Kapitel 79

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POV Marco

“Jetzt setzt dich endlich hin. Der Teppich hat schon Schneisen wegen dir”, meinte Marcel genervt.
“Aber ich bin so nervös, ich kann einfach nicht still hier rum sitzen”, jammerte ich und raufte mir mit den Händen durch die Haare. Die Situation war aber auch zum verrückt werden. Mario hatte den dritten Monat zum Glück unbeschadet überstanden und auch dem Baby ging es den Umständen entsprechend. Nur leider musste Mario immer noch liegen und konnte keinerlei Stress gebrauchen. Milans und mein Kontakt beschränkte sich deswegen inzwischen auf Skype, denn auch ich musste zu Spielen.

Mario war mit einer Stoffwechselstörung für die Öffentlichkeit entschuldigt und auch die Mannschaft bis auf André ging noch von dieser Lüge aus. Und heute war dann der Ultraschalltermin, bei dem wir endlich das Geschlecht unseres Babys erfahren sollten. Fabi war mit Mario dort. Der Onkel war dabei und nicht ich als Vater, weil Mario mich nicht dabei haben wollte. Das hatte er mir mehr als deutlich an den Kopf geknallt, als ich gemeint hatte, dass ich mir frei nehmen und kommen würde. Er hatte mir damit wehgetan. Sehr weh getan. Ich hatte ihm versprochen, dass wir diese Schwangerschaft gemeinsam durchstehen würden und er hatte mir versprochen, dass ich einmal komplett Vater sein durfte und beide Versprechen wurden nicht gehalten.

Mario machte es alleine und nahm mir die Chance ein normaler Vater zu sein.

Ich hätte alles dafür gegeben, heute dabei sein zu dürfen. Aber ich hatte auf Scarletts Anraten hin, Marios Wunsch akzeptiert und war hier geblieben. Mario hätte es mir nicht verziehen, wenn ich aufgetaucht wäre. Er hätte sich wahrscheinlich noch mehr distanziert, da hatte sie recht mit ihrer Einschätzung und Lewy hatte es mir in einem Telefonat ebenfalls bestätigt.

Es tat mir weh zu hören, dass Mario sich komplett einigelte und auch seine Brüder fast nicht mehr an ihn heran kamen.
"Deswegen ruft Mario trotzdem nicht eher an", belehrte mich Marcel.
"Ich weiß es ja, aber ich bin nun mal aufgeregt. Es ist das erste Mal..." , rechtfertigte ich mich und wurde mal wieder traurig, dass ich das alles bei Milan verpasst hatte.
“Ich weiß Marco, ich weiß und ich wünschte, du könntest dort sein”, meinte Marcel und er klang erschöpft. Ich hatte mich aber auch lang und breit bei ihm ausgeheult.
“Immerhin sagt er mir heute Bescheid und ich erfahre nicht erst in ein paar Jahren davon”, lachte ich trocken und humorlos auf.
“Marco hör sofort auf mit dem Mist! Setz dich jetzt hierher und hör auf dich selbst fertig zu machen”, sprach Marcel ein Machtwort und ich gehorchte, auch wenn es mir nicht recht passte.

Wir schwiegen eine Weile, bis eine Frage aus mir heraus brach, die mich insgeheim beschäftigte:

"Er wird es mir schon sagen oder? Und er wird mich an dem Kind teilhaben lassen, oder?"
“Natürlich wird er das. Mensch Marco, der Junge liebt dich und er weiß, wie viel die Kinder dir bedeuten. Mario ist kein Unmensch”, redete er auf mich ein.
“Du irrst dich. Mario liebt mich nicht”, widersprach ich ihm.
“Doch Marco, das tut er. Sonst wäre er nicht zurück gekommen und hätte dich nicht wieder in sein Leben gelassen”, meinte Marcel und schaute mich sanft an.
“Du irrst dich. Wenn er mich lieben würde, wäre er jetzt nicht alleine in München”, widersprach ich erneut, weil ich mir einfach keine Hoffnung machen wollte.
“Was hast du denn erwartet? Du hast Mario verletzt. Sehr verletzt. Er braucht Abstand und Ruhe. Muss selbst erstmal wieder mit der Situation klar kommen und dann ist er erst wieder bereit, auf dich zuzugehen. Dazu kommt noch die ganze Schwangerschaft. Es ist bestimmt nicht angenehm als Profisportler die ganze Zeit liegen zu müssen und nichts machen zu können. Denk mal ein wenig an seine Psyche”, wies er mich zurecht.
“Ich hab echt scheiße gebaut, ich weiß”, gab ich zu.
“Na also, Einsicht ist der erste Weg zur Besserung”, meinte Marcel zufrieden, “so und jetzt konzentrierst du dich auf Milan und machst ihm die Zeit ohne seinen andere Papa so schön wie nur irgendwie möglich. Wann kommt der Kleine eigentlich?”
“Scarlett wollte mit ihm noch ein Eis essen gehen nach der Kita”, erklärte ich Marcel und war sehr froh, dass ich sie hatte.

Mal wieder fragte ich mich, wie Mario das damals allein geschafft hatte, denn ich wäre ohne Scarlett verloren. Zum Glück akzeptierte Milan sie ohne Wenn und Aber als Tante Scarlett und freute sich auch immer, sie zu sehen. Und auch Scarlett strahlte immer, wenn sie mit Milan zusammen war.

Sie würde bestimmt mal eine wundervolle Mutter abgeben.
“Es ist gut, dass Milan und sie so gut klarkommen. Es macht ihm die Trennung von Mario leichter”, teilte mir Marcel seinen Gedanken mit.
“Ja, vielleicht. Trotzdem würde ich Mario gerne mal wieder mit ihm besuchen gehen”, seufzte ich.
“Dann tu es einfach. Überrasch Mario”, schlug Marcel vor.
“Keine Ahnung. Ich denke ich werde erstmal abwarten, was beim Arzt heute-”, unterbrach ich mich, als ich den eingehenden Anruf auf Skype sah. Schnell nahm ich ihn an und Mario erschien auf meinem Bildschirm.
“Hey Sunny”, begrüßte ich ihn vorsichtig, denn er sah ziemlich fertig aus.
“Hey”, begrüßte er mich matt.
“Was ist los? Geht es euch nicht gut?”, fragte ich besorgt und erntete ein trockenes Lachen.
“Wie man es sehen will. Es wird ein Mädchen”, verkündete er mir.
“Das ist doch schön. Eine kleine Prinzessin und Milan kann großer Bruder sein”, freute ich mich ehrlich auf unser Mädchen.
“Wenn du meinst”, bekam ich teilnahmslos von Mario zurück.
“Okay, was ist los”, stellte ich ihn zur Rede.
“Ich bin ein Mann okay? Ich hab zu wenig weibliche Hormone!”, knallte er mir an den Kopf, aber ich verstand nicht ganz, worauf das hinauslaufen sollte.
“Und das heißt?”, fragte ich deshalb nach, auch wenn ich mir dabei reichlich blöd vorkam.
“Ich brauche Hormonspritzen, damit sie sich normal entwickeln kann”, erklärte er mir abwesend.
“Oh…”, flüsterte ich und konnte Marios mangelnde Freude verstehen. Bei der Aussicht wäre auch mir ein Junge lieber gewesen, aber daran konnten wir nichts ändern.
“Ich wollte es dir nur sagen, dass du dich nicht wunderst, wenn ich mich in nächster Zeit verändere”, sagte er und legte dann einfach auf. Bei Marcel und mir herrschte Schweigen.
“Ich werde für ihn da sein”, sagte ich irgendwann in die Stille.
“Ja, das wirst du und Scarlett und ich kümmern uns hier um das Kinderzimmer. Wenn Mario und die Kleine wieder hier bei dir sind, soll alles perfekt für sie sein”, stellte Marcel klar und ich lächelte meinen besten Freund mehr als dankbar an.

Auch wenn es gerade noch nicht so aussah, aber wir würden das gemeinsam schon schaffen. Mario und ich. Und ich würde um ihn und meine Familie kämpfen. Mit Marcel und Scarlett an meiner Seite.

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