Duke Croft verteilte die Karten bis jeder zwölf hatte und legte die letzte offen auf. Eine Schelle vier, damit waren die Schellen in dieser Runde die Trumph Karten und besiegten in ihrer Höhe alle anderen. Ramsey musste beginnen. Er legte eine Schilte acht. Murf folgte mit einer Schilte neun und Alexander mit einer Schilte zehn. William Croft legte eine Schilte sieben und damit hatte Alec seinen ersten Trick für sich entschieden. Die ersten gesammelten Stiche hatten praktisch keine Bedeutung. Beide Teams hielten sich die Waage und schenkten sich nichts. Knapp entschieden Ramsey und Alec die erste Partie für sich, doch die zweite Partie gewannen Murf und Duke Croft. Bis dahin war das Spiel relativ entspannt dahingeglitten, doch als sie nun Kopf an Kopf um die dritte Partie spielten, verblasste bei Croft das Lächeln, wie bei Alexander die lockere Haltung und beide mühten sich ab, um das Spiel auf ihre Seite zu ziehen. Ramsey gab sein Bestes, doch man merkte, dass er in diesem Spiel nicht sehr viel Erfahrung hatte. Allerdings war auch Duke Crofts Begleiter weniger versiert in Stoke Whist, wonach die Bedingungen wieder ausgeglichen waren. Das allerletzte Spiel war zäh, keiner wollte einen Fehler begehen und der Ausgang war entscheidend. Wer dieses Spiel gewann, gewann ihre Vereinbarung. Die Trumph Karte war nun die Rose. Ramsey kratzte sich mit einer Karte an der Wange und schien sich noch einmal umentschieden zu haben, wählte eine andere und legte die Eichel zehn. Murf schnaubte, grabschte nach dem Whisky Glas und warf seine Rose fünf auf den Stapel. Alexander blickte auf seine Karten. Er besass noch eine Rose sechs und ein Rose König. Er legte seine Rose sechs. William Croft warf einen Eichel König. Da Alec die höchste Trumph Karte ausgespielt hatte, gehörte diese Runde ihm und er entschied den Stapel für sich. Die letzte Runde der dritten Partie begann. Jeder warf seine letzte Karte auf den Stapel. Ramsey warf eine Rose zehn in die Mitte. Murfs Karte war die Eichel vier. Alec legte seine letzte Karte auf den Stapel und blickte zu Croft. Dieser eine Stich entschied darüber, wer die letzte Partie für sich entschied. Sie hatten sich durch das gesamte Spiel abgewechselt und waren jeweils nur ein oder zwei Stiche vor dem anderen gewesen. William Croft verzog keine Miene und legte seine letzte Karte behutsam auf den Stapel. Eine Rose Ober. Alecs Herz setzte kurz aus und er erlaubte sich einen tieferen Atemzug in seine Lungenflügel zu ziehen. Sie hatten gewonnen! Alecs Rosen König war die stärkste Karte gewesen. Der Duke of Leicestershire erhob sich
„Ich gratuliere" er hielt seine Hand Alexander entgegen und auch Ramsey. Murf tat es ihm gleich. „Ich treffe nicht viele Gentleman, die mich im Kartenspiel besiegen können" sagte er sichtlich beeindruckt und setzte sich wieder in seinen Sessel. Er winkte einem der Hausdiener zu und bestellte Wein. „Ich hätte es allerdings schon wissen müssen, als sie das Spiel Stoke Whist kannten" lächelte er und nahm den Wein entgegen „auch ein Glas?" fragte er höflich.
„Nein, vielen Dank". Mittlerweile war ausser ihnen und dem Hausdiener niemand mehr im Salon. Alle Peers und ihre Diener hatten sich verabschiedet. Murf und Ramsey erhoben sich und zogen sich zurück, damit sie beide ungestört waren.
„Sie erstaunen mich Lord Cumberland" sagte er unverblümt und blickte ihn an „ihr Auftreten ist so vollkommen anders, als dasjenige der hiesigen Peerage. Sie alle mögen von mir denken was sie wollen, doch eines haben die meisten hier gemeinsam... es sind überhebliche, arrogante, oberflächliche Gestalten und ich muss es wissen... Schliesslich bin ich seit der Übergabe meines Titels das Gesprächsthema der höheren Peerage, natürlich nur hinter vorgehaltener Hand... und das ist schon über fünfzehn Jahre her"
„Dafür, dass sie die Londoner Peerage nicht sonderlich zu mögen scheinen, fühlen sie sich aber doch immerhin wohl genug sich häufig hier mit ihnen aufzuhalten" konterte Alexander. William Newton Duke Croft, wie er mit vollem Namen hiess, war zwar einer der alle möglichen Informationen sammelte, aber auch Alexander wusste einige Dinge über ihn. Abgesehen davon, dass das Äussere von Lord Croft sehr adrett war und viele heiratswillige Töchter von gutem Hause für ihn schwärmten, war er nicht gerade Schwiegervatersliebling. Im Gegenteil, die Väter und Mütter betrachteten ihn als eine Art ekliges Ungeziefer, welches sie lieber nicht in der Nähe ihrer Töchter zu wissen wünschten. Es war nämlich damals so, der Duke of Leicestershire hatte zwei Söhne. Einer davon hatte bereits geheiratet und selbst Kinder. Der Duke hatte auch eine Schwester, die wiederum selbst hatte Kinder gehabt. Alles hatte seinen Platz. Doch dann starben die Söhne und Enkel des Dukes unter mysteriösen Umständen und die Bewohner von Leicestershire waren entsetzt. Somit würde die Linie des Dukes durch die Kinder seiner Schwester fortgesetzt werden. Kein Jahr später war die gesamte Linie seiner Schwester durch Krankheiten niedergerafft worden und kein einziger Erbe war mehr vorhanden. Als der Duke erkrankte zog ein junger Bursche auf das Anwesen. Bis auf dessen Bewohner, kannte keiner die wahre Identität des jungen Mannes. Es war William Newton Croft, der uneheliche Sohn des Dukes. Es war die letzte Chance des Dukes, dass seine Blutlinie fortbestehen würde. Er liess den Jungen ausbilden und lehrte ihn all die Dinge, die ein junger Peer kennen musste. Der junge Croft hatte zuvor auf einem Hof gelebt und dort als Bauernknecht bis zu seinem siebzehnten Lebensjahr gearbeitet. Doch noch bevor der Duke seinen Plan beenden konnte, starb er und William war auf sich allein gestellt. Läppische zwei Jahre hatte er Zeit gehabt sich darauf vorzubereiten. Alec konnte sich noch dunkel daran erinnern, wie hart die Peerage mit ihm ins Gericht gegangen war. Einige hatten gar versucht das Testament anzufechten, da sie nicht glaubten, dass es der Wahrheit entspräche und dass William Croft es gefälscht hätte. Mit der Zeit hatte sich die Aufregung gelegt, doch akzeptieren wollte ihn immer noch nicht so recht jemand. William Croft grinste ihn an und meinte
„Das ist allerdings so, aber man sollte seinen Feinden nah sein... nicht wahr? Und man könnte sagen, ich geniesse auf die eine oder andere Art ihre Anwesenheit"
„Sie meinen indem sie sie ausnehmen?" meinte Alec. Duke Croft schnalzte mit der Zunge
„Nana so würde ich das nun nicht bezeichnen. Sie bestehen immer wieder darauf gegen mich zu spielen, und ich kann diese höfliche Bitte doch nicht ablehnen... ich weiss was sich gehört" sagte er lächelnd. Alexander schüttelte den Kopf. „Nun kommen wir aber zu ihrem Gewinn. Ich bin ehrlich gesagt schon etwas neugierig, was für Informationen sie von mir benötigen". Alexander wurde ernst. Es war eine sehr wichtige Angelegenheit für ihn.
„Ich weiss, sie sind ein Mann, der Informationen offen legt gegen ein Spiel, doch ich hoffe, dass diese Informationen möglichst unter Verschluss bleiben können, da es eher eine private Angelegenheit betrifft."
„Nun ich denke mal, dass nicht viele ihrem Beispiel folgen werden und mich im Kartenspiel schlagen. Das wäre meinem Ruf sehr abträglich." Alec griff nach seinem Cidre, da sich seine Kehle plötzlich sehr trocken anfühlte
„Ich benötige alle möglichen Informationen über den Clan der Campbells aus den Highlands. Über ihre Mitglieder, wo sie leben, über die Besitztümer... alles was sie wissen oder auftreiben können. So schnell wie möglich und wenn möglich mit Schriftstücken belegt". Anscheinend hatte der Duke nicht mit einer solchen Art von Frage gerechnet. Seine Stirn lag in Falten und er musterte Alexander aufmerksam
„Wo die Tochter der Campbells ist, dass wissen sie ja vermutlich... nehme ich an?" fragte William Croft offen. Alexander schmunzelte
„Ich hoffe doch". Der Duke strich sich über die Stirn und lehnte sich nach vorne
„Also wo soll ich beginnen... ich weiss, dass Duncan und seine Frau Anne Tod sind... tragischer Unfall... wobei es da merkwürdige Gerüchte gibt. Die kleine Isabella blieb allein zurück und sollte von ihrem Onkel in England grossgezogen werden. George Talbot... ekliger Kerl, wenn sie mich fragen. Genau einer von dieser Sorte, die ich vorhin gemeint hatte. Doch sie blieb nicht lange dort... hielt es wohl nicht lange bei ihm aus. Kann ich verstehen, armes Kind. Ist ausgerissen und untergetaucht". Er blickte Alexander direkt in die Augen „und geradewegs bei ihnen wieder aufgetaucht". Er grinste breit und das Funkeln tauchte wieder in seinen Augen auf „was für ein Zufall... Was dort mit ihr geschehen ist, können sie wohl besser beurteilen als ich?" fragte er neugierig. Doch Alexander schwieg eisern und nach einer Weile fuhr Duke Croft fort „Sie müssen eines wissen, die Talbots haben schon immer versucht ihre Töchter mit den reichsten Familien Englands zu verheiraten. Raten sie mit wem Anne Talbot ursprünglich verlobt war, sie aber die Verlobung löste und dann mit einem schottischen Wilden durchbrannte und in den Highlands lebte?" Alec wusste keine Antwort und schüttelte ratlos den Kopf. „Anne Talbot sollte ihren Vater, John de Warenne ehelichen"
„Niemals?!" sagte er erstaunt.
„Ich sage die Wahrheit" meinte Croft. „Ihr Vater und Anne Talbot waren verlobt. Es war offiziell, aber beide lösten die Verlobung. Ihr Vater ehelichte ihre Mutter und Anne Talbot zog nach Schottland und heiratete Duncan. Einen bedeutenden Clanchief zu jener Zeit und der Herr über Argyll. Es war ein riesiger Skandal. Die Familie Talbot war wochenlang im Gespräch und ihr Vater John de Warenne als einer der Reichsten sowieso"
„Woher wissen sie das? Sie sind nicht viel älter als ich... und damals waren sie noch nicht einmal Teil dieser verdammten Klatschpresse" knirschte Alec. Sein Vater war verlobt gewesen mit Isabellas Mutter!
„Seit ich Teil dieses extravaganten Lebensstiles bin, habe ich es mir zur Lebensaufgabe gemacht, jede einzelne Familie der Peerage bis ins Detail auszuleuchten und kennen zu lernen. Und als ich sie alle kannte... ihre faden Geschichten, da konnte ich nicht innehalten. Ich habe weiter gesammelt und es wurde zu einer kleinen Obsession... und ich muss sagen ihre Geschichte gehört mitunter zu den interessantesten" lächelte er. Alec massierte sich die Schläfe. Er verspürte leichte Kopfschmerzen.
„Und weiter" brummte Alexander.
„Nun da wären noch der Bruder und die Schwester von Duncan. Maud und Robert"
„Sie gibt es also noch? Sie leben? In Frankreich?" fragte Alec hastig. William Croft schien überrascht und auch ein wenig enttäuscht, dass Alec so gut informiert war.
„Ja sie leben und ja in Frankreich. Duncan war der Älteste, dann folgte Robert, Maud und Algernon, der allerdings im Kindbett verstarb. Maud ist verheiratet und hat zwei Kinder. Der Grund von Roberts Verbannung ist allerdings schwierig. Ich spreche kein Gaelic und da sind die Schotten doch eher verschlossen, wenn es um Familienangelegenheiten geht"
„Also ist nur Robert verbannt worden?"
„Ja, vermutlich standen sich Maud und Robert nur sehr nahe und sie ist mit ihm gegangen". Duke Croft stellte seine erste Frage
„Wo befindet sich die Tochter von Duncan Campbell jetzt?"
„Sie ist in Sicherheit auf Carlisle Castle" sagte Alec äusserst knapp. Er war nicht sonderlich erpicht diesem Mann noch mehr Informationen über die Familie seiner Frau zukommen zu lassen, als die die er ohnehin schon hatte, und ausserdem war sich Alec nicht sicher, ob er diesen Gentleman überhaupt mochte.
„Gibt es schriftliche Beweise für die Existenz von Robert und Maud?" fragte Alexander nach einer Weile, in der sie beide geschwiegen hatten.
„Der Kontakt mit Familienangehörigen wurde ihnen untersagt und sie durften schottischen Boden nie mehr betreten. Sie hatten den Eid und das Plaid ihrer Familie niedergelegt und waren auf den Kontinent gefahren" er runzelte die Stirn „Möglicherweise gibt es eine Passagierliste, wo ihre Namen vermerkt wurden, als sie England verlassen hatten und nach Frankreich übersetzten"
„Ich benötige dieses Dokument" sagte Alec sofort. „Was kostet es mich, wenn sie es beschaffen? So schnell, wie es möglich ist" Duke Croft kniff seine Augen etwas zusammen
„Wieso lassen sie nicht nach ihnen in Frankreich suchen? Es dauert höchstens ein paar Wochen... Duncan ist Tod... Sie können nun wieder englischen und schottischen Boden betreten, und ich denke, da seine Tochter nun niemanden mehr ausser ihrem Onkel und ihrer Tante hat, würde sie diese beiden wohl Talbot vorziehen"
„Sie verstehen nicht Duke of Leicestershire, ich benötige eine Passagierliste in den nächsten Tagen. Mit den Namen Robert und Maud Campbell... ein paar Wochen sind zu lang" setzte Alec an und William Croft sagte
„Dann werde ich alles in die Wege leiten". Alec nickte, dies war es, was er zu hören gehofft hatte.
„Ich verweile im Tower of London, lassen sie mir das Dokument dorthin zukommen". Er genehmigte sich einen Schluck seines Cidres und starrte in die haselnussbraunen Augen, die ihn aufmerksam musterten. „Was haben sie noch?" William Croft grinste
„Sie verlangen viel und geben wenig" er schwenkte den Rest Wein umher in seinem Glas und sah dann in Alecs Augen zurück „Nun gut, ich möchte ungern als Spielverderber gesehen werden". Er schnippte sich einen Fussel vom Knie und fuhr fort „Duncan, die Campbells allgemein, haben sich einen Namen in den Highlands gemacht. Sie sind weit verbreitet und ein riesiges Gebiet steht unter ihrem Recht. Wer allerdings zwischenzeitlich die Führung übernommen hat, vermag ich nicht zu sagen. Ich weiss nur, dieser Clan ist einer der Mächtigsten überhaupt... wer also das Vergnügen hat Lady Isabella zu ehelichen, wird reich belohnt werden" sagte Croft und bedachte Alec mit einem durchdringenden Blick. „Aber wieso" fragte Duke Leicestershire „interessieren sie sich für die Familiendetails der Campbells?" Nun war es an Alec verschmitzt zu grinsen. Er erhob sich
„Ich denke, dies werden sie in kürzester Zeit erfahren". Er sah keinen Grund mehr, länger Zeit hier zu verbringen. Er hatte seine Aufgaben erledigt. Nun wurde seine Anwesenheit erneut im Tower erwartet und wenn er Glück hatte, war seine Abwesenheit nicht einmal bemerkt worden.
„Sie wollen schon gehen?" sagte Duke Leicestershire und klang sichtlich enttäuscht, obwohl Alexander sicher war, dass auch Croft sich nicht im Klaren war, ob er Alec mochte oder nicht.
„Das muss ich" er blickte zu Ramsey hinüber, der in einer sehr unbequemen Stellung im Sessel vor dem Kamin eingeknickt war. „Ramsey". Er sprang hoch und blinzelte verlegen
„Mylord"
„Wir gehen". Alexander verabschiedete sich und gemeinsam mit Ramsey verliess er den Gentlemens Club weit nach Mitternacht. Der Wind trug ihnen eine eisige kalte Biese ins Gesicht. Alec stieg rasch hinein, als der Kutscher vorfuhr und sie holperten los.
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Schottisches Feuer und englische Anmut - Band 2
Historical FictionNachdem Alec Isabellas Geheimnis gelüftet hat, bereitet er sich mit seinen Männer auf den bevorstehenden Krieg gegen Schottland vor. Enttäuscht über Isabellas Versteckspiel suhlt er sich in der Verletztheit seines männlichen Egos. Der Krieg beginnt...