Kapitel 7

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Ich dachte an meinen Besuch bei ihr. Vielleicht würde ihr die Ablenkung ja gut tun. „Sie und Max sind ganz schön fertig, weil sie nicht schwanger wird", platzte es ohne weiter nachzudenken aus mir heraus. „Echt jetzt?" Tessa schaute mich erstaunt an und kicherte dann. „Hat unser superintelligenter Bruder also nur Luft auf der Pumpe. Beruhigend, dass der auch mal was nicht sofort hinbekommt. Das macht ihn geradezu menschlich." „Manno, hör mit dem Scheiß auf. Das ist echt ein Problem für die beiden." Max war mein Lieblingsbruder, also nahm ich ihn auch in Schutz. Manchmal nervte Tessas Empathie echt, wenn sie der eines Kampfhundes glich. „Okay, okay. Ist notiert. In Max und Leos Nähe keine Sprüche über Luftpumpen. " Ich schaute sie erstaunt an. „Wieso hat dein Leo jetzt auch Probleme?" Ich hatte ja nicht geahnt, dass sie schon so schnell noch mehr Kinder wollten. Vielleicht hatten sie ja in Mama und Papa ihr Vorbild entdeckt und wollten die acht Kinder übertrumpfen. Die Chancen standen gut, schließlich waren sie ja jünger und Tessa schien auch dieses Mehrlingsgeburtsgen geerbt zu haben, von dem alle Frauen in meiner Familie betroffen sein sollten. Ob ich das auch in mir hatte? Das würde ich wohl erst in vielen Jahren erfahren, denn in Lucas Lebensplan standen Kinder erst an Stelle sechs oder so. Gleich nach erste Beförderung im Job. Das dürfte bei mir ja dauern. Wenn ich weiter so erfolgreich war, dann kam ich wohl vorher in die Menopause. Tessa schlug sich mit der Hand vor die Stirn und schaute empört. „Doch nicht der Leo, also meiner. Sondern die Leo, also Max seine." Sie schüttelte ihren Kopf. „Wir müssen uns da echt mal was einfallen lassen, bevor es noch echte Probleme durch eine Verwechselung gibt." Ja, da hatte sie recht. Das war nicht das erste Mal, dass jemand dachte der andere von den beiden war gemeint. „Was hältst du von Leo für meinen Leo und Lea für den weiblichen Leo?" Ich schüttelte meinen Kopf. „Damit ist Leokardia garantiert nicht einverstanden. Sie pocht bestimmt darauf schon immer so geheißen zu haben." Tessa verzog ihr Gesicht. „Da Leo aber älter ist, heißt er noch viel länger so. Dann müssen wir sie halt nummerieren." Sofort tauchte wieder ein Grinsen in ihrem Gesicht auf. „Die 1 passt auch viel besser zu meinem Leo. Schließlich hat er sie sogar auf dem Trikot." „Mit der zwei gibt sich die Leo aber bestimmt nicht zufrieden. Du kennst sie doch, sie will immer die erste sein", widersprach ich. „Da könntest du recht haben. Damit die zweite zu sein, kommt sie nur sehr schwer klar." Tessa hob ihre Hände und lachte. „Wat soll's dann wird sie wohl damit leben müssen." Ich schüttelte meinen Kopf. „Nee, da muss uns noch etwas besseres einfallen." Wieder verzog meine Schwester ihr Gesicht und grinste dann. „Ganz einfach, dann gibt es ab sofort halt Derleo und Dieleo." Ich war nicht wirklich überzeugt, auch wenn es mit Sicherheit für Klarheit sorgte. „Meinst du es gefällt deinem Mann, wenn du ihn immer Derleo nennst?" Tessa winkte ab. „Der hat damit garantiert kein Problem, weil ich ihn sowieso immer Erpel nenne. Wir sollten das einfach beim Rest der Familie so ausrollen. Aber mir ist da gerade noch ein Problem eingefallen." Sie knabberte auf ihrer Unterlippe. „Auch wenn dein Studium durch ist, bist du doch die, die mit den Computern kann. Ein bisschen was wird ja von der Informatik trotzdem bei dir angekommen sein." Das war ja mal nett und positiv formuliert. „Wir haben einen neuen PC und der muss in Gang gebracht werden. Das ist doch dein Gebiet." Ich verdrehte die Augen. Wieso dachten eigentlich alle, dass man, wenn man Informatik studierte, PCs zum Laufen brachte? Ein paar Programme zu installieren sollte eigentlich jeder schaffen. „In der Informatik programmiert man und bringt nicht Computer zum Laufen. Das wäre so als würde ich zu einem Fußballer sagen, er ist Spezialist im Bälle aufpumpen, weil er Fußballspielen kann." Tessa winkte ab. „Das ist doch kleinkariertes Pillepalle. Du kannst mit den Dingern sprechen, ich nicht. Also bist du die, die die Dinger auch zum Laufen bringt. Und wenn es dich glücklich macht, pumpe ich dir auch ein paar Fußbälle auf." Okay, Einsicht war etwas, das in Tessas Sprachgebrauch nur sehr rudimentär vorkam. „Vorher müssen wir aber noch die Windelpupse füttern. Sonst werden sie ungemütlich." Wir standen auf und liefen zu der Krabbellandschaft der beiden. Ich nahm wieder Chrissi auf den Arm und folgte meiner Zwillingsschwester, die Alli gegriffen hatte, in die Küche. Irgendwie beneidete ich sie fast. Sie hatte ein Haus, einen Job und eine eigene Familie. Das war das, was ich mir auch immer gewünscht hatte. Aber bei mir war es erst einmal in weite Ferne gerückt. „Du hast doch noch Zeit?" Tessa schaute mich fragend an. Ich nickte. Ja, Zeit war das einzige, dass ich in Massen hatte. Seit heute erst recht. Mist, wieso war mein ganzes Leben auf einmal so in Schieflage gekommen? Ich war doch die von uns beiden, die immer schön strebsam alles erreicht hatte. Nie war ich die, die Probleme hatte. Das war immer Tessa. Wann war der Punkt gekommen, an dem sich das geändert hatte? Und wie schaffte ich es noch einmal die Umkehr hinzubekommen? Ich musste das ganz schnell schaffen, sonst waren alle von mir enttäuscht. Noch enttäuschter als ich es selbst von mir war. Ich war ganz offiziell ein Loser. Jemand, der es nicht schaffte sich an der Uni durchzusetzen. So ein Mist. Ich spürte, wie mir schon wieder Tränen über meine Wangen liefen. „Mensch jetzt hör auf dich zu zermartern." Tessa hatte meine Tränen wohl auch bemerkt, denn sie wischte sie mit einem Sabberlatz weg und zog mich an sich. „Wir schaffen das, dich wieder auf Kurs zu bringen, ohne dass jemand vorher etwas mitbekommt. Wir beide haben bis jetzt immer alles zusammen geschafft." Das stimmte. Ich erwiderte ihre Umarmung fest. Seit langem war ich wieder einmal glücklich, dass ich ein Zwilling war und meine andere Hälfte hatte. Ja, mit ihrer Hilfe würde ich alles schaffen. Es war gut nicht alleine zu sein.

Schuss und Treffer im Auswärtsspiel - Teil 9  ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt