Kapitel 1.2 - Der Schwur

719 48 10
                                    

„So" krächzte der Priester „tritt heran mein Kind". Der Priester entzündete die Kerzen und winkte sie beide vor ihn hin. Isabella schritt bedächtig zu dem Priester und Alexander stellte sich neben sie. Falls der Priester Isabellas Schwangerschaft bemerkt haben sollte, so ignorierte er diesen Umstand geflissentlich. Er spürte Isabellas Blick von der Seite und sie wisperte
„Alexander... bitte". Doch Alexander reckte seinen Rücken gerade und starrte stur den Priester an. Er musste mit ihr da durch, für ihn gab es keinen anderen Weg. Der Priester begann
„Oh Herr, dieser Mann ist vor mich getreten mit der Bitte dieses Weib hier zu seinem Eheweib zu machen. Treten wir nun alle zusammen, um das Wort Gottes zu hören und ihn mit Gebeten zu preisen. Vater Unser im Himmel, geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen". Lior öffnete seine Hände, die er zum Gebet gefaltet hatte und räusperte sich, bevor er fortfuhr „Mit der Anwesenheit und dem Einverständnis unseres einzigen Hirten, will ich nun der verlängerte Arm unseres Herren sein und diese beiden miteinander verheiraten, denn der Herr ist unser Hirte, er weidet uns auf einer frischen Aue, er erquicket unsre Seele, er führe uns auf der rechten Strasse, um seines Namens willen und ob wir schon wanderten im finsteren Tal, fürchteten wir kein Unglück, denn du bist bei uns und tröstest uns. Herr und Gott, du bist unserem irdischen Auge verborgen, aber doch in unserer Welt zugegen. Wir danken dir, dass du uns deine Nähe schenkst, wo der Mann das Weib ehelicht. Segne diesen Mann, segne dieses Weib und segne diese Ringe" der Priester nahm die beiden Ringe, die ihm Alexander zuvor gereicht hatte und hob sie in die Höhe „die diese beiden als Zeichen ihrer Ehe und Treue tragen werden. Lass in ihrer Gemeinschaft deine verborgene Gegenwart unter uns sichtbar werden. Darum bitten wir durch Jesus Christus unseren Herren." Der Priester wandte sich nun ihm zu und fragte „Alexander John Arthur Lord de Warenne, seid ihr hierher gekommen, um nach reiflicher Überlegung und aus freiem Entschluss mit diesem Weib das heilige Sakrament der Ehe zu begehen?"
„Ja, das will ich" antwortete Alec.
„Wollt ihr dieses Weib ehren und achten und es versorgen in allen Tagen eures Lebens und wollt ihr mit ihr Kinder zeugen und sie im Glauben unseres Gottes erziehen als gelehrige Christen?"
„Ja" sagte Alexander monoton. Callaghan nickte und drehte sich dann zu Isabella. Alexander musste sich zwingen sie nicht anzusehen, denn er war sich nicht sicher, ob er es weiter durchziehen würde, wenn er in ihre verzweifelnden Augen blicken müsste.
„Ich frage euch Isabella Rose Campbell, wollt ihr das Weib dieses Mannes werden, ihn ehren und achten und ewige Treue schwören und ihm viele gesunde Kinder schenken, bis das der Tod euch scheidet?" Isabella antwortete nicht dem Priester. Er spürte, wie sie sich ihm zuwandte
„Alexander... ich bitte dich, bedenke was du verlangst" sagte sie verzweifelt „Ich bitte dich... zwing mich nicht dazu". Der Priester schien verwirrt und er blickte von einem zum anderen. Alexander richtete seinen Blick noch immer nicht auf Isabella und dies versetzte ihm einen Stich in sein Herz. Er wollte ihr schliesslich nicht das Gefühl vermitteln, dass er sich nicht um ihre Ansichten scherte. Aber in diesem Punkt konnte er nicht nachlässig sein. Sie musste ihn ehelichen.
„Fahrt fort, Priester" presste er zwischen seinen Zähnen hervor. Der Priester haspelte etwas vor sich her und fuhr dann fort
„Dann im Namen unseres Herren sollt ihr nun die Ringe tauschen" er reichte erst Alec den kleineren goldeingefassten Ring, der mit einem Smaragd in der Mitte versehen war
„Pignus amoris habes (1), in Gottes Namen nehme ich dich zu meinem Eheweib" nun musste sich Alec unweigerlich zu Isabella umdrehen. Er hatte Tränen ihrerseits erwartet, da ihre Augen vorher verschwommen gewesen waren, doch sie sah ihn mit einem durchdringenden Blick an. Er nahm ihre linke Hand, die totenkalt war, und steckte ihr den Ring an. Der Priester reichte ihm ein offizielles Dokument, worauf Alec seine Unterschrift ganz unten anbringen musste, wie ebenfalls im schwarzen Lederbuch. Jetzt reichte der Priester Isabella den grösseren goldenen Wappenring der de Warennes. Alexander beobachtete ihre Reaktion. Mit zitternden Fingern griff sie nach ihm und zog sanft Alecs linke Hand hervor
„Bidh bu toigh leam... do bean... mi gradhaich a thu... mo cridhe! (2)". Der Priester betrachtete Isabella äusserst neugierig und zu Alexanders erstaunen antwortete er ihr in Gaelic.
„Thuirt thu brèagha mo clann (3)". Dann unterzeichnete auch Isabella auf beiden Pergamentstücken und legte die Feder nieder. Alec nahm mit seiner linken Hand die Rechte von Isabella und sie hoben ihre verschlungenen Hände dem Priester entgegen. Lior Callaghan legte seine Hände auf die Ihrigen und räusperte sich
„Gott der Herr hat euch als Mann und Weib verbunden und was Gott geeinigt hat, soll der Mensch nicht trennen. Im Namen des Herrgottes und seiner Kirche bestätige ich diese Vermählung, diejenigen die dieser Ehetrauung zugegen sind, nehme ich zu Zeugen dieses heiligen Bundes. Der Herr segne und behüte Euch! Gehet hin im Frieden des Herrn. Gott sei ewiglich Dank. Amen". Als der Priester seine Hand löste spürte Alec wie auch Isabella ihre Hand wegziehen wollte, doch er hielt sie fest. In ihrer Familie gab es einen Brauch und den wollte er, trotz der unglücklichen Umstände, die zu dieser Eheschliessung geführt hatten, umsetzen. Er trat nah an Isabella heran und fühlte ihren warmen Atem an seiner Brust. Er küsste ihre Stirn und kniete sich dann, mit einem Bein angewinkelt, vor ihre Füsse. Das Schwert an seinem Gürtel zog er aus seiner Scheide, bot es ihr mit beiden Händen dar
„Du mein Eheweib bist Führerin meines Schwertes. Von diesem Zeitpunkt an wird jede Schlacht, die ich gewinne und leite, im Auftrag deiner Gunst geschehen und mein Schwert wird sich deinem Befehl unterordnen". Alec legte das Schwert zu ihren Füssen und verbeugte sich bis zum Boden vor ihr, dann erhob er sich und blickte sie an. Von hinten traten Rickard und Thomas heran, legten ihnen beiden einen rotgoldenen de Warenne Umhang um die Schultern, um ihre Verbundenheit zu demonstrieren. Er nahm erneut ihre Hand und schritt mit ihr aus dem Zelt. Alexander hatte bewusst darauf geachtet, dass die Nachricht seiner Hochzeit nicht die Runde im Lager machte. Zuerst sollte ihre Vermählung geheim bleiben, damit er den König nicht unnötig brüskierte. Nach dem Krieg wäre noch genügend Zeit, um Verhandlungen abzuhalten. Thomas und Rickard kamen nach ihnen aus dem Zelt und erwiesen ihnen ihre Ehre. „Gebt dem Priester ein Zelt und zu Essen. Er soll sich ausruhen und wenn er einverstanden ist soll er hier bleiben, damit wir einen Geistlichen für die letzten Stunden der Soldaten haben, wenn sie es wünschen" dann machte er eine kurze Pause und blickte zu Isabella, die etwas Abstand zwischen sie beide gebracht hatte „es soll mich niemand stören. Ich will mit meiner Ehefrau alleine sein" sagte Alec. Die beiden nickten und Rickard grinste und flüsterte, so dass es nur Alec hören konnte
„Du hast die Frau schon mit deinem Samen gefüllt und sie kommt ihrer Pflicht nach, schneller als andere Ehefrauen würde ich meinen". Alec gab ihm einen heftigen Knuff
„Hüte deine Zunge, du sprichst von meiner Ehefrau und meinem Kind. Sorg lieber dafür, dass der Priester bleibt" sagte Alec düster und schritt zu seiner Frau, die er mit sich in ihr gemeinsames Zelt zog. Im Zelt legte Alec seine Rüstung ab und bediente sich an den Weintrauben, die auf dem Tisch standen. Isabella war immer noch in der Nähe des Einganges und hatte sich kaum gerührt. Sie erinnerte ihn an ein scheues Reh, welches sich zur Flucht bereit machte. Die Faust, die seine Eingeweide umklammerte, schloss sich noch etwas fester zusammen. „Du hast noch kein Wort mit mir gewechselt... mit deinem Ehemann" sagte Alec langsam und musterte sie. Sie zuckte leicht zusammen, schritt dann auf den Diwan zu und streifte ihren Umhang ab
„Was willst du denn hören?" sagte sie deutlich erregt „dass du mich dazu gezwungen hast dich zu meinem Ehemann zu machen? Meine Meinung hat dich nicht gekümmert Alexander. Ich habe dich gebeten, dies zu unterlassen... doch du hast meine Bitte nicht gehört". Sie warf den Umhang vor seine Füsse „bald wird ganz England und der König davon wissen, dass du eine Spionin geheiratet hast und sie einen Bastard in sich trägt. Da es ziemlich deutlich ist, dass ich vor unserer Hochzeit empfangen haben muss, weil das Kind bald auf die Welt kommen wird". Sie wischte sich mit einer Hand über die Wange „Verdammter Engländer! Du bist alleine schuld, wenn deiner Familie etwas geschehen sollte und du trägst das Blut unseres Kindes an deinen Händen!" schrie sie ihn an. Alexander spürte, wie der Zorn in ihm anschwoll. Konnte sie denn nicht ein einziges Mal sehen, wieso er es getan hatte?! Er erhob sich von dem Stuhl am Tisch und ging auf sie zu. „Nicht ein Wort wolltest du von mir hören, doch ich verspreche dir, sobald ich kann, werde ich diese verdammte Insel verlassen und in den Schoss meiner Familie zurückkehren" sprach sie weiter. Alec ging weiter auf sie zu und erwiderte
„Du trägst ein Kind in dir... mein Kind Isabella und das lasse ich mir nicht wegnehmen! Es ist mein zukünftiger Erbe, den du da austrägst und der wird diese Insel nicht ohne meine Erlaubnis verlassen!" grollte er. Isabella japste und reckte ihre Nase in die Luft, sie hielt ihm stand und Alec trat noch näher. Ihr Mut war einfach bewundernswert, selbst in den gefährlichsten Situationen bot sie dem Kommenden die Stirn.
„Du kannst diese Hure bespringen so oft du willst, vielleicht schenkt sie dir diesen Erben, doch dieses Kind wird dort sein, wo ich bin Alexander! Du hast mich gedemütigt und mir nicht das geringste Recht zukommen lassen, selbst ein Hund hätte mehr erwarten können... das Schlimmste ist gar, dass du diesen Fehler nicht einmal annähernd einsiehst Alexander John Arthur de Warenne". Nun stand Alexander ganz nah vor ihr. Sie verstand es einfach nicht, warum konnte sie sich nicht mit ihrer Absicherung zufriedengeben?! Er war einer der reichsten und einflussreichsten Männer im Königreich. Sein Wort war von grossem Wert. Es verletzte ihn, dass sie es unerträglich zu finden schien ihn geheiratet zu haben. Vielleicht hätte sie lieber seinen Bruder, den Schönling, geheiratet oder irgendeinen Schotten. Er biss sich auf die Unterlippe, doch die Worte, die er nun sagte, konnte er nicht mehr aufhalten
„Ich kann gerne meine Hure herholen lassen, damit sie deine Pflicht als Ehefrau im Bett erfüllt". Er sah, wie Isabellas Nasenflügel bebten, sie holte mit ihrer Hand aus und verpasste ihm eine saftige Ohrfeige.


(1) Du hast meiner Liebe Pfand
(2) Ich will deine... Ehefrau sein... all meine Liebe für dich... mein Herz
(3) Schön gesagt mein Kind


Schottisches Feuer und englische Anmut - Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt