Kapitel 5.5.2 - Die Familie Talbot

307 30 0
                                    

Der Morgen kam schneller als Alec es gewollt hatte und bevor er sich versah, war er bereits auf dem Weg zum Saal im Westminster Palace, wo die Verhandlung begann. Die Stimmung war äusserst aufgeheizt. Alice beteuerte ihre Tat und brach in Tränen aus, doch dies schien die gewünschte Wirkung zu verfehlen. Alec wusste, dass diese Tränen nur gespielt waren, aber es überraschte ihn dennoch im heute nun gefüllten Saal so viele skeptische Blicke in den Gesichtern der Räte zu sehen. Viele Fragen wurden gestellt und all die Dokumente, die Larraby zusammengestellt hatte, wurden von den Richtern und dem König begutachtet. Teilweise wurde daraus sogar vorgelesen. Als die Anhörung der Zeugen kam, wurde die Luft für Alice immer dünner. Die Frau, von der sie zu Beginn die Kräuter gekauft hatte, beschwor sie hätte nicht gewusst, dass die Lady diese dafür nutzen würde jemanden zu töten. Man konnte die Angst der Frau deutlich wahrnehmen. Meist tuschelten die Räte und zwischendurch waren Schimpfworte zu hören, doch das war nichts im Vergleich dazu als Moris mit Handschellen auf das Podium geführt wurde. Buh Rufe und Flüche waren zu hören, einige begannen ihn als Froschfresser zu beschimpfen, solange bis der Vorsitzende sich gezwungen sah einzugreifen und die Räte abermals ermahnte. Aber der ehemalige Diener sagte nicht viel. Die Fragen, ob er den Earl of Surrey im Auftrag der Familie Talbot oder für Alice de Warenne getötet hatte, beantwortete er nicht. Er bestätigte nur, dass er aus Frankreich kam und für die Countess de Warenne gearbeitet hatte. Von einem Verbrechen wollte er aber nichts wissen. Dies sorgte dafür, dass die Räte noch unruhiger wurden und da die Richter eine Handgreiflichkeit vermeiden wollten, entliessen sie ihn so rasch es möglich war. Langsam kehrte wieder Ruhe ein. Alice erhielt erneut das Wort, um weitere Berichtigungen zu machen. Sie versicherte dem Court of Kings Bench, dass Moris ihr Tatkräftig geholfen hätte und in alles eingeweiht gewesen wäre. Einen kurzen Augenblick verspürte Alec Mitleid mit dem Franzosen, denn diese Aussage würde ihn, sollte der König Alice verurteilen, das Leben kosten, obwohl er nur Befehle befolgt hatte. Wie auch in der ersten Verhandlung war Marianne Talbot als Zeugin geladen worden. Sie verhielt sich um einiges ruhiger und reservierter als bei der Verurteilung ihres Sohnes. Vehement, ja gar erbost bestritt sie, dass sie oder ihr Ehemann jemals ihrer Tochter den Rat gegeben hätten ihren eigenen Mann zu vergiften und loszuwerden. Ihre Tochter blieb bei diesen Worten teilnahmslos und Alec war sich nicht sicher, ob Alice diese Aussage, und offensichtliche Missachtung ihrer Person, verletzte. Isabella trat als letzte Zeugin auf und schilderte was sie gesehen hatte und ebenfalls den Teil, der Alice ihnen im Arbeitszimmer preisgegeben hatte. Alec wusste, dass Isabella versuchte zu erklären warum Alice so weit gegangen war und an das Mitleid des Königs und der Richter appellierte. Alice war bei Isabellas Aussage ganz still geworden und hatte ihrer Nichte gelauscht. Er hoffte, dass Alice erkannte was seine Frau da für sie tat und wenigstens einmal in ihrem Leben wirklich etwas bereute. Nachdem Isabella platzgenommen hatte, hatten sich der König und die Richter zurückgezogen, um sich zu beraten. Alec blickte zum Tisch seiner Schwiegermutter. Sie hatte ihren Blick stur gerade ausgerichtet und fixierte den Thron. Der Saal war mit Flüstern erfüllt, während alle gespannt auf die Rückkehr des Königs warteten. Nach endlosen Momenten glitt die Tür von einem Nebenzimmer auf und die Richter und der König kamen zurück. Edmund setzte sich auf den Thron. Das Geflüster erlosch augenblicklich:
„Alle Beteiligten konnten nun ihre Ansichten und Beweise niederlegen. Ich habe verschiedenen Zeugen gelauscht und muss persönlich eingestehen, dass ich schockiert über eine derartige Tat bin. Jeder mag seine Gründe haben, doch Gott ist derjenige welcher richtet und nicht ein rachsüchtiges Weib. Zweifellos ist es möglich, dass der verdorbene Bruder einen schlechten Einfluss auf die zarte kleine Schwester in jungen Jahren ausgeübt hat, doch ist dies keine Entschuldigung ein ehrenwertes Mitglied der Peers so grausam nieder zu meucheln. Es gibt nur eine", begann der König, aber Alec hatte sich von seinem Stuhl erhoben. Der Saal war totenstill geworden. Alexander machte eine tiefe Verbeugung:
„Majestät", das Gemurmel setzte wieder ein, „verzeiht mir meinen Unterbruch. Dürfte ich noch etwas sprechen, bevor Ihr Euer Urteil fällt?" Edmund sah ihn an und nickte dann langsam. „Vielen Dank Majestät", sagte Alec und neigte den Kopf abermals: „Ich weiss, dass diese Frau meinen Vater getötet hat, dass sie dies geplant und dass sie es auf grauenvolle Weise getan hat. Sie hat nun alles verloren." Er warf einen Blick auf Alice, sie sah zu ihm zurück. „Euer Gnaden ich weiss es steht mir nicht zu, doch ersuche ich um Gnade für die Mutter meiner Schwester." Ein Schnappgeräusch durchzuckte die Menge. Damit hatte wohl niemand gerechnet, am allerwenigsten er selbst. Er hatte aus einem Impuls heraus gehandelt, doch nun da er darum bat, wusste er, dass dies richtig war. Alec verneigte sich wieder vor dem König und setzte sich nun endgültig auf seinen Stuhl am Tisch. Alec konnte nicht sagen, ob er nun alles noch schlimmer gemacht hatte. Edmund hielt die Menge an sich zu beruhigen. Der König machte eine lange Pause und die Ruhe im Saal war zu vergleichen mit der Stille vor einer Schlacht, bevor die Kanonen losfeuerten und neben einem einschlugen. Dann endlich löste Edmund seine Zunge:
„Es ehrt Euch, dass Ihr Partei für diese Frau ergreift, die Euren geliebten Vater gemeuchelt hat." Er zögerte noch einmal und sagte dann bestimmt: „Ich verurteile diese Frau bis an ihr Lebensende in Abgeschiedenheit in einem Häuschen in der Grafschaft Surrey zu leben. Sie untersteht dem Befehl des Earl of Surrey. Der Titel einer Countess wird ihr sofort unwiderruflich aberkannt und sie wird ihr neues Zuhause nie mehr verlassen. Sollte sie zuwider handeln, wird dies mit dem Tode bestraft." Die Räte stimmten zu, jedoch nicht so euphorisch, wie tags zuvor. „Allerdings wird ihr Mittäter Moris der Diener durch den Strick gerichtet. Er soll eine Warnung sein, an all jene, die sich eines Mordes mitschuldig machen." Jetzt klatschten die Räte kräftiger in ihre Hände, denn nun hatten sie was sie wollten. Einen, der am Strick baumelte. Alec verliess als Letzter den Saal und war in seine Gedanken vertieft. Als er um die Ecke bog, fühlte er warme Hände und einen Kopf, der sich an ihn drückte.
„Ich weiss, du hast dies nur für mich getan", wisperte Elaine an seiner Brust und Alec brachte ein müdes Lächeln zustande, während er sie fest an sich drückte. „Sie hat dein Mitleid nicht verdient und ihre Strafe wäre nur gerecht gewesen... aber ich danke dir trotzdem, dass du Alice verschont hast."
„Der König hat sie verschont", berichtigte sie Alec und küsste ihren Schopf. Er sah, wie Isabella ein wenig weiter weg stand und ihm zunickte. Jetzt war alles vorbei. Er konnte nun mit erleichtertem Herzen zusammen mit seiner Familie nach Carlisle reisen und dort in Ruhe seiner Zukunft entgegensehen.


Ich möchte euch vorbereiten... es sind nicht mehr allzu viele Kapitel und dann ist diese Reise mit Alec und Isabella endgültig zu Ende! Ich freue mich, dass Ihr noch dabei seid! Danke sehr.

Schottisches Feuer und englische Anmut - Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt