Sie schwiegen einen Moment und lauschten den rufen ihrer Soldaten.
„Ich weiss, selbst für mich war es unglaubwürdig... aber sie hat mir keine andere Wahl gelassen. Sie ist keine Spionin. Kannst du dich an das Dienstmädchen in Cornwall erinnern?" James nickte. „Sie ist diejenige". James hustete und spuckte den Würzwein aus an dem er sich verschluckt hatte. Alec fuhr aber sofort weiter „Ich weiss was du jetzt sagen willst, aber hör mich an. Zu diesem Zeitpunkt war noch gar nichts klar, ausser ihrer Anziehungskraft auf mich. Damals wollte ich sie... nun ich wollte sie in mein Bett locken" sagte Alec verhalten und James Augenbrauen schossen in die Höhe. „Sie hatte sich die gesamte Zeit als Dienstmädchen ausgegeben und für mich gearbeitet. Ich wusste nichts von ihr. Als dann das eine zum anderen geführt hatte, enthüllten George Talbot und Ophelia Brandon im Juli, dass das Dienstmädchen Rose eigentlich eine adlige Schottin namens Isabella Rose Campbell sei. Mir war klar gewesen, dass sie etwas verborgen hatte, aber das?! Selbst ich hätte mir dies nicht in meinen kühnsten Phantasien ausmalen können. Da Talbot sie aber für sich behalten wollte, weil sie sein Mündel war, erfand er die Geschichte der Spionin, die er selbst dem König ins Ohr setzte". Alec machte eine Pause, um James die Möglichkeit zu geben eine Frage zu stellen. James blickte ihn an
„An dieser Geschichte sind einige Dinge merkwürdig... dass du eine Frau in dein Bett locken musstest, ist schon ziemlich interessant" schmunzelte er „Hmm Talbot war doch schon in Cornwall hinter ihr her, nicht wahr?" Alec nickte
„Allerdings. Meine Ehefrau hat mir erzählt, was er für Ziele verfolgt hatte. Er wollte den Herrensitz ihres Vaters, sein Geld und den Einfluss als Clanoberhaupt. Darum tötete er ihren Vater und ihre Mutter und liess es von seinen Schergen als Unfall darstellen. Als er nach zwei Monaten nicht die Oberhand in Schottland erreichen konnte, reiste er wütend mit Isabella im Schlepptau in seine Grafschaft zurück. Dabei hatte sie noch Onkel und Tante, die anscheinend nach einem Zwist nach Frankreich gereist waren, um sich dort niederzulassen. Meine Ehefrau wusste nichts von ihnen. Talbot hatte ihr die beiden verheimlicht, wie auch dem Onkel und der Tante, dass ihre Nichte noch lebte"
„Dieser miese Wicht. Dafür sollte er hängen" sagte James angewidert „und das wirst du dem König mitteilen?" Alec überlegte eine Weile
„Es war meine Absicht, jedoch hat mich König Henry VIII schon in Arcioldun auf Isabella angesprochen und ich habe ihm erklärt, dass Talbot wohl seine eigenen Ziele mit ihr verfolge. Ich denke der König geht nicht mehr davon aus, dass sie eine Spionin ist... er war allerdings äusserst erfreut als er erfuhr, dass sie Schottin war. Ich habe es nicht direkt bejaht, ich habe lediglich gesagt ich vermute sie sei Schottin. Ich denke nach dem Krieg könnte er gewisse Ziele mit ihr verfolgen und mir graut es schon jetzt, wenn ich ihm sagen muss, dass ich ihr Ehemann bin und die Ehe mehr als vollzogen ist"
„Halt mal... also ich meine es könnte sogar in seinem Interesse liegen, dass sein Hauptoffizier nach dem Krieg das Bündnis mit einer schottischen Adligen eingeht, dass würde die Einheit stärken und für Frieden sorgen. Wir können versuchen diesen Gedanken zu streuen, wenn es soweit ist" grinste James „Aber was meinst du mit mehr als vollzogen?" Alexander gefiel der Gedanke den James verfolgte. Es wäre durchaus eine strategisch günstige Verbindung für den König. Er atmete tief aus und seine Lippen formten ein Lächeln
„Es ist so, ich werde in nicht mehr allzu langer Zeit Vater". James schien im ersten Moment sprachlos, doch dann sprang er auf und setzte sich neben Alec. Mit einem Klopfen auf die Schultern sagte er
„Alexander John Arthur de Warenne was bist du nur für ein Schelm! Ich beglückwünsche dich!" James grinste „Ja das würde allerdings verdammt schwierig werden diese Ehe rückgängig zu machen"
„Ich würde jeden töten, der einen Versuch auch nur in Erwägung zieht" meinte Alec und stimmte in James' Lachen mit ein. Nach einer Weile wurde James ernst, er blickte Alec lange an bevor er sprach
„Sie ist wirklich die Richtige? Die eine?" Alec blickte seinen Freund aus Kindheitstagen an. In der Frage lag grosse Ehrfurcht und er wusste, dass er damit die unausgesprochene Frage beantworten sollte, die James ihm eigentlich stellte.
„Ja... sie ist die eine" er nahm einen Schluck Würzwein „Sie ist in mein Leben gestürzt ohne Vorwarnung und hat mich gefesselt... ich glaube den meisten ergeht es gleich und wenn ich, der einsame Löwe eine Frau finde, dann glaube ich findet sie jeder, der sich im Inneren nach einer solchen Verbindung sehnt". Alec machte eine kurze Pause und beobachtete James. Er wollte ihm aufzeigen, dass auch er dieses Glück erreichen konnte. „Weisst du... mir war lange nicht klar, wie wichtig sie mir geworden war, am Schluss hätte mich nicht einmal mehr der Standesunterschied von ihr ferngehalten. In meinen Gedanken hatte ich schon alles arrangiert, wie ich mit ihr in Carlisle leben und auf meine Titel verzichten würde... doch nichts schien so zu kommen, wie ich es mir ausgemalt hatte. Eine Neuigkeit folgte der nächsten. Zu diesem Zeitpunkt wusste sie schon, dass sie unser Kind in sich trug und anstatt sich an mich zu wenden, hatte sie einen Fluchtplan verfolgt, der sie nach Frankreich bringen sollte". James schüttelte ungläubig den Kopf. „Aber Talbot und seine Männer griffen sie auf und brachten sie nach Surrey zurück. Ich konnte zu meinen Gunsten erwirken, dass er sie mir überliess. Ich verwendete seine erfundene Spioninnen Geschichte gegen ihn... und du kannst dir vorstellen, dass Talbot dieser Ausgang nicht gefallen hat. Er war fuchsteufelswild, doch gegen seine eigens erfundene Geschichte, konnte er schlecht Einwände erheben, also beliess er es. Ich schleppte sie mit nach Carlisle und wusste noch nicht einmal was ich von ihr und unserem ungeborenen Kind abverlangte". Alec schüttelte den Kopf, selbst jetzt machte ihn diese Tatsache ungehalten. Er hatte ihr Dinge zugemutet, die man einer schwangeren Frau nicht zumuten sollte.
„Und sie hat dir nichts von ihrer Schwangerschaft gesagt? Wie hast du es trotz allem herausgefunden?" meinte James verblüfft.
„Glaub mir, dass ging eine verdammte Weile so, selbst Thomas hat es herausgefunden, doch ihr geschworen kein Sterbenswörtchen zu verraten". James hob seine Augenbrauen, doch schwieg er. „Ich habe sie ja mitten in die Schlacht gebracht, oder glaubst du ich hätte dies getan, wenn ich gewusst hätte, dass sie unser Kind unter ihrem Herzen trägt?!" Alec lehnte sich zurück und blickte in die lodernden Flammen „Sie hat kein Wort darüber verloren und ich war zu dumm, um die Anzeichen zu erkennen" sagte er und verzog sein Gesicht zu einem gequälten Lächeln. James trank einen Schluck
„Mach dir keine Vorwürfe... Frauen sind ein Mysterium für sich... ich bezweifle, ob wir je die Macht besitzen werden sie zu verstehen... aber wie hast du das Geheimnis doch noch gelüftet?" Alexander trank seinen Becher leer und warf James einen vielsagenden Blick zu
„Sagen wir es so, es war reiner Zufall... und wie du dir vorstellen kannst war ich ziemlich aufgebracht. Nachdem ich mich wieder im Griff hatte, machte ich kurzen Prozess und beschaffte mir Lior, der uns vermählen sollte". Alec stellte seinen leeren Becher auf den Boden.
„Und sie hat ohne weiteres zugestimmt?" sagte James überrascht.
„Wohl kaum mein Freund! Du kennst meine Frau nicht" lachte Alexander „doch ich liess ihr dieses eine Mal keine Wahl. Sie willigte ein und zeigte mir danach die kalte Schulter"
„So wie du davon erzählst, könnte man meinen die Ehe macht Spass" grinste James. Nach einer Pause sagte Alexander in Gedanken versunken
„Das tut es". Es tat gut mit einem Freund darüber zu sprechen. Sie kannten sich schon seit sie gehen gelernt hatten und waren sich sehr ähnlich. James hatte recht, sie waren die Anführer ihrer Junggesellenformation gewesen und nun... nun hatte Alexander sein einsames Löwen Dasein aufgegeben und eine Familie gegründet. Er wusste nicht wie lange der Krieg noch dauern würde und das hiess, dass er die Geburt seines Kindes sehr wahrscheinlich verpassen würde. Alexander strich sich durch das dunkle Haar und hoffte inständig, dass Isabella gut versorgt war. James und Alexander schwelgten noch eine Weile in alten Erinnerungen bevor sie den Krieg wieder in den Vordergrund liessen. Am späteren Abend versammelten sich die Soldaten aller Heere, lauschten Lior Callaghan der Gebete sprach und ein Totenbett nach dem anderen in Flammen aufgehen liess. Schweigen breitete sich zwischen den Soldaten aus, wie eine eisige Klaue umfing sie die Stimmung der Männer und auf ihre Gesichter trat ein entschlossener Ausdruck. Morgen würden sie weiter in Richtung englischer Grenze reiten, mit jedem Schritt kämen sie dem Feind näher und nichts würde sie aufhalten.
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Schottisches Feuer und englische Anmut - Band 2
Historical FictionNachdem Alec Isabellas Geheimnis gelüftet hat, bereitet er sich mit seinen Männer auf den bevorstehenden Krieg gegen Schottland vor. Enttäuscht über Isabellas Versteckspiel suhlt er sich in der Verletztheit seines männlichen Egos. Der Krieg beginnt...