Kapitel 26

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POV Marco

Immer noch völlig perplex lief ich ziellos durch Dortmund. Mittlerweile war es schon weit nach Mitternacht und ich war bereits einige Stunden unterwegs. Zwischenzeitlich war ich in einer kleinen Kneipe gelandet und hatte mir drei oder vier Ouzos reingekippt, damit ich überhaupt wieder etwas zu mir kam. Die ganze Zeit musste ich an dieses Kind denken. An das Kind was jetzt innerhalb von Sekunden meins sein sollte. Selbst wenn ich gewollt hätte, konnte ich es nicht leugnen. Der Kleine sah aus wie ich. Ich war natürlich mit allem überfordert, doch ich wollte auch mit jemanden reden, weshalb ich beschloss André aus dem Bett zu klingeln.
,,Marco?", nuschelte er erstaunt und rieb sich gähnend die Augen.
,,Ja, ich brauche dich jetzt und da du mir nichts von meinem Sohn gesagt hast, kannst du jetzt bitte für mich da sein", murmelte ich kühler als beabsichtigt.
,,Komm rein. Hier wird’s zu kühl". Er ging einen Schritt zur Seite und ich schlüpfte drinne aus meinen Sneakern, bevor ich mich auf seinen Wohnzimmersessel schmiss. Wir schwiegen ein paar Minuten, denn die Situation war komisch. Keiner von uns beiden wusste genau was er sagen sollte, doch André nahm sich nach einigen Minuten ein Herz.
,,Wie...wie geht's dir?", hauchte er und ich richtete meinen Blick auf ihn.
,,Weiß nicht. Es...fühlt sich komisch an zu wissen, dass dieses Wesen zur Hälfte meine Gene hat. Ich war die ganze Zeit sauer auf dieses Kind und jetzt ist alles wie weggeblasen", erzählte ich drauf los und merkte, wie meine Stimme immer wieder abzubrechen drohte.
,,Ich weiß es ist nicht einfach für dich Marco aber der Kleine liebt dich abgöttisch. Gib ihm eine Chance."
,,Wieso liebt dieses Kind mich, wenn er mich nicht kennt?", fragte ich sofort und André begann schlagartig zu lächeln:,,Weil Mario ihm viele Geschichten über dich erzählt hat. Außerdem guckt Milan gerne Spiele von dir.”
Verblüfft riss ich meine Augen auf:,,Mario erzählt ihm von mir?"
,,Mario ist doch kein Unmensch. Er wollte dich nicht verletzen. Er hatte Angst. Kannst du das nicht verstehen?" Das war eine gute Frage. Konnte ich die Handlung meines ehemals besten Freundes verstehen? Ich brauchte einige Minuten bis ich nur den Hauch einer Antwort hatte.
,,Natürlich kann ich ihn irgendwo verstehen aber ich hätte gerne von Milan gewusst. Das hätte mir viele traurige Momente erspart", seufzte ich und kauerte mich auf dem Sessel zusammen.
,,Egal wie du weiter vorgehst. Denk bitte daran, dass Mario euch nur beschützen wollte."
,,Wovor beschützen André? Ich hätte doch zu ihm gehalten", murrte ich etwas enttäuscht, denn ich konnte nicht glauben, dass Mario gedacht hatte, dass ich ihn verstoßen würde. Entschuldigend hob mein Gegenüber seine Hände.

,,Das besprich bitte nochmal in Ruhe mit ihm. Ihr habt noch einiges zu klären und ich möchte nichts vorweg nehmen.”
,,Gut", sagte ich, ,,Wie...wie soll ich mich denn jetzt verhalten?"
,,Das kann ich dir nicht sagen, Marco. Diese Entscheidung liegt allein bei dir aber sei einfach du selbst. Das wird dir mehr helfen als jeder Tipp von mir.”
Ich nickte kurz.

,,Danke. Kann...kann ich vielleicht heute Nacht bei dir bleiben? Ich will nicht alleine sein.”
,,Natürlich kannst du das", erwiderte er liebevoll und kam auf mich zu. Er drückte mich fest an sich und jetzt lösten sich die Tränen aus meinen feuchten Augen. Taute Schluchzer entwichen mir und ich vergrub meinen Kopf einfach an seiner Schulter. Endlich musste ich nicht mehr stark sein. Endlich konnte ich wirklich zeigen was in mir vorging.
,,Lass alles raus Marco", flüsterte André und strich mir sanft über den Hinterkopf.
,,Ich...ich habe mit ihm g-geschlafen", schniefte ich verzweifelt, ,,Ich...ich habe mit Mario geschlafen und weiß e-es nicht mehr.”
,,Hey du hattest an diesem Abend ganz schön was auf dem Kessel, genau wie wir alle. Mach dir keine Vorwürfe und vor allem setz dich nicht unter Druck mit irgendwelchen Dingen. Ich kenne dich aber auch mit Druck wirst du dich nicht mehr
erinnern können. Dann wahrscheinlich noch weniger", redete er auf mich ein und wirkte dabei wirklich ernst. Doch er hatte mich durchschaut. Ich versuchte wirklich mich krampfhaft an diese Nacht zu erinnern. Immer wieder versuchte ich es aber es kam nichts und das nicht erst seit gestern. Eigentlich versuchte ich das schon seit Mario gewechselt war und hatte gehofft das mir jetzt bei Milan’s Anblick ein Licht aufgehen würde. Doch bis jetzt war das leider nicht der Fall.

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