Die Pferde krachten gegen die Pikeniere und die Schlacht begann. Die Tiere stiegen in die Höhe und fielen tot zu Boden, in ihnen steckte die Pike seiner Männer. Die Reiter, nun ohne Pferd, zogen ihre Klingen und stürmten die Pikeniere und Hellebarden, die sich mit ihren Waffen verteidigten. Einige hatten die Reihe durchbrochen und seine Männer in den Boden gestampft. Die Kavallerie mit Alec sprang nach vorne und griff in das Geschehen ein. Arac preschte in die Menge und Alec schwang sein Claymore. Mit seinen Hieben traf er die Fusssoldaten und duellierte sich mit der Kavallerie der Schotten. Arac tänzelte geschickt zwischen den Fronten umher und brachte Alec in eine gute Position, um seinen Feind niederschmetternd zu schlagen. Er hatte auch bei diesem Mal seinen Männern ins Gewissen gesprochen und verlangt, dass sie die unerfahrenen Soldaten nur verletzen sollten, aber nicht töten. Denn er war sich sicher, dass auch hier vermehrt Bauern als Soldaten ausgegeben wurden. Der Regen liess unbekümmert weiter seine Fluten auf die Männer nieder rasseln, sodass sie von Stunde zu Stunde immer mehr im Boden versanken. Das Getöse der Schlacht war ohrenbetäubend. Männer schrien umher. Verwundete, dem Tode nahende, riefen verzweifelt um Hilfe. Die Klingen der anderen, noch Lebenden, prallten unablässig aufeinander und durchbohrten Rüstungen und Leiber. Erneut schoss ein Pfeil an Alec vorbei und traf einen Schotten in den Kopf. Der massige Mann taumelte und stürzte krachend nach hinten in den Schlamm. Alec blickte zurück, da er wissen wollte von wem der Pfeil so präzise geschossen worden war und erblickte Alfred, der schon den nächsten Pfeil eingespannt hatte. In diesem Moment traf ihn die Seite eines Panzerbrechers mitten auf seine Rüstung. Ein Reiter der Schotten war auf ihn zugeritten und hatte mit voller Wucht sein Schwert auf den Brustpanzer von Alec geschlagen. Beim ersten Schlag hatte die Waffe zwar keinerlei körperlichen Schaden angerichtet, allerdings war eine enorm grosse Delle in Alecs Brustpanzer zurückgeblieben. Der schottische Ritter machte im Galopp einen grösseren Bogen und wendete mit ausgestrecktem Schwert. Dieser verdammte Mistkerl! Alec hob sein Schwert in die Luft, Arac stellte sich auf seine Hinterläufe und wieherte ungeduldig. Mit einem Satz preschte er nach vorne, dem schottischen Gegner entgegen. Die fliessende Muskelbewegung von Arac ermutigte Alec und gab ihm die nötige Durchschlagskraft. Die beiden Pferde prallten aufeinander zu und die Schwerter kreuzten sich in der Luft. Sein Gegner hatte eine starke Hand und er fühlte, dass die Kampftaktik und sein Geschick mit jahrelanger Erfahrung antrainiert worden war. Jeder mögliche Treffer wurde von dem Schotten geschickt abgewehrt und verwandelte Alecs tödliche Angriffe in unbedeutende. Aber auch der Schotte schien nicht an sein Ziel zu gelangen, da Alec ihm jegliche Bewegungsfreiheit für einen vernichtenden Schlag verwehrte. Die beiden Pferde drehten sich unablässig im Kreis und schlugen wütend mit ihren Schweifen. Alec wurde bewusst, dass er hier eine andere Taktik anwenden musste. Im Gegensatz zu Alec trug der Schotte eine komplette Rüstung, nicht nur einen Brustpanzer und Beinschienen. Er musste ihn von seinem Pferd holen. Er drückte Arac mit seiner Ferse in die Rippen. Arac stieg in die Höhe und Alec nutze die Verwirrtheit des Schotten, der sich über das anscheinend bockende Pferd wunderte, sprang auf den Feind und riss ihn mit sich zu Boden. Mit einem spritzenden Geräusch krachten sie auf den Schlammboden. Alexander schlug ihm sein Schwert aus der Hand und richtete sich auf. Die Rüstung war ziemlich eingedrückt und der Schotte bewegungsunfähig. Dies war der Grund weshalb Alec selten eine komplette Rüstung trug. Sie schützte einen zwar vor harten Angriffen, doch lag man auf dem Rücken, war man seinem Feind gnadenlos aufgeliefert. Er kniete sich neben den Kopf des Feindes und öffnete das Visier. Ein älterer Schotte blickte ihn aus hellblauen Augen an
„Tu es... verdammter Königsritter" schnaubte er.
„Einen wehrlosen alten Mann, der am Boden liegt, töten?! Haltet ihr mich für einen Barbaren?" Alec erhob sich und blickte weiter in die hellblauen Augen „Ihr bleibt hier liegen und sobald wir eure Truppe geschlagen haben, werdet ihr uns als Gefangener mehr von Nutzen sein als Tod". Die hellen Augen starrten ihn an und schienen ihn zu verwünschen. Er war sich zwar nicht sicher, ob der Schotte je reden würde, doch er war einer der wenigen echten Soldaten, die er bisher in diesem Krieg kämpfen gesehen hatte. Sein Blick glitt über die Menge der kämpfenden Meute. Er entdeckte Rickard, der es mit drei Schotten zugleich aufnahm. Alec schlug sich durch die Menge und bahnte sich einen Weg bis zu seinem Bruder und deckte ihm den Rücken.
„Das wurde aber auch Zeit" presste Rickard hervor und wehrte soeben einen gezielten Stich auf sein Herz ab. Alec nahm sich den Hellebardier vor, der wütend mit seiner Stichwaffe drauf losschlug. Wäre es ein richtig ausgebildeter Hellebardier, hätte er bereits mehrere gefährliche Treffer auf Alec verübt. Aber auch bei diesem Soldaten zeigte sich deutlich, dass er nicht zum Hellebardier ausgebildet worden war. Plump hob er die Hellebarde in die Luft und liess sie, ohne auf seine Deckung zu achten, auf Alec niedersausen. Dieser dumme Fehler, gewährte Alec eine Lücke, die er sofort ausnutze. Er parierte die Hellbarde und liess sie nach links abgleiten, als die Stichwaffe seines Gegners den Boden berührte, hatte Alec freie Angriffsfläche auf seinen Kopf. Alec stiess mit seinen Fäusten, die den Schwertknauf umgriffen, nach vorne und schlug dem Schotten mit voller Wucht ins Gesicht. Er fühlte den Knochen brechen und Blut floss aus den Nasenflügeln des Gegners. Dieser, jedoch wenig beeindruckt von dem harten Schlag auf seinen Kiefer, packte mit beiden Händen die Hellebarde und schwang sie wütend, um sich in der Absicht Alec zu treffen. Alec rollte sich auf den Boden und entging dem unüberlegten Schlag. Er nutzte die dargebotene Rippe, die nun ungeschützt freistand. Mit einem kräftigen Hieb seines Schwertes zerfetzte er den Ringpanzer und das Lamellenhemd. Der Schotte knickte auf die Seite und liess seine Hellebarde fallen. Die Verletzung war nicht allzu tief, würde den Gegner allerdings ausser Gefecht setzen. Er wandte sich zu seinem Bruder um, der mit zwei Schwertkämpfern zugange war. Alec ging mit seinem Claymore dazwischen und stiess einen von ihnen mit einem gezielten Fusstritt nach hinten. Für einen kurzen Augenblick schien es so, als würde der Schotte sein Gleichgewicht verlieren, konnte sich aber im letzten Moment noch einmal ausbalancieren. Er war etwas kleiner als Alec, trug eine Brustrüstung und eine Beckenhaube, die seinen Kopf und durch ein Geflecht aus Ringpanzernieten seinen Hals schütze. Er war ziemlich schlank und Alec war erstaunt, welche Kraft er auf das Schwert übertragen konnte. Seine Hiebe waren stark. Ein paar Jahre intensive Ausbildung und aus diesem Jungen würde ein grossartiger Soldat werden. Er ging geschickt um Alexander herum und versuchte eine Schwachstelle in seiner Verteidigung zu erahnen. Er wehrte die Schläge des Jungen ab und versetzte ihm ein paar harte Schläge mit dem Knauf seines Schwertes. Was nun geschah konnte Alec allerdings nicht voraussehen. Der junge Schotte täuschte einen Schlag vor und rannte dann direkt mit vorgehaltener Schwertspitze auf Alec zu. Alec wollte ihm das Schwert aus der Hand schlagen, doch es war zu spät. Sein Claymore steckte tief im Körper des Jungen. Dem Schotten stockte der Atem und er liess seine Waffe fallen. Er fiel Alec entgegen und schnappte nach Luft. Alec hielt ihn auf und sah einmal mehr in seinem Leben in schwach glitzernde Augen, die bald die Schwelle zum Tod überschreiten würden. Die grauen Augen des Jungen blickten in Alecs und er versuchte etwas zu sagen.
„Pssst... pssst... es ist bald vorbei". Das hastige nach Luft schnappen wurde schwächer und der Körper erschlaffte in Alecs Griff. Er legte den Jungen auf den Rücken und zog sein Schwert aus seinem Leib. Zur selben Zeit entledigte sich Rickard seines Gegners. Sie mischten sich wieder unter die Kämpfenden.
Die Schlacht zog sich hin und Alec hielt mit seinen Männern die Schotten in Schacht bis James de Ferres und sein Gefolge eintrafen und sie mit vereinten Kräften die schottische Gegenwehr zerschlugen. Nach drei Tagen hatten sie das Gebiet für Englands Krone eingenommen. Sie gewährten den schottischen Truppen noch den Zugang zu ihren gefallenen Soldaten, damit sie den Toten die letzte Ehre erweisen konnten. Der Verlust auf Alecs Seite war gering, gerade mal ein Duzend hatte er verloren. Alec stand an der Seite und betrachtete die Soldaten, welche die Totenbetten aus Holz errichteten und dann die leblosen Körper auf ihnen niederbetteten. Die Sonne ging unter und seine Männer versammelten sich vor den Bahren. Thomas lief mit einer Fackel von einem Totenbett zum anderen und entzündete es. Schweigen breitete sich in den Reihen der Männer aus und alle hatten ihren Blick auf das Feuer gerichtet. Als das Ritual vorbei war, erblickte Alec James, der abseits der Truppe stand. Sie gingen beide ins Kommandozelt von James und Alec setzte sich in einen Stuhl. James blieb beim runden Tisch, worauf die Schlachtpläne lagen, stehen und stützte sich mit beiden Händen am Tisch ab
„Der alte Schotte, den du im Matsch liegen gelassen hast, war überhaupt nicht erfreut, als wir ihn in Ketten legten. Er hat dich als Sohn eines räudigen Bastards bezeichnet" grölte James los „Er hätte einen ehrenvollen Tod verdient". Alec schenkte ihm ein müdes Lächeln. James strich sich durch sein dunkles Haar und sprach weiter „Ich bezweifle allerdings stark, dass er je ein Wort preisgeben wird". Alec leerte einen Kelch mit Wein und erwiderte
„Davon bin ich auch nicht ausgegangen... vielleicht verrät er etwas, dass für ihn nicht relevant erscheint und wir trotz allem nutzen könnten". James zuckte mit den Schultern und wurde ernst
„Alec die Situation hier gefällt mir nicht. Mein Instinkt sagt mir, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugeht" schnaubte James und schüttelte energisch den Kopf. Alec rieb sich die Augen, nun spürte er die Müdigkeit, da er die letzten drei Tage nicht geschlafen hatte
„Ich weiss" sagte Alec „es beunruhigt mich ebenfalls, dass wir hier nur drei Tage gebraucht haben und bei Hawick lediglich eine Woche. Es scheint beinahe unmöglich, dass so viele Schotten sich nicht am Krieg beteiligen. Ich frage mich, wo all die Soldaten geblieben sind... König Henry konnte unmöglich so viele auf unsere Seite ziehen, dass den restlichen Schotten nichts übriggeblieben war, als unerfahrene Krieger in den Kampf zu senden". Alec erhob sich, lief zum Tisch und betrachtete die Aufzeichnungen, die zerstreut umher lagen. James blickte Alec an
„Unser König glaubt, die Schotten hätten nun erkannt, dass es nur einen König und Herrscher gäbe und zwar ihn" sagte James nachdenklich und nach einer Pause fuhr er fort „Henry hat zu wenig Erfahrung in Kriegen und allem voran in Gefechten mit den Schotten. Selbst wenn sein Spion ihm mehrere namhafte Clanoberhäupter liefern konnte, so würden die Restlichen nicht klein beigeben. Nein... Ich denke wir müssen uns auf eine Überraschung gefasst machen und darauf könnte ich gerne verzichten". Alec trommelte mit seinen Fingern auf den Tisch
„Es liegt auch nicht in meinem Interesse. Ich werde Jackson bitten seine Leute zu kontaktieren und jetzt muss ich mich hinlegen"
„Nimm mein Zelt bis dein Lager hier eintrifft" er hielt inne „Alec, das wollte ich dich schon bei Hawick fragen, doch es gab keine Gelegenheit... was ist an den Spekulationen über eine Spionin in deiner Obhut dran?" Alec streckte seine Glieder und antwortete
„Ich werde beweisen, dass diese Anschuldigungen nicht zutreffen". James nickte und vertiefte sich dann erneut in die Pläne. Alexander schritt aus dem Zelt, eine kühle Brise streifte ihm über sein Gesicht. Sein Hauptlager würde erst in einer Woche weiter nach vorne rücken, wie zuvor bei der Schlacht in Hawick. Er musste sicher gehen, dass das eroberte Gebiet nicht noch einmal von schottischen Soldaten gestürmt wurde und dafür sorgen, dass König Henry VIII nicht schon allzu früh von seiner Hochzeit mit einer angeblichen Spionin erfuhr. Im Zelt von James wusch Alec rasch sein Gesicht an der Waschschüssel und streifte seine Kleidung ab. Er legte sich auf die braunen Felle und fiel sofort in einen traumlosen Schlaf.
DU LIEST GERADE
Schottisches Feuer und englische Anmut - Band 2
Historical FictionNachdem Alec Isabellas Geheimnis gelüftet hat, bereitet er sich mit seinen Männer auf den bevorstehenden Krieg gegen Schottland vor. Enttäuscht über Isabellas Versteckspiel suhlt er sich in der Verletztheit seines männlichen Egos. Der Krieg beginnt...