Kapitel 3.3 - Im Eiltempo nach London

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Im Eiltempo raste Alec mit der Kutsche ins Lager zurück und fand sich im Hauptzelt ein. James, Thomas und John Beaufort waren die einzigen die im Zelt waren und sich unterhielten.
„Thomas du solltest" wollte Alec loslegen, doch Thomas hielt ihn zurück
„Glaub ja nicht, dass ich mich auf einem Lazarettbett ausruhe während ich erfahren muss, dass der König tot ist!" sagte er und schlug mit der Hand auf den Tisch. Man konnte sehen, dass sein ganzer Torso mit Verbandsmaterial ausstaffiert worden war und seine Haltung auf dem Stuhl zeigte, dass er Schmerzen litt. John Beaufort sass ihm gegenüber und beobachtete ihn kritisch. James hingegen stand hinter den beiden und hatte die Arme verschränkt
„Da wir gerade beim Thema sind... Alec, König Jakob IV ist ebenfalls tot". Darauf fielen auch Alexander keine Worte mehr ein. Ein Krieg und zwei tote Monarchen! Wohin das noch führen würde! Alec schnappte sich einen Stuhl am anderen Ende des Tisches und setzte sich auf ihn.
„Wie?" lautete seine simple Frage.
„Er muss einer der Letzten auf dem Feld gewesen sein... einer der Gefangenen hat zumindest behauptet er wäre einer derjenigen gewesen, die gegen mich und meine Brüder gekämpft hatten". Niemand sprach ein Wort. Es war eine herbe Aufgabe die Henry VIII ihnen hier hinterlassen hatte. Was würde nur geschehen, wenn sie keinen Nachfolger finden würden? Neue Kriege um die Thronfolge?
„Am besten" sagte John in die Stille und erhob sich „legen wir uns noch für ein paar Stunden hin und reiten dann los". Alec nickte
„Ihr werdet hier den Rest erledigen und reist dann nach London?" meinte Alec zu James und Thomas.
„Ja, wir werden die Toten begraben, uns dann mit einigen der Soldaten auf den Weg begeben, ein Paar zur Sicherung der Grenze postieren und den Rest entlassen wir. James bringt die Gefangenen nach London" sagte Thomas.
„Da fällt mir ein, ich werde dir noch das Leumundszeugnis für Geoffrey mitgeben, wenn du ihn ebenfalls dem Richter übergibst" sagte Alec an James gewandt. James gähnte
„Gut" er streckte sich, machte eine kurze Handbewegung und verschwand aus dem Zelt.
Die Nacht war ungewöhnlich dunkel, als würde sie ein Omen dafür sein was ihnen noch bevorstand. Alexander sass vor dem offenen Feuer, das vor seinem Zelt brannte und trank eine Flasche Scotch. Es war eine von den vielen beschlagnahmten Flaschen und Essenrationen, die sie den Schotten abgenommen hatten. Er hatte eine dunkle warme und rauchige Note. Die Schotten verstanden es Feuerwasser zu brennen. Das bernsteinfarbene Getränk umhüllte ihn sanft und liess ihn etwas abgleiten. Die Eindrücke der letzten Tage, gar Stunden waren kaum zu verarbeiten. Ihm war bisher kein neuer Plan eingefallen, wie man England vor einer Katastrophe bewahren konnte. Henry VIII hatte in wenigen Jahren das geschafft zu zerstören, was sein Vater ein Leben lang versucht hatte aufzubauen und Alexander hatte ihm dabei geholfen. Wenn der Rat nun keinen Erben finden würde, was dann? Er nahm einen Schluck von dem rauchigen Getränk. England hin oder her, es lag nicht in seiner Macht irgendetwas zu verändern... er konnte es nicht, aber was war mit seiner Familie? Isabella, Elaine... Rickard? Immer noch war keine Antwort von seinem Bruder eingetroffen und das Wiedersehen mit Isabella würde sich nun noch weiter nach hinten verschieben. Seine Augenlider wurden schwer und er rutschte kurz für ein paar Stunden in den Schlaf, bevor er unsanft aufgerüttelt würde. Die Scotchflasche lag zerborsten neben Alec und Thomas hielt ihm seine Hand entgegen
„Alec?" fragte sein Freund besorgt. Alec nickte und liess sich aufziehen „Du hast schon eine Weile keinen Alkohol mehr angerührt" sagte Jackson tonlos und musterte ihn „die alten Dämonen?" wollte Jackson wissen. Doch Alec rieb sich die Stirn und blieb eine Antwort schuldig. Er klopfte Thomas auf die Schulter, verschwand in seinem Zelt und trat frisch gekleidet wieder hinaus. Als Thomas ihn immer noch musterte, meinte er ausweichend
„Es geht mir gut"
„John ist bereits beim Sechsspänner. Arac habe ich an der Seite angespannt, da ich davon ausging, dass du ihn bestimmt reiten würdest". Alexander nickte, lief an Jackson vorbei
„Danke Jackson... wir sehen uns in London". Jackson rieb sich den Nacken und nickte. Beim Sechsspänner angekommen, band er Arac los und besprach nochmals kurz die Route mit John. James schloss gerade die Kutschtür
„Der König sollte so gut wie möglich fixiert sein. Denkt ihr, dass ihr die Route in zwei Tagen schafft?" Alexander blickte zu John
„Wenn kein Wagenrad oder eine Achse bricht, sollten wir es in zwei Tagen bis nach London geschafft haben und hoffentlich ist bis dahin noch kein Wort über den Tod des Königs vorgedrungen". James nickte
„Na gut, dann angenehme Reise und wir sehen uns in London". Alexander stieg auf Arac
„Ah James" Alec griff in seine Westentasche und zog einen versiegelten Umschlag hinaus „das Leumundszeugnis, für unseren Freund". James griff danach. Der Sechsspänner setzte sich schaukelnd mit John auf dem Bock in Bewegung. Johns Brauner war mit einem Strick am hinteren Teil des Sechsspänners befestigt und trabte mit. Alec und Arac blieben hinter ihnen und verfielen in einen sanften Trapp als sie das Lager im Dunkeln des Morgens verliessen. Die Gepflogenheiten der hohen Peerage waren wie weggewischt und hatten an Bedeutung verloren. Er hatte John schon immer dafür bewundert, wie ausserordentlich stilvoll er den Balanceakt zwischen dem Schlachtfeld auf der einen und dem Ballsaal auf der anderen Seite meisterte. Er war sich auf dem Schlachtfeld noch nie für etwas zu schade gewesen und das hatte Alec beeindruckt. Die meisten Edelmänner hatten hohe Posten, doch mochten es nicht sehr, sich, wie sie selbst sagten; mit den gewöhnlichen Dingen zu beschäftigen, dies überliessen sie ihren Offizieren. Doch John Beaufort sass unauffällig gekleidet mit stolzer Brust auf dem ruckelnden Bock und lenkte die Pferde. Seine braunen alten Augen hatte er in die Dunkelheit gerichtet und sein blondes Haar war unter einen Hut gesteckt worden. Er hatte vieles von diesem alten Mann gelernt und in gewisser Weise war er wie ein zweiter Vater für Alec geworden. Arac schnaubte in die kalte Morgenluft und Alexander richtete seinen Blick ebenfalls nach vorne.

Schottisches Feuer und englische Anmut - Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt