Mama umarmte mich noch einmal bevor sie ins Auto stieg, genau wie Tanja Will umarmte und ihm etwas ins Ohr flüsterte. Er grinste kurz und schielte zu mir. Was hatte sie gesagt? Aber so wie mich beide anschauten, konnte es nichts schlechtes gewesen sein. Ich spürte, wie mir Hitze in die Wangen schoss. „Pass auf dich auf, meine kleine Biene und sei schön fleißig in der Uni." Papa war neben mich getreten und zog mich auch in seine Arme. Er drückte mir einen Kuss auf die Stirn. „Übrigens, der Kerl da ist wirklich ziemlich okay." Diesmal waren es Papa und ich, die in Wills Richtung schauten. In mein Gesicht hatte sich ein debiles Grinsen geschlichen. Papa fand Will ziemlich okay. Das war mehr als ich am Anfang ihres Besuchs hatte erwarten können. Außerdem war das aus Papas Mund wie sein Segen, den er uns gab. Ziemlich okay war gleichbedeutend mit okay ohne ziemlich bei anderen Leuten. Er war mit Will einverstanden. Auch wenn es eigentlich nicht wirklich wichtig für unsere Beziehung war, was Papa dachte. Ich musste ja entscheiden, wer okay für mich war. Und Will war noch viel mehr als das. Er war einfach perfekt für mich. Aber trotzdem würde es in Zukunft alle Familienbesuche und auch alles andere, was mit der Familie zusammenhing, erleichtern. Außerdem machte es mich natürlich auch stolz und glücklich, dass Will Papa von sich überzeugt und er ihm eine echte Chance gegeben hatte. Das war bei Papa mit seinem Sturschädel nicht vorauszusetzen. Neben mir hupte es noch einmal laut und Mama fuhr mit ihrem Auto los. Tanja winkte von der Beifahrerseite aus dem Fenster. „Ups, dann werde ich mal auch schnell hinterher, falls unterwegs was ist." Papa drückte mir noch einen Kuss auf die Wange und klopfte Will auf die Schulter, der sich zu uns gesellt hatte. Zum Schluss umarmte er Phil kurz und klopfte ihm auch auf die Schulter. „Ab ins Auto", trieb er die Drillinge und Mari an, die uns alle aufgeregt umarmten. „Dürfen wir das nächste Mal wieder ins Studio?" Stella himmelte Will an. Er nickte nur grinsend. „Ab jetzt", Papa schob sie Richtung Auto. „Also dann", er drehte sich noch einmal zu uns um. „Wir sehen uns ja im Mai in Dortmund." Das nächste, was zu hören war, war der aufjaulende Motor und dann schoss das Auto auch schon davon. „Na wenn er Glück hat, bekommt er bald ein Foto von sich und dem Auto. Clayallee steht gerne mal das mobile Fotostudio." So wie Phil das sagte, hatte er wohl schon einige Erfahrungen damit gesammelt. „Ich muss dann auch mal los" Er tippte sich wie ein Kapitän an die imaginäre Mütze. „Wie bitte? Und wer macht da oben klar Schiff?" In der Wohnung war einiges zu tun, wenn dort über eine Woche sechs Personen mehr wohnten, ging das nicht spurlos an einer Wohnung vorbei. Die ganzen Gästebetten mussten abgezogen werden und was halt sonst so alles noch dazu gehörte. Das war mindestens die Beschäftigung für einen ganzen Vormittag. „Na ihr beiden Hübschen." Phil grinste Will und mich an, ehe er sein Gesicht zu einer traurigen Grimasse verzog. „Ich würde euch ja gerne helfen, aber leider habe ich Dienst in der Klinik. Als Entschädigung bringe ich heute Abend eine Pizza mit, bevor es in den Club geht." Ehe wir überhaupt etwas dazu sagen konnten, hatte er sich auch schon in Richtung Auto in Bewegung gesetzt. Ich schaute ihm kopfschüttelnd hinterher. Stimmt, heute war ja Samstag. Das hieß heute Abend wieder bei Marcel auftreten. Will legte seinen Arm um meine Schulter und wir liefen zurück in die Wohnung. In der Küche sah es aus wie in der Wüste. Der Tisch war vollgekrümelt und Geschirr stand kreuz und quer. Frühstück einer Großfamilie! „Ich kann ja hier aufräumen und du kümmerst dich um die Bettwäsche, damit sie in die Waschmaschine kommt." Am Ende von Wills Satz hatte sich ein Gähnen eingeschlichen. Er sah ziemlich müde aus. „Ist bei dir alles okay?", fragte ich besorgt. Normalerweise war Will eigentlich ein Frühaufsteher, der energiegeladen aus dem Bett hüpfte. Das war mir zwar suspekt, aber ich hatte mich daran gewöhnt. „Ja, alles bestens. Ich bin nur etwas groggy von den abendlichen Fahrradtouren." Ich musste grinsen. Ja, Papa hatte sich wirklich Phils altes Fahrrad aus dem Keller geholt, das am nächsten Tag natürlich durch ein nigelnagelneues hochmodernes ersetzt worden war und war jeden Abend mit Will durch Berlin gekurvt. Er hatte behauptet so die Stadt, in der zwei seiner Kinder lebten, mal richtig unter ortskundiger Führung kennenlernen zu wollen. Mamas Protest, dass sie auch ortskundig wäre, hatte er einfach weggewischt und behauptet, dass sich in den letzten über zwanzig Jahren hier ja wohl eine Menge getan hatte. Na klar, hatten Mama und ich seinen Plan sofort durchschaut. Er wollte einerseits Will kennenlernen - vielleicht auch, um wirklich einen Fehler an ihm auszumachen - und andererseits wollte er dafür sorgen, dass wir auf keinen Fall Zeit für Zweisamkeit hatten. Jedenfalls so lange bis er ihn auf Herz und Nieren gecheckt hatte. Eigentlich hätte ich das Papa nicht durchgehen lassen dürfen. Die neu Maja 2.0 traf schließlich ihre eigenen Entscheidungen, egal was der Papa sagte. Aber andererseits gab es da auch den harmoniesüchtigen Teil in mir, der wusste, dass das es leichter für Will und mich war, wenn Papa erst sah, was für ein toller Kerl er war. Außerdem hatte ich es auch genossen, etwas mit Mama oder meinen Geschwistern zu unternehmen. Ich beugte mich zu Will und drückte meine Lippen auf seine. Ja, das war irgendwie in der letzten Woche einfach zu kurz gekommen. So wie es aussah, war Will ganz meiner Meinung, denn er schlang sofort seine Arme um meine Taille und küsste mich zärtlich zurück. Man, wie ich das liebte. Als wir uns voneinander lösten schauten mich seine blauen Augen gar nicht mehr müde an. „Wenn wir uns jetzt mit dem Haushalt beeilen, haben wir noch den ganzen Nachmittag für uns. Phil hat doch gesagt, er kommt erst abends wieder." Das Funkeln seiner Augen verriet mir seine Gedanken hinter seiner Aussage. Schnell nickte ich. „Ja, wenn wir uns beeilen, haben wir noch ganz viel Zeit für uns." Will ließ mich spontan los und schnappte sich schon das erste Geschirr vom Tisch. Ich musste grinsen. Er schaute mich an und gab mir einen Klaps auf meinen Po. „Nicht rumstehen und gucken, schnell machen. Ich habe da nämlich noch einige Pläne mit dir." Bei seinem Zwinkern lief es mir heiß und kalt über den Körper. Ja, ich hatte da auch so einige Pläne. Und frischbezogene Betten waren da garantiert nicht von Schaden. „Bist du denn dafür überhaupt fit genug?" Ich grinste Will provozierend an und wackelte mit meinen Augenbrauen, auch wenn ich das eigentlich völlig bekloppt fand. In dieser Situation passte es aber. „Soll ich es dir sofort beweisen?" Will machte einen Schritt auf mich zu. Ich legte nachdenklich meinen Zeigefinger ans Kinn. Wieso eigentlich nicht? Der Abwasch und Schmutz würde schon nicht weglaufen. „Ja, sollst du." Ich griff nach seiner Hand und zog ihn mit mir. Wir hatten schließlich fast eine Woche Entzug. Will blieb plötzlich abrupt stehen. „Was meinte dein Vater eigentlich mit wir sehen uns im Mai in Dortmund?" Stimmt, das hatte Papa ja zum Abschied gesagt. „Papa hat am 31. Mai seinen 50. Geburtstag und mit der Einladung bist du wohl offiziell in der Familie aufgenommen." Wieso schaute Will denn so komisch? Passte ihm das nicht? Das wunderte mich aber, denn er hatte sich doch so bemüht mit Papa klarzukommen. „Ist was damit nicht okay?" Will schüttelte sofort den Kopf. „Nein, nein. Ich muss nur sehen, dass ich dann frei bekomme. Das ist doch am Freitag und am Samstag da ist doch...." „Mit Sicherheit hat Papa das schon mit Franky und Marcel geklärt, dass du frei bekommst. Da ist er manchmal ein bisschen übergriffig." Ich war jedenfalls ziemlich sicher, dass er, wenn er es noch nicht getan hatte, garantiert in den nächsten Tagen tun würde. „Wahrscheinlich hat er gleich noch eine ganze Woche Urlaub ausgehandelt, damit er dir im Gegenzug das Ruhrgebiet zeigen kann." Ja, das gehörte garantiert zu seinem Plan, um Will von den Schönheiten und Möglichkeiten im Pott zu überzeugen, damit wir möglichst bald in seine Nähe zurückzogen. „Also irgendwie war mein Leben noch nicht so anstrengend, als dein Vater mich noch nicht mochte", stöhnte Will grinsend. Ich musste lachen, denn sein Gesichtsausdruck zeigte, wie wichtig es ihm war und wie sehr er sich darüber freute von meinem Papa anerkannt zu werden. „So, jetzt wird aber nicht mehr gesabbelt, sondern bewiesen, dass du fit bist." Ich zog ihn auf meine Bett und begann seinen Gürtel zu öffnen. Wahnsinn, so direkt wäre ich früher bei Luca nie gewesen. Da hätte ich immer auf seine Initiative gewartet. Ja, die neue Maja 2.0 gefiel mir selbst auch.
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Schuss und Treffer im Auswärtsspiel - Teil 9 ✔️
Teen FictionMaja hat ihre große Liebe in Luca schon sehr früh getroffen. Jedenfalls glaubte sie das. Mittlerweile ist sie sich da nicht mehr ganz so sicher. In letzter Zeit kommt es immer öfter zum Streit und nicht selten ist das Studium der Auslöser. Hat sie w...