Kapitel 74

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POV Marco

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, wusste ich zuerst nicht was passiert war. Da es noch dunkel war, konnte ich auch kaum etwas erkennen, aber ich spürte wie sich etwas neben mir bewegte. Im ersten Moment dachte ich, dass ich wie so oft neben Mario eingeschlafen war, doch dann spürte ich plötzlich lange Haare im Gesicht. Erschrocken setzte ich mich auf und blickte in das hübsche Gesicht meiner Ex-Freundin.
“Guten Morgen. Wie spät ist es?”, fragte sie gähnend und bettete ihren Kopf auf meiner Brust.
“Keine Ahnung. Ich gehe mal in der Küche auf die Uhr gucken und mache uns Frühstück”, hauchte ich und drückte ihr einen leichten Kuss auf die Stirn.
Lächelnd wuschelte sie mir durch die Haare und ich wollte mich am liebsten nicht vom Fleck bewegen. Scarlett tat mir einfach gut und ich kam aus den Alltagssorgen ein bisschen heraus. Langsam schälte ich mich aus der Decke und tappte leise in die Küche, um meine Jungs nicht aufzuwecken. Ich stellte fest, dass es gerade mal sieben Uhr war und ärgerte mich, dass ich meinen Arsch schon vom Sofa bewegt hatte.
Da ich sowieso nicht mehr einschlafen konnte, versuchte ich Pfannkuchen zu machen. Milan liebte Pfannkuchen und ich wollte meinem kleinen Engel mal wieder ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Für ihn war es schwierig zu verstehen, weshalb Mario nicht mehr all die schönen Sachen mit ihm machen konnte. Pfeifend stand ich am Herd und bewegte mich zum Takt der Musik, als sich plötzlich zwei Arme um meinen Bauch schlangen.
“Ich hab vergessen wie attraktiv du bist”, wisperte Scarlett und küsste sanft meinen Hals.
“Tja, ich bin eben der geilste Hecht weit und breit”, gab ich gespielt an und zwinkerte ihr grinsend zu.
Kopfschüttelnd setzte sie sich an den Tisch und schaute mir beim braten zu. Insgesamt war die Ausbeute nicht schlecht, da mir nur der erste Pfannkuchen angebrannt war und ich ihn somit in den Müll geworfen hatte.
“Ich gehe mal Mario und Milan wecken“, sagte ich an Scarlett gewand und stellte das fertige Essen schonmal auf den Tisch.
Langsam ging ich auf Marios Zimmer zu und klopfte behutsam an der Tür.
“Sunny. Frühstück ist fertig”, sagte ich während ich die Tür aufmachte und blieb wie erstarrt stehen, als ich das leere Bett sah.
Alles in meinem Kopf lief durcheinander und ich rannte auf seinen Kleiderschrank zu, nur um festzustellen, dass seine Lieblingsklamotten fehlten.
“Fuck!”, hauchte ich und lief in Milans Zimmer, wobei ich Scarletts besorgte Nachfragen ignorierte.
Doch auch in seinem Kleiderschrank fehlten die wichtigsten Sachen und seine Autos waren verschwunden. Entsetzt darüber ließ ich mich erstmal auf den Boden sinken und vergrub meinen Kopf in den Armen.
“Marco?”, hörte ich Scarletts Stimme, “oh Gott, was ist passiert?”
“M-Marios Sachen sind weg”, würgte ich hervor und machte mir nicht die Mühe aufzusehen.
“Vielleicht ist er zu seinen Eltern gefahren?”, stellte sie die Theorie auf und sie konnte Recht haben. Er beklagte sich in letzter Zeit öfter, dass er seine Eltern viel zu wenig sah.
“Ich muss sofort zu ihnen fahren!”, sagte ich und war auch schon aufgesprungen. In diesem Moment war es mir egal, wie ich aussah, denn ich wollte nur noch Mario und Milan finden.
Scarlett erklärte sich bereit mich zu fahren, weshalb wir eine halbe Stunde später bei seinen Eltern vor der Tür standen. Doch diese sagten mir, dass Mario sich nicht bei ihnen gemeldet hätte.

Langsam aber sicher bekam ich es mit der Panik zutun. Er hätte mir doch sagen können, dass es ihm nicht gut ging. Doch stattdessen haute er einfach wieder ab. Das war ja so typisch für ihn.
Ich rief beim ganzen Team an und versuchte etwas herauszufinden, doch niemand hatte auch nur ein Wort von Mario gehört. Selbst Bastian wusste nichts und er war meine größte Hoffnung gewesen. Der letzte der mir einfiel war André, bei dem ich kurze Zeit später auf der Couch saß. Scarlett wollte in der Zwischenzeit etwas zu Essen für uns besorgen.
“Bitte sag mir, dass du etwas von Mario gehört hast”, hauchte ich verzweifelt und betete innerlich, dass ich endlich ein Lebenszeichen von ihm und meinem Sohn bekam.
Andrés Gesichtsausdruck ging direkt ins besorgte über.

“Mario war vor zwei Stunden mit Milan hier.”
“Und?”, fragte ich direkt, “was hat er gesagt?“
“Kannst du dir das nicht denken? Er ist verletzt, weil du ihm nichts von Scarlett gesagt hast. Ich habe dir gesagt, dass er es früher oder später erfahren wird”, murmelte er und schaute dabei nur auf seine Hände.
Mein Herz begann zu rasen und ich hatte mit einem Mal ein total schlechtes Gewissen. Natürlich war ich so dämlich gewesen und hatte Mario nichts erzählt, weil ich wusste wie sehr er Scarlett verabscheute.
“Auf einer Skala von eins bis zehn, wie verletzt war er?”, hakte ich nach und hatte unglaubliche Angst vor Andrés Antwort.
“Zwölf”, sagte er klar heraus, “er hat sehr emotional reagiert und viel geweint.”
Jetzt war es um mich geschehen. Tränen stiegen in mir empor und ich wusste nicht wohin mit meinen Emotionen.

“Oh nein. Er… Er wird nie wieder mit mir reden. Er wird nicht wieder kommen. Ich habe ihn verloren und Milan auch.”
“Jetzt mal nicht gleich den Teufel an die Wand. Lass ihm Zeit mit der Situation zurecht zu kommen”, versuchte André mich zu beruhigen, doch das funktionierte natürlich nicht mal ansatzweise.
Ich wusste, dass ich den Bogen dieses Mal überspannt hatte. Mario würde mir das sicherlich nie verzeihen. Scarlett hatte mich damals gezwungen mich zwischen Milan und ihr zu entscheiden. Das hatte Mario unglaublich zugesetzt und jetzt waren wir wieder auf dem Weg uns auseinander zu leben.

Ich würde Milan verlieren. Könnte nie wieder mit ihm Fußball spielen oder noch schlimmer, sehen wie er aufwachsen würde.
Schluchzend wählte ich Marios Nummer und versuchte immer wieder ihn anzurufen. Immer und immer wieder, doch er ging nicht ran.
“Wo… Wo ist er jetzt?”, fragte ich André leise und wischte mir die Tränen aus den Augenwinkeln.
Seufzend zuckte er mit den Schultern.

“Ich weiß es nicht. Er hat es mir nicht gesagt.”
“Ich… Ich muss ihn suchen. Wenn ihm oder dem Baby etwas passiert, verzeihe ich mir das nie”, wisperte ich und stieg vom Sofa auf.
Sporadisch umarmte ich André und war froh, dass Scarlett unten schon auf mich wartete. Wir suchten nochmal all seine Lieblingsorte ab und versuchten es sogar bei meiner Familie, doch Mario war nicht auffindbar.
“Du musst etwas essenl, wies Scarlett mich an und stellte mir einen Teller mit Nudeln vor die Nase.
Sofort drehte sich mir der Magen um. Mir war nach allem zumute aber nicht nach Essen. Zu groß war die Sorge um Mario und unsere Kinder. Ich hatte solche Angst sie nie wieder zu sehen. Sie waren doch meine Familie. Mario war meine Familie. Eine Weile starrte ich noch vor mich hin und versuchte immer wieder Mario anzurufen, doch er nahm natürlich nicht ab. Mit jeder Minuten wurde meine Angst größer und ich konnte diese Ungewissheit kaum ertragen. Ich wusste nicht, ob ich sitzen oder stehen sollte, denn der Schmerz überkam mich in Wellen der Verzweiflung.
“Dein Handy hat gepiept”, stellte Scarlett fest und ich riss es ihr sofort wie ein Irrer aus der Hand.
Mein Herzschlag wurde schneller und Tränen liefen meine Wangen herunter. Was ich geahnt hatte wurde schmerzliche Wahrheit.
“Was ist passiert?”, fragte Scarlett sofort und nahm mein Gesicht in ihre Hände.
“Mario ist in München”, schluchzte ich, lLewy sagt, dass er erstmal nichts von mir hören oder sehen will. Ich… Ich habe ihn verloren. Ich werde mein Kind verlieren. Ich werde Mario verlieren. Meine ganze Familie.”
Heulend vergrub ich meinen Kopf in meinen Händen. Behutsam schloss Scarlett mich in die Arme und versuchte mich zu beruhigen. Ohne sie wäre ich wahrscheinlich in diesem Moment komplett zusammengebrochen. So hatte ich wenigstens noch das Gefühl Luft zu bekommen. Doch mit jedem weiteren Atemzug ging es mir schlechter und der Schmerz wurde größer. Ich hatte durch meine Dummheit alles auf eine Karte gesetzt und verloren.

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