Kapitel 75

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POV Marco

"Na komm Marco, hör auf zu weinen. Noch hast du sie nicht verloren”, redete Scarlett sanft auf mich ein und strich mir beruhigend und gleichmäßig durch die Haare.
“Er wird mir das nicht verzeihen”, schluchzte ich, “ich hab es verbockt.”
“Hast du nicht. Er braucht einfach Zeit es zu verarbeiten und München gibt ihn dafür das benötigte Gefühl der Sicherheit”, versuchte sie es weiter. Ich wusste, dass es lieb gemeint war, aber ich tat mich unglaublich schwer, ihr zu glauben.

Vor allem seine Flucht lastete auf mir. Er war erneut vor mir weg gelaufen, anstatt mit mir zu reden. Mich erklären zu lassen. Vertraute er mir wirklich so wenig?

Aber daran war ich wohl selbst Schuld. Ich hatte so viel Angst gehabt es ihm zu erzählen, wegen der Schwangerschaft und unserem aufgebauten Verhältnis, dass ich es ihm lieber nicht gesagt hatte. Ich hatte ihn nicht belogen, aber genau so musste es sich für ihn anfühlen. Belogen und betrogen. Und damit hatte ich nicht nur ihn, sondern auch Milan verloren. Mein Weinen wurde immer stärker und Scarlett strich mir immer schneller über den Kopf.
“Marco, du musst jetzt aufhören zu weinen, das hilft keinem von euch”, versuchte sie es jetzt vernünftig.
“Nein”, war meine klägliche Antwort.
“Doch und genauso wie Mario musst auch du dir überlegen, wie es jetzt weiter gehen soll.”
“Wie denn schon?! Ich hab sie verloren! Für immer! Mario ist weg und mit ihm meine Kinder!”, schrie ich sie an, löste mich von ihr und entfernte mich etwas von ihr.
“Noch nicht”, redete sie auf mich ein, “noch hast du sie nicht verloren. Wenn du willst kannst du immer noch um sie kämpfen. Nur dazu musst du wissen, was DU willst.”
Einen Moment war ich sprachlos doch dann schaute ich sie traurig an und sagt mit einer tiefen Gewissheit: “Meine Familie. Ich will meine Familie zurück.”
Scarlett lächelte mich traurig an und sagte: “Na das ist doch schon mal ein Anfang.”
“Aber du gehörst auch dazu”, erklärte ich ihr, denn ich wollte nicht auch noch sie verlieren. Sie war gerade mein Rettungsanker.
“Ich bin auch für dich da. Und jetzt stecken wir dich mal in eine warme Badewanne. Etwas ausruhen und entspannen. Den Kopf frei bekommen und du wirst sehen, dann sieht die Sache schon ganz anders aus und wir beide überlegen uns, wie du deine Familie zurück bekommst”, bestimmte sie und ich nickte einfach.

Sanft dirigierte sie mich ins Bad und ließ warmes Wasser einlaufen.

Mal wieder fiel mir auf, wie hübsch sie war. Wie sie da so saß, mir das Wasser einlaufen ließ, sah sie aus wie ein Engel.

Ich hatte sie und Mario nicht verdient. Beide hatten etwas besseres als mich verdient. Jemand, der sich gewiss war, was er wollte und nicht zwischen der Liebe zu dem Vater seiner Kinder und zu der Liebe zu seiner Ex schwankte.
“Das Wasser ist fertig. Schaffst du es alleine in die Wanne oder muss ich dir helfen?”, riss sie mich aus meinen Gedanken und ich schaute sie erstmal verpeilt ab. Sie seufzte und sah mich abwartend an. Ich aber war unfähig etwas zu sagen.
“Okay, ich lasse dich lieber alleine”, nahm sie mir die Entscheidung ab. Aber das wollte ich nicht. Ich wollte jetzt nicht allein sein. Allein mit meinen Emotionen, das konnte ich jetzt einfach nicht.
“Nein. Bleib, bitte”, hielt ich sie auf, als sie schon halb das Badezimmer verlassen hatte.
“Warum Marco?”, fragte sie mich leise.
“Weil ich dich brauche. Deine Nähe, deinen Halt”, hauchte ich und schaute ihr bittend in die Augen.
“Okay”, war ihre schlichte Antwort und sie kam wieder auf mich zu.
“Danke”, murmelte ich und meinte es auch wirklich so.
“Keine Ursache und jetzt ab in die Wanne mit dir, hopp hopp”, forderte sie mich lächelnd auf und natürlich kam ich ihrer Aufforderung nach. Vorsichtig legte ich mich in das warme Wasser und schloss die Augen.
“So ist es gut, entspann dich. Schalte alle Gedanken ab“, meinte sie sanft und streichelte mir durch die Haare. Ich genoss ihre Berührungen. Sie hielten mich im hier und jetzt.
“Küss mich”, bat ich sie irgendwann.
“Marco ich weiß nicht-”
“Tu es einfach. Küss mich. Bitte”, wiederholte ich leise und öffnete die Augen, um ihr tief in die ihren zu schauen.
“Na schön”, hauchte sie und neigte ihren Kopf herab, um mich zu küssen.

Als ihre Lippen meine berührten, ganz sanft und vorsichtig, erwiderte ich den Kuss, aber das erwartete Gefühl des Glücks blieb aus.

Keine Frage, es war schön, nur es fühlte sich einfach nicht richtig an. Nicht wie mit Mario.

Schnell versuchte ich diesen Gedanken zu verdrängen. Mario hatte ich verloren, da konnte ich doch wenigstens das mit Scarlett retten oder?
Ich hob meine Hände aus dem Wasser und legte sie auf ihre Wangen, um den Kuss noch zu intensivieren, aber es war Scarlett, die sich aus dem Kuss löste.
“Stopp Marco. Das ist so nicht richtig”, hielt sie mich auf, sie erneut zu küssen.
“Doch, das ist es”, sagte ich verzweifelt. Ich wollte heute nicht noch einen geliebten Menschen verlieren.
“Nein, ist es nicht und das weißt du auch. Es fühlt sich nicht richtig an. Für dich nicht und für mich auch nicht”, sagte sie.
“Aber-”
“Kein aber. Es ist so, auch wenn du und ich es lange Zeit nicht sehen wollten. Dein Herz gehört Mario. Mit ihm fühlt es sich richtig an, hab ich nicht recht?”, meinte sie sanft.
“Ja…”, hauchte ich etwas beschämt und mit Tränen in den Augen, “aber ich will dich auch. Ich will dich nicht verlieren”, fügte ich schnell noch an.
“Und das tust du auch nicht. Ich bin für dich da, wenn auch anders als zuvor”, versicherte sie mir sanft lächelnd und ich entspannte mich wieder etwas.
“Und was mache ich jetzt?”, hauchte ich planlos.
“Jetzt, steigst du aus dieser Wanne, packst ein paar Sachen zusammen und wir fahren nach München zu deinem Mario“, erklärte sie mir.
“Wir?”, fragte ich verwirrt.
“Ich sagte doch, dass ich dich nicht hängen lasse. Wir fahren da zusammen hin und klären die Sache. Ihr beide gehört zusammen und eure Kinder gehören auch zu beiden Vätern”, erklärte sie mir.
“Danke”, sagte ich und meinte es aus ganzem Herzen so.

Scarlett war ein Engel und ich war ihr dankbar. Hoffentlich würde sie auch einmal einen Mann finden, der sie verdiente und liebte.

Und sie setzte ihre Planung um. Keine Stunde später waren wir beide auf der Autobahn und auf dem Weg nach München, um Mario zu finden. Um meine Familie zu retten.

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