige dich", sagte Lukasz und kniete sich zu mir herunter. Ich spürte wie er sanft über meinen Rücken strich und ich mich einfach in seine Arme fallen ließ.
“Er sieht wirklich fertig aus. Passi kannst du gucken, ob André schon zu sehen ist?", hörte ich Schmelle fragen und erst da wurde mir bewusst, dass André noch nicht bei uns in der Kabine war.
“Natürlich", sagte der Jüngere und lief geradewegs aus der Kabine.
“Das wird schon wieder, Mario", gab Gonzo aus der einen Ecke zu verstehen. Eine warme Hand legte sich auf meine Schulter.

“Es tut mir vom Herzen Leid, Mario. Hätte ich gewusst was euer Problem ist, dann hätte ich dich nie so behandelt. Verzeih mir", meinte Auba und half mir zusammen mit Lukasz auf. Da ich jedoch keinen Halt fand, stütze mich Auba sofort. Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und André kam auf mich zugelaufen.

“Sunny, was ist passiert?" Sofort fing ich wieder an zu weinen und ich bekam keinen anständigen Satz heraus, weshalb er fragend in die Gesichter der Anderen blickte.
“Marco will Milan nicht herausgeben", meinte Chris und André’s Gesichtsausdruck fiel gleich in Besorgnis um.
“Mario...Hier ist gerade nicht der richtige Ort für dich. Komm, ich bring dich nach Hause und wenn du dich ausgeruht hast reden wir", schlug er vor und ich schaffte es gerade so zu nicken. Auba übergab mich an André, bat sich aber noch an ihm zu helfen. Dankbar nahm André dieses Angebot an, weshalb jeweils einer der Beiden rechts und links an meiner Seite stand.
“Mario, wenn etwas ist, wir sind für dich da", meinte Schmelle nochmal und umarmte mich kurz. Gleich darauf befanden wir drei uns auf dem Weg zu meinem Auto. André hatte beschlossen mich zu fahren und sein Auto stehen zu lassen. Während der gesamten Fahrt redeten wir nicht ein Wort. Stattdessen liefen mir immer wieder kleine Tränen über die Wangen und ich konnte nur an mein Kind denken. Zuhause angekommen, verfrachtete mich André erstmal ins Bett. Er kochte mir etwas zu essen und verabschiedete sich dann mit dem Versprechen am nächsten Morgen vorbei zu schauen. In der Nacht schlief ich noch schlechter als in der Nacht zuvor. Panikattacken überkamen mich und ich hatte ständig Herzrasen. Als André am nächsten Morgen bei mir auftauchte hatte ich sein Essen nicht mal angerührt. Ich hatte nur ein bisschen Wasser getrunken. André versuchte mit mir zu reden, doch ich wollte einfach nicht. Ich legte mich einfach auf die Seite und ließ alles an mir vorbeirauschen. Ich konnte einfach nur an Milan denken. Nichts anderes spielte noch eine Rolle. Das selbe Muster wiederholte sich die ganze nächste Woche und ich wusste, dass André sich schreckliche Sorgen machte.
“Mensch Mario, bitte hör mir doch zu. Ich verstehe ja, dass du völlig fertig bist aber damit hilfst du dir nicht. Marco wird dir Milan in diesem Zustand niemals wieder geben", redete er auf mich ein und rüttelte fest an meinem Arm.
“Ich...ich...will...mein...Kind", krächzte ich leise und würdigte ihn das erste Mal seit Tagen mit einem Blick.
“Das weiß ich doch. Ich bin auch absolut auf deiner Seite. Was Marco da macht geht überhaupt nicht. Ich habe versucht mit ihm zu reden aber er hört mir nicht zu.”
“W-warum tut er das?", murmelte ich nur und sah André direkt in die Augen. Dieser legte seine Hand sanft auf meine: “Er ist wütend wegen dem Artikel. Mario, das war auch keine gute Aktion. Er hat sich vor den Kopf gestoßen gefühlt. Jeder denkt jetzt, dass Ann die Mutter von dem Kleinen ist und das hat ihn sehr verletzt. Natürlich rechtfertigt das nicht im geringsten sein jetziges Handeln.”
,,A-aber Ann ist mir egal", sagte ich ernst, “Du weißt doch was ich fühle.”

Seufzend nickte er: “Ja, ich weiß was du fühlst aber Marco sieht das nicht. Er hat Angst, dass Milan in die Öffentlichkeit kommt weil alle so heiß hinter ihm her sind. Er will ihn beschützen. Er will euch beschützen, genau wie du es all die Jahre getan hast.”
“A-aber Milan gehört zu mir", japste ich und merke, wie mein Herz wieder schneller zu schlagen anfing. Ich bekam kaum noch Luft und kauerte mich stattdessen in Embryostellung zusammen.
“Mario, komm runter", fehlte er eindringlich und strich über meinen Handrücken.

Ganz allmählich begann sich meine Atmung zu stabilisieren und ich merkte, wie ich anfing einzunicken. Ich hörte irgendwann nur noch ein: “Mario... was soll ich nur mit dir machen?", jedoch konnte ich nicht mal mehr darauf antworten weil mein Gehirn schon abgeschaltet hatte. Ich hatte die letzten Tage einfach viel zu wenig geschlafen.

Every BabyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt