Der goldene Umhang ergoss sich über die Stufen des Hochaltars, während Edmund immer noch vor ihm kniete. Bartholomew trat neben den König warf hundert Silbermünzen auf den Altar und nahm das Schwert an sich. Er schritt vom Hochaltar hinunter und platzierte sich vor dem König. Er würde nun das Schwert die gesamte Zeit blank vor dem König führen. Edmund kam den Altar hinunter und wurde erneut umgezogen. Man nahm ihm die Umhänge ab und zog ihm die royale Robe, aus feinster goldener Seide mit einer langen Schleppe, über die Schultern. Verziert war sie mit silbernen Kronen und Adlern und ebenfalls war das Wappen der Tudors, nun im königlichen Stil, darauf gestickt worden. Dann kam William und legte dem König eine goldene Schärpe, mit weiteren königlichen Siegeln, um den Hals und schloss die Gewandschnalle. Der Erzbischof stand derweil am Hochaltar und segnete die Kronjuwelen. Theobald Gurdin, der neue Lordkanzler, nahm den Reichsapfel vom Altar, lief auf den König zu und überreichte ihn. Es war eine goldene Kugel, die rundherum mit hervorstehenden Steinen besetzt war und auf dem Apfel war ein Kreuz in Anlehnung an Jesus Christus. Edmund hob den Apfel hoch, drehte sich zu allen vier Himmelsrichtungen und gab dann den Apfel an den Lordkanzler zurück. Der Erzbischof of Canterbury überreichte dem König den Hochzeitsring Englands und stülpte ihm die goldenen Armreife um. Sie standen für die Verbindung des Königs mit seinem Volke. Oliver Napier trat nach vorne. Dem Herzogtum von Devon war die Ehre zuteil geworden dem König den weissen Handschuh über die rechte Hand zuziehen. Ely Quigly und Theobald traten vor ihren König und überreichten ihm zum einen das goldene Zepter mit der Taube und zum anderen das Zepter mit dem Heiligen Kreuz. Der Erzbischof stand vor dem Altar, breitete seine Arme aus und erbat den Segen für die Krone. Nun strömten Pagen hervor. In ihren Händen trugen sie rote Samtkissen, auf denen die Rangkronen der Peers lagen. Alle, die noch sassen, erhoben sich. Der Erzbischof schritt, gefolgt von allen hohen Geistlichen, vom Hochaltar zum Krönungsstuhl. Edmund, vor ihm der Lord Great Chamberlain mit dem Schwert, schritt zum Thron. Vor den Stufen hielt er inne und der Erzbischof trat vor ihn. Er nahm die dargereichte Krone William ab und setzte sie Edmund auf sein Haupt. Die Krone bestand aus einem breiten Kronreifen für den Kopf, dessen oberer Teil jedoch wellenartig geschwungen war. Aus den Wellenbergen bildeten sich jeweils vier Tatzenkreuze und vier Lilien. Von den Kreuzen aus bildeten sich vier Kronbügel, die sich erst nach aussen wölbten und dann wieder eindellten, bevor sie sich in der Mitte trafen und einen Globus mit Kreuz formten. Die Bügel trugen wertvolle Edelsteine und Diamanten.
„Gott schütze den König!", riefen die Mitglieder der Kirche. „Gott schütze den König! Gott schütze den König!" Alle Peers griffen nach den Rangkronen vor ihnen und setzten sie auf ihren Kopf. Die Trompeten erklangen drei Mal hintereinander und dann begann der Chor sein Lied zu singen. Der Erzbischof reichte dem König die Bibel:
„Hier ist die Weisheit. Dies, ist das königliche Gesetz. Dies, sind die lebendigen Worte Gottes." Edmund gab die Bibel zurück und der Erzbischof segnete ihn und dann alle Mitglieder der Abtei. Edmund wandte sich um und stieg die Stufen zu seinem Thron empor. Die Drei und Geistliche begleiteten Edmund, hielten seine Schleppe und setzten ihn auf den Thron. Der Chor verstummte.
„Ihre königliche Majestät Edmund Tudor, Sechter Duke of Cornwall, achter Marquess of Norfolk und erster Baron of Buckinghamshire gepriesen sei Eure Herrschaft. Möget Ihr England Reichtum und Frieden bringen." Der Erzbischof blickte in die Gesichter der Peers: „Kniehet Euch nieder vor dem einzig wahren König Englands!" Ein Rascheln ging durch die Menge und alle verneigten sich vor dem König. Die Geräuschkulisse war eindrücklich. Man musste nicht nachsehen, ob sich nun alle verneigten, sondern man konnte es hören. Nun begann die Zeremonie des Leheneides gegenüber dem König. Als erstes trat der Erzbischof of Canterbury vor ihn:
„Ich William Warham, Erzbischof of Canterbury, werde treu und ehrlich sein, und Treue und Wahrheit werde ich Euch, unserem Herrscher, König dieses Königreiches und Verteidiger des Glaubens, entgegenbringen, sowie auch Euren Erben und Nachfolgern nach dem Gesetz. So wahr mir Gott helfe." Edmund reichte ihm die rechte Hand, der Erzbischof berührte mit seinen Lippen die Fingerspitzen und legte sie dann an seine Stirn. Dann schritten weitere Geistliche nach und legten ihren Eid ab. Nach ihnen folgte die königliche Familie. Belinda berührte nach ihrem Schwur die Krone ihres Mannes und liess dann seine Mutter vortreten. Tante Catherine schritt anmutig zu ihrem Sohn hinauf. Alec konnte ihre Augen bis hierher glühen sehen. Sie musste unendlich stolz auf ihren einzigen Sohn sein. Ein Page stellte ihr eine Kniebank hin, damit sie sich niederknien konnte, da sie immerhin eine ältere Dame war. Nun war Alexander an der Reihe. Er löste sich aus der Menge und schritt langsam auf den Thronsessel zu. Alec erklomm die drei Stufen zum Thron und kniete mit dem linken Bein nieder, neigte den Kopf:
„Ich Alexander John Arthur Lord de Warenne, Earl of Cumberland, werde Euer Lehnsmann sein mit Leib und Seele und in irdischer Ehrerbietung. Treue und Wahrheit werde ich Euch entgegenbringen, im Leben wie im Sterben, gegen jede Art von Leuten. So wahr mir Gott helfe." Alec ergriff die rechte Hand des Königs küsste die Fingerspitzen und wollte sich soeben erheben, als Edmund sprach. Es war schon zuvor sehr still gewesen, aber die Reaktion des Königs, die ganz und gar nicht erwartet wurde, liess die Stille noch stärker in Erscheinung treten. Alec blieb vor Edmund in kniender Haltung, während dieser sich erhob. Er sah seinen Cousin entgeistert an. Was hatte er vor?
„Mein Volk", rief Edmund, „soeben hat mir dieser Mann seine Treue geschworen und sein Leben in meine Hände gelegt. Zuvor hatte er bereits zwei grossen Königen gedient und seine Aufgaben im Krieg, wie auch als adliges Mitglied unserer Gesellschaft stets erfüllt. Niemals ist er gescheitert! Niemals hat er gezögert sein Schwert und sein Leben für das Volk zu opfern!" Dann sah Edmund zu Alec hinab: „Es ist eine grosse Ehre für mich als König Englands einen solch treuen Lehensmann auf meiner Seite zu wissen." Er winkte Bartholomew zu sich her. Mister Howell hielt Edmund das Juwelenschwert hin und er nahm es ihm ab. Ein Raunen ging durch die Menge. Er trat vor Alec und legte die Schwertspitze auf seine rechte Schulter. „Sei treu und beständig, sei freigiebig und demütig, sei mutig und voller Güte." Er tippte auf die linke Schulter: „Achte auf dein Benehmen, sei mächtig zu den Herren, wohltätig zu den Armen, umgebe dich mit Waisen, fliehe überall die Törichten", und zuletzt legte er das Schwert auf seinen Kopf, „vor allem liebe Gott, richte Weise gemäss seinem Gebot. Neu sollt Ihr den Titel des Dukes of Cumberland innehaben. Eure Kinder nach Euch sollen den Titel erben. So erhebet Euch Duke und neues Mitglied des Hosenbandordens." Er reichte Alec die Hand. Überrascht und sprachlos nahm er sie entgegen und erhob sich. Ehrfürchtig verneigte er sich und trat wieder an seine Position bei seinen Kameraden. Alecs Gedanken überschlugen sich. Duke, er besass nun den höchsten erreichbaren Titel Englands. Es war... wie in einem Traum. Die weiteren Lehensbekenntnisse verpasste Alec, da er versuchte das soeben Geschehene zu verarbeiten. Erst als die Fanfaren wieder erschallten kehrte er in die Westminster Abbey zurück. Ely Quigly legte eine Queens Robe über Belindas Schultern und sie schritt auf ihren Thron zu. Dieser befand sich zwei Stufen tiefer und links als jener von Edmund. Der Erzbischof setzte der Königin ihre Krone aufs Haupt und rief:
„Lang lebe die Frau des Königs!" Edmund erhob sich und seine Frau trat an seine Seite. Beide gingen sie auf den Hochaltar zu und knieten davor nieder. Der Chor stimmte ein weiteres Kirchenlied an, während Edmund und Belinda ihre kostbaren Gaben auf dem Altar niederlegten. Als der Chor verstummte, begann der Erzbischof das Gebet und endete mit dem Te Deum in Latein.
„Te Deum laudamus. Te Dominum confitemur." Alle Anwesenden senkten ihr Haupt und falteten ihre Hände während sie dem Erzbischof lauschten. „In te, Domine, speravi, non confundar in aeternum", endete der Erzbischof schliesslich. Der König erhob sich, verliess den Altar und begab sich hinter ihm in die Sankt Edwards Kapelle, wo er seine restlichen Aufgaben erfüllen musste. Die Trompeten erklangen und der Auszug aus der Abtei begann. Alec, James und die anderen waren die Ersten, die Westminster Abbey nach dem vorgeschriebenen Protokoll verlassen mussten und so stand Alec schon eine Weile im Freien als er Isabella, wunderschön wie eh und je, auf sich zuschreiten sah. Sie lächelte:
„Liebster!", sagte sie etwas ausser Atem und küsste ihn auf die Wange. „Ich freue mich für deinen Titel. Anscheinend war dies eine ziemliche Überraschung. Ich habe schockiertes Aufschnappen wahrgenommen, weil sich der König nicht an das Protokoll gehalten hatte."
„Das kann ich mir blühend vorstellen", meinte Alec und sah, wie immer mehr Menschen aus der Kirche strömten.
„Es war wirklich eine Überraschung", sagte James und schüttelte den Kopf. „Duke! Jetzt hast du einen höheren Titel als ich ihn besitze! Und auch Mitglied des Hosenbandordens... keiner hat es mehr verdient." James reichte ihm die Hand. Alec zog Isabellas Arm durch seinen:
„Ich hätte nie mit so etwas gerechnet. Ich hoffe schwer, er hat keinen der Räte verärgert."
„Nun er ist immerhin der König?!", meinte Isabella streng.
„Allerdings, aber die Räte haben grosse Macht und... ich erkläre es dir später meine Liebe", meinte Alec und beobachtete aus den Augenwinkeln wie Lord Napier in der Nähe herumging. Gewisse Dinge sollte man nicht in der Öffentlichkeit besprechen, dachte Alec und verfolgte Napier mit den Augen. Als der König und seine Königin als letzte draussen ankamen und in ihre Kutsche stiegen, begann es eben zu regnen.
„Höchste Zeit", meinte Rickard, der Penny im Arm hatte und sie stiegen alle gemeinsam in eine Kutsche. Die Rückzugsprozession nahm nun einen etwas anderen Weg zurück zum Palace of Westminster, wo später das Königsbankett stattfinden sollte. Der Regen prasselte gegen die Fenster der Kutsche und Alec sah viele Schaulustige, die vor die Westminster Abbey gekommen waren, Schutz unter Häuserdächern oder in Tavernen suchen. Die Gespräche rissen nicht ab und blieben angeregt bis die Kutsche anhielt und sie aussteigen mussten. Das anschliessende Bankett war prunkvoll und herrlich. Deftige und auch süsse Speisen wurden angerichtet. Zu Isabellas Freude gab es einige Spezialitäten aus der schottischen Küche. Damit wollte Edmund wohl zeigen, dass er in Schottland in Zukunft einen Freund haben wollte und keinen Untertanen. Die Stimmung war ausgelassen und der Alkohol floss in strömenden Mengen. Seine Freunde hatten sich am späteren Abend zurückgezogen, um den speziellen Vergnügungen den Vortritt zu gewähren. Alec hatte unter ihnen später eine rothaarige Dame ausgemacht, die ihm nur allzu sehr bekannt war. Er hoffte inständig sie würde nicht noch einmal Isabellas Weg kreuzen. Wie hatte er vor über einem Jahr so blind sein können und nicht erkannt, dass Isabella bereits sein Herz besass und es nicht nur um die Befriedigung seiner Lust ging? Er schüttelte den Kopf und liess seine Augen wandern, bis sie einen wohlgeformten Körper mit prallen Brüsten entdeckten. Ihre Brust hob sich und der samtene Kerzenschimmer des Saales tauchte ihre Haut in einen perlenhaften Schimmer. Wie sich ihre nackte Haut anfühlte ging ihm durch den Kopf. Ihre Brustspitzen stellten sich ihm immer entgegen und mein Gott, wie weich ihre Schenkel und wie feucht ihre Weiblichkeit war! Bei diesen Gedanken spürte er, wie sein Glied sich reckte. Er hatte keine andere Wahl gehabt, er musste seine Frau entführen und sie wie sich selbst mit leidenschaftlicher Besinnung erfüllen.
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Schottisches Feuer und englische Anmut - Band 2
Historical FictionNachdem Alec Isabellas Geheimnis gelüftet hat, bereitet er sich mit seinen Männer auf den bevorstehenden Krieg gegen Schottland vor. Enttäuscht über Isabellas Versteckspiel suhlt er sich in der Verletztheit seines männlichen Egos. Der Krieg beginnt...