Kapitel 108

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„So, dann legt mal los." Lisa wedelte auffordernd mit den Händen. Überall im Studio hatte sie Kameras verteilt. Ja, sie drehte ein Video über die Aufnahmen, mit denen wir ja heute hatten beginnen wollten. Natürlich war Jasi von der Idee eines Videos total begeistert gewesen und hatte sofort Rücksprache mit Franky gehalten, der wie nicht anders zu erwarten noch begeisterter war. Deshalb standen Mike, Teddy, Fiete, Tom und ich jetzt im Studio und begannen mein allererstes Lied einzuspielen. Steph zeichnete wieder für das Make up verantwortlich und Mama für die gute Stimmung. „Ich schaute zu Will, der in seiner Box am Mischpult saß und mir zuzwinkerte und einen Daumen nach oben zeigte. Komischerweise war ich heute kaum aufgeregt. Okay, mein Puls war schon etwas schneller als im Normalzustand, aber das war ja auch kein Wunder. Schließlich war es mein erstes Album, was wir hier aufnahmen und die Lieder hatte ich alle zusammen mit Will alleine geschrieben. Das waren keine Cover. Nein, das waren alles unsere Babys. Ein Welle des Stolzes schwappte über mich und ich musste einmal fest schlucken. „Mensch Tom, wo hast du denn Keyboard spielen gelernt?" Teddy schüttelte seinen Kopf und fixierte Tom mit seinem Blick. „Das ist ein Rocksong!" Er verdrehte kurz seine Augen und schaute in meine Richtung. „Na ja oder Latino Pop. Jedenfalls ist das keine Sonate von Bach. Also heb deinen Arsch vom Hocker und werde ein bisschen locker in den Hüften." Mike und Fiete lachten nur, während Toms Kopf knallrot anlief. Erst jetzt sah ich, was Teddy meinte. Tom saß wirklich auf einer Art Klavierbank am Keyboard und seine ganze Körperhaltung wirkte wie die eines Pianisten. Unsere Blicke trafen sich und er schaute mich peinlich berührt an, ehe er aufsprang und die Bank beiseite schob. Ich schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln und legte meine Finger auf die Saiten. Es war an der Zeit einfach loszulegen.....
„Die zweite Aufnahme steht." Will kam aus seiner Box und grinste breit. „Super!" Lisa klatschte begeistert in ihre Hände. Ich habe auch garantiert genug brauchbares Material. Wir brauchen aber noch irgendwie ein echt cooles Ambiente, um noch weiteres Material zu produzieren. Also weil du Spanisch singst, sollte es einen Bezug zum Süden haben." Nachdenklich klopfte sie sich gegen das Kinn. „Sagt mal, sind wir vorhin nicht an einer Mühle vorbeigekommen?" Ihr Blick ging zu Mama, die nickte. „Ja, die Britzer Mühle gleich hier gegenüber. Aber was hat eine Holländer Mühle mit Spanien zu tun?"  „Na dein Titel bedeutet doch alles ist möglich, wenn man es versucht, wenn mich meine Spanisch Kenntnisse nicht ganz im Stich lassen." Diesmal nickte ich, auch wenn ich ihren Gedanken nicht wirklich folgen konnte. „Sie meinen Don Quijote, der gegen Mühlen gekämpft hat, ohne aufzugeben?" meldete sich Tom zu Wort. In Lisas Gesicht breitete sich ein Lächeln aus. „Na wenigstens ein Gebildeter, der mitdenkt." Fiete und Mike fingen an zu lachen, während Teddy schmollte. „Das klingt gar nicht so blöd." Franky klopfte sich mit dem Zeigefinger ans Kinn. „Ich rufe mal den Müller an, um das zu klären."  Lisa nickte. „Aber ein bisschen pronto. Ich will das heute noch fertig bekommen, spätestens morgen." Klar, sie wollte
wieder zurück nach Bochum, damit sie jederzeit in Lucys Nähe war, wenn es denn losging. „So, du kümmerst dich um die Location und wir gehen erst einmal was futtern", wies Mama Franky an. „Worauf habt ihr Lust, Jungs?", wandte sie sich an die vier Musiker. „Also ich muss jetzt los." Fiete zuckte mit den Schultern. „Ihr braucht mich doch nicht wirklich für das Video?" Lisa schüttelte den Kopf. „Ich dachte, wir halten das romantisch. Maja nur mit Will. So ein bisschen Lovestory kann ja nicht schaden." „Dann bin ich mal auch weg", kam es sofort von Mike. „Und ich auch. Also bis morgen." Teddy stürzte den anderen beiden hinterher. „Sorry, ich muss noch an den Aufnahmen arbeiten." Will hob entschuldigend seine Hände. Sofort wanderte Lisas Blick zu Tom. „Dann musst du dran glauben. Ein Glück, dass Maja ihre Haare so bunt gefärbt hat, sonst hättet ihr ja wie Geschwister ausgesehen." Da hatte sie echt recht. Tom hatte die gleiche Haarfarbe wie Papa und na ja die halbe Familie einschließlich mir. „Ähm...ja....ich helfe da gerne."
Das war ein Satz, den Tom scheinbar eine Stunde später schwer bereute. „So und jetzt noch ein Kuss und dann haben wir es." Bei dem Wort Kuss von Lisa war er jedenfalls förmlich zusammengezuckt. Einen Moment lang spürte ich eine leichte Empörung in mir. Meinte er etwa ich hatte Mundgeruch, oder was? Dieser Moment hielt aber nicht lange an, denn sofort tauchte in meinem Kopf ein blonder Zottelkopf auf. „Nein, kein Kuss", schoss es prompt aus meinem Mund. Wenn ich einen küsste, dann nur Will.  „Okay dann wenigstens eine leidenschaftliche Umarmung?" Lisa schaute uns bettelnd an. Ich nickte. So viel Mühe wie sie sich gegeben hatte auf die Schnelle ein Storyboard zu schaffen, war das ja wohl das mindeste, dass ich da auch mitzog. Tom nickte auch und legte einen Arm um meine Taille, ehe er mich behutsam an sich zog und sein Gesicht in meinem Haar versenkte. Ich schmiegte mich auch an ihn. Das fühlte sich irgendwie komisch an. Ich hörte Toms schnellen Herzschlag in seiner Brust. „Da pupst das Einhorn ja gleich Seifenblasen. Romeo und Julia, die Hauptstadt Version ", gackerte Steph. „Klappe, wenn ich das alles bearbeite, denkst du die Mühle steht irgendwo in Andalusien. Wartete mal das Ergebnis ab. So, fertig!" Tom und ich fuhren schnell auseinander. Erleichtert atmete ich auf, dass wir endlich fertig waren, dieses Filmen und Fotografieren gehörte nicht wirklich zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. Nein, ich wollte eigentlich nur Musik machen.  Trotzdem war ich mega gespannt auf das Ergebnis. „Ich gehe dann auch", verabschiedete sich Tom keine fünf Minuten später. Ich half Lisa noch schnell ihre Sachen zusammen zu räumen. „Ihr fahrt aber erst morgen wieder!" Steph hatte sich vor Mama und Lisa aufgebaut. „Heute machen wir einen richtigen Weiberabend." Die beiden fingen an zu grinsen. „Geht klar!" , kam es sofort von Mama, ehe sie sich auf einmal zu mir drehte. „Wieso hat dieser Tom mich eigentlich mit Wolter angesprochen und dann festgestellt, dass ich verheiratet bin, nachdem ich ihm gesagt habe, dass ich Reus heiße?" Ich zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich hat er da was durcheinandergebracht", nahm ich ihn in Schutz, schließlich war er hier in einem fremden Land. Ich mochte mir gar nicht vorstellen, was ich alles in England verzapfen würde. „Der Junge ist aber ein netter Kerl." Lisa schien ihn sympathisch zu finden. Mama verzog ihr Gesicht. „Der ist mir ein bisschen zu nett." Ihr Blick ging zu mir. „Behalte den lieber etwas im Auge. Mit dem stimmt was nicht." Ich nickte nur, musste aber innerlich grinsen. Übernahm Mama jetzt Papas Rolle als personifiziertes Misstrauen? Sie sollte da mal nicht übertreiben. Außerdem hatte ich ja Will, der auf mich aufpasste. „Schaut mal, was ich hier schon zum Einklang habe." Steph zauberte hinter ihrem Rücken eine Flasche Sekt hervor und reichte jedem ein Plastikglas. „Sag mal warst du früher bei den Pfadfindern?" Mama schaute sie grinsend an. „Klar, Allzeit bereit", salutierte Steph. „Bochum ich häng an dir, Bochum ich..." knallte ein Handy laut los. Lisa griff grinsend in ihre Hosentasche und zog ihr lärmendes Handy heraus. „Da hat Leon wohl Sehnsucht nach mir. Hallo Krapfen", meldete sie sich. „Was!!" Sie griff hinter sich und ließ sich auf den Klappstuhl plumpsen, den Steph für das Make up genutzt hatte. Ihr Gesicht sah völlig schockiert aus. „Das kann doch nicht wahr sein. Natürlich komme ich sofort nach Hause." Da musste irgendetwas schlimmes passiert sein, so wie sie aussah. Hoffentlich war nichts mit Lucy und dem Baby. Ich musste schlucken. Oder mit Luca.

Schuss und Treffer im Auswärtsspiel - Teil 9  ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt